Aus­wir­kung des Geset­zes zur Moder­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts (MoPEG) auf die Grund­er­werb­steu­er

Am 01. Janu­ar 2024 wird das bereits am 17. August 2021 ver­öf­fent­lich­te Gesetz zur Moder­ni­sie­rung des Per­so­nen­ge­sell­schafts­recht (MoPeG) in Kraft tre­ten. Damit ver­bun­den sind eine Rei­he von Ände­run­gen oder Neue­run­gen, auf die sich die Gestal­tungs­pra­xis vor­be­rei­ten soll­te. U.a. führt das MoPeG zur Auf­ga­be des Gesamt­handsprin­zips.

Was bedeu­tet die Auf­ga­be des Gesamt­handsprin­zips?

Lan­ge Zeit war es nicht rechts­si­cher geklärt, ob Per­so­nen­ge­sell­schaf­ten selbst oder deren Gesell­schaf­ter „zur gesam­ten Hand“ Eigen­tü­mer des Gesell­schafts­ver­mö­gen sind. Die Denk­fi­gur der „Gesamt­hand“ hat­te der BGB-Gesetz­ge­ber in den §§ 718, 719, 738 BGB auf­ge­nom­men und eine Unzahl von wis­sen­schaft­li­chen Abhand­lun­gen und Schrif­ten über das Wesen die­ser Rechts­fi­gur pro­vo­ziert, wel­ches eine wesent­li­che Bedeu­tung im Per­so­nen­ge­sell­schafts- und Per­so­nen­ge­sell­schafts­steu­er­recht (Stich­wort „Trans­pa­renz­prin­zip“ in der Ertrag­steu­er) ent­fal­ten soll­te.

Nach lan­gem dog­ma­ti­schem Tau­zie­hen hat­te der Bun­des­ge­richts­hof1 im Jahr 2001 die Rechts­fä­hig­keit einer am Rechts­ver­kehr teil­neh­men­den Gesell­schaft bür­ger­li­chen Rechts (sog. Außen-GbR) aner­kannt und dar­aus wei­ter­hin gefol­gert, dass jeden­falls die Außen-GbR selbst Inha­ber von Ver­mö­gens­wer­ten und Zuord­nungs­ob­jekt für das Gesell­schafts­ver­mö­gen sein soll2. Die Fra­ge der Ver­mö­gens­in­ha­ber­schaft war aber gleich­wohl noch lan­ge Zeit umstrit­ten und die steu­er­recht­li­che Lite­ra­tur konn­te sich mit die­sem Gedan­ken wei­ter­hin nicht anfreun­den.

Das MoPeG klärt jeden­falls den zivil-/ge­sell­schafts­recht­li­chen Streit nun­mehr mit einem Feder­strich und ver­an­kert ab dem 01.01.2024 in § 713 BGB nF den Grund­satz, dass die Bei­trä­ge der Gesell­schaf­ter sowie die für oder durch die Gesell­schaft erwor­be­nen Rech­te und die gegen sie begrün­de­ten Ver­bind­lich­kei­ten Ver­mö­gen der Gesell­schaft wer­den. Unter Auf­ga­be des zivil­recht­li­chen Prin­zips der gesamt­hän­de­ri­schen Ver­mö­gens­bin­dung ist nun­mehr klar die Gesell­schaft selbst (wie bei einer Kapi­tal­ge­sell­schaft) Rech­te­inha­be­rin und damit Eigen­tü­me­rin. Die Gesell­schaf­ter sind dar­in nicht mehr berech­tigt. Sie haben „nur“ noch den Gesell­schafts­an­teil. Die Par­al­le­le zur Kapi­tal­ge­sell­schaft sind offen­sicht­lich und manch einer sieht hier schon den Weg geeb­net zu einem ein­heit­li­chen Unter­neh­mens-/ Gesell­schafts­steu­er­recht.

Wel­che Aus­wir­kung hat die Auf­ga­be des Gesamt­handsprin­zips in der Grund­er­werb­steu­er?

Im aktu­el­len Grund­er­werb­steu­er­recht gel­ten unter Ver­weis auf die §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 u. 3 GrEStG bei Über­tra­gung von Grund­stü­cken auf eine oder von einer Gesamt­hand­sge­mein­schaft grund­er­werb­steu­er­li­che Ver­güns­ti­gun­gen dahin­ge­hend, dass soweit die Über­tra­gung von oder auf Betei­lig­te erfol­gen, die an dem Gesamt­hand­sver­mö­gen betei­ligt sind, kei­ne Grund­er­werb­steu­er erho­ben wird.

Bedeu­tung haben die­se Vor­schrif­ten prak­tisch in viel­fäl­ti­ger Art und Wei­se. Sie sind, nur um eini­ge Bei­spie­le zu nen­nen, u.a. zu berück­sich­ti­gen

  • bei der Nach­fol­ge­pla­nung, wenn Grund­stü­cke auf neue Berech­tig­te über­tra­gen wer­den sol­len, die das Grund­stück in einer Gesell­schaft hal­ten sol­len (Stich­wort Fami­li­en-GbR),
  • wenn im gewerb­li­chen Umfeld Grund­stü­cke, die im Son­der­be­triebs­ver­mö­gen oder noch nicht in einem Betriebs­ver­mö­gen gebun­den sind, auf Per­so­nen­han­dels­ge­sell­schaf­ten über­tra­gen wer­den sol­len,
  • bei der Struk­tu­rie­rung von Immo­bi­li­en­fonds-Gesell­schaf­ten,
  • bei der Reor­ga­ni­sa­ti­on von Kon­zern und Unter­neh­mens­grup­pen,
  • Umwand­lungs­vor­gän­gen, oder
  • bei der Auf­lö­sung bzw. Tren­nung von Gesell­schaf­ten und Gesell­schaf­ter­stäm­men.

Bei den aktu­el­len Bewer­tun­gen der Immo­bi­li­en und der, mit Aus­nah­me von Bay­ern, bun­des­weit erho­be­nen Steu­er­sät­ze zwi­schen 5,0 % und 6,5 % sind der­ar­ti­ge unmit­tel­ba­re oder mit­tel­ba­re Eigen­tums­über­tra­gun­gen, ohne dass zwin­gend Geld fließt, von erheb­li­chen Liqui­di­täts­be­las­tun­gen aus der Grund­er­werb­steu­er betrof­fen.

Mit Weg­fall des Gesamt­handsprin­zips und damit mit Weg­fall der begriff­li­chen und damit tat­be­stand­li­chen Anknüp­fung der Befrei­ungs­vor­schrif­ten in den §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 u. 3 GrEStG ent­steht eine Situa­ti­on, die die oben geschil­der­ten Vor­gän­ge ent­ge­gen der aktu­el­len Rechts­la­ge ab dem 01.01.2024 der Grund­er­werb­steu­er­pflicht unter­wer­fen. Dem Mit­tel­stand dro­hen­den damit Mehr­be­las­tun­gen in Mil­lio­nen­hö­he.

Da das aktu­el­le Grund­er­werb­steu­er­recht ins­be­son­de­re in Bezug auf die vor­ge­nann­ten Nor­men und Anwen­dungs­be­rei­che als kom­ple­xe Mate­rie gilt, kann nur allen Betei­lig­ten ange­ra­ten wer­den, sich früh­zei­tig noch in die­sem Jahr bera­ten zu las­sen, sofern immo­bi­li­en­re­le­van­te Über­tra­gungs­vor­gän­ge in nächs­ter Zeit bzw. den nächs­ten Jah­ren ange­dacht erschei­nen. Man­che Stim­men in der Wis­sen­schaft sehen zwar wei­ter­hin durch eine ange­pass­te Wort­aus­le­gung der zuvor genann­ten Vor­schrif­ten deren wei­te­re Anwend­bar­keit als mög­lich an, doch ist dies mit erheb­li­chem Risi­ko ver­bun­den, da augen­schein­lich die Finanz­ver­wal­tung nicht von einer wei­te­ren Anwend­bar­keit aus­geht.

Wie reagiert der Gesetz­ge­ber?

Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Finan­zen (BMF) hat im Juni 2023 einen Dis­kus­si­ons­ent­wurf (vom 15.6.2023) zur Novel­lie­rung des GrEStG an die Ver­bän­de ver­teilt, da das Minis­te­ri­um selbst auf­grund der Anpas­sun­gen des Per­so­nen­ge­sell­schafts­rechts durch das MoPeG erheb­li­chen Anpas­sungs­be­darf für das The­ma Grund­er­werb­steu­er sieht. Ins­be­son­de­re gehen nach Auf­fas­sung des BMF die oben genann­ten Befrei­ungs­vor­schrif­ten ab dem 01.01.2024 ins Lee­re. Nach Maß­ga­be des Dis­kus­si­ons­ent­wurfs sol­len an die Stel­le die­ser Nor­men neue Steu­er­ver­güns­ti­gun­gen für Gesell­schaf­ten tre­ten. Auch soll die Kon­zern­klau­sel ange­passt wer­den.

Da weder die Stel­lung­nah­men der Ver­bän­de aus­ge­wer­tet sind, noch ein tat­säch­lich in den Gesetz­ge­bungs­pro­zess ein­ge­brach­ter Vor­schlag eines Ände­rungs­ge­set­zes zu Grund­er­werb­steu­er vor­liegt, sind ab dem 01.01.2024 die oben genann­ten immo­bi­li­en­be­zo­ge­nen Vor­gän­ge mit erheb­li­chen Risi­ken belas­tet. Anhand des Dis­kus­si­ons­ent­wurfs und aktu­el­len Rechts­la­ge bera­ten wir Sie ger­ne über die ent­spre­chen­den Hand­lungs­mög­lich­kei­ten und beglei­ten Sie auch noch in 2023 bei der Fra­ge vor­beu­gen­der Struk­tu­rie­run­gen.

Den Nota­ren jeden­falls droht wie im ver­gan­ge­nen Jahr erneut ein hei­ßer, immo­bi­li­en­be­zo­ge­ne Herbst 2023!

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[1] BGH Urteil vom 29.01.2001 ‑II ZR 331/00

[2] BGH Beschluss vom 20.05.2016 – V ZB 142/15

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Über den Autor

  • Christoph Schmitz-Schunken

    Chris­toph Schmitz-Schun­ken ist zuge­las­se­ner Rechts­an­walt seit 2005, Steu­er­be­ra­ter, Fach­an­walt für Han­dels- und Gesell­schafts­recht, Fach­an­walt für Steu­er­recht, zert. Bera­ter Steu­er­straf­recht (DAA) und Mit­glied im Vor­stand der Rechts­an­walts­kam­mer Köln. Zum Anwalts­pro­fil