Regelt der künftige Erblasser die nach seinem Tode eintretende Erbfolge nicht durch eine letztwillige Verfügung, so gilt die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte gesetzliche Erbfolge. Die gesetzliche Erbfolge sieht vor, dass zunächst einmal der Ehegatte des Erblassers und seine Abkömmlinge Erben werden.

Entspricht die gesetzliche Erbfolge nicht den Vorstellungen des künftigen Erblassers, etwa weil er einzelne Kinder von der Erbfolge ausschließen, Erbquoten abweichend von der gesetzlichen Erbfolge bestimmen oder einzelne Vermögensgegenstände bestimmten Personen zuwenden möchte, kann er seine Vermögensnachfolge von Todes wegen durch letztwillige Verfügung, insbesondere Testament, abweichend von der gesetzlichen Erbfolge regeln.

Von derartigen testamentarischen Gestaltungsmöglichkeiten wird in Deutschland allerdings nach wie vor äußerst zurückhaltend Gebrauch gemacht. Nach aktuellen statistischen Erhebungen („statista“) hatten 66 % der befragten Deutschen zum Zeitpunkt August 2022 keine letztwillige Verfügung errichtet. Der Anteil der Befragten, die eine aktuelle letztwillige Verfügung errichtet hatten, belief sich auf 20 %. Weitere 7 % hatten zwar ein Testament errichtet, gaben jedoch an, dass dieses nicht mehr aktuell sei.

Hat der künftige Erblasser erst einmal die Möglichkeiten erkannt, die testamentarische Gestaltungsinstrumente bieten, schreitet er regelmäßig hochmotiviert direkt zur Tat. In der festen Überzeugung, die Juristerei habe etwas mit Sprache und Logik zu tun, gelangt der Erblasser zu der selbstbewussten Einschätzung, die Errichtung eines Testamentes könne so schwierig ja nicht sein und begibt sich -allenfalls unterstützt durch eine kurze Google-Recherche- frisch ans Werk.

Die Konsequenzen der vom juristischen Laien im Alleingang verfassten Testamente sind den im Erbrecht tätigen Rechtsanwälten und den Nachlassgerichten allerdings hinlänglich bekannt. Die vom künftigen Erblasser vorgenommene Google-Recherche führt in aller Regel zwar dazu, dass privatschriftliche Testamente formwirksam, d. h. eigenhändig und handschriftlich, verfasst werden. Beim Inhalt der vom künftigen Erblasser zu Papier gebrachten letztwilligen Verfügungen trennt sich dann allerdings schnell die Spreu vom Weizen.

Erbrechtler bzw. Gerichte haben in jedem Jahr unzählige unklare und auslegungsbedürftige Testamente zu beurteilen, in denen häufig noch nicht einmal die beabsichtigte Erbfolge klar und zweifelsfrei geregelt ist. Dabei sind es immer wieder dieselben, fast schon als klassisch zu bezeichnenden Fehler, die nach dem Tod des Erblassers die Hinterbliebenen, deren Anwälte und die Nachlassgerichte beschäftigen.

Verfasser privatschriftliche Testamente bedenken regelmäßig nicht, dass erbrechtliche Begriffe juristisch betrachtet eine andere Bedeutung haben, als diejenige, die dem Begriff landläufig zugeordnet wird. So werden im allgemeinen Sprachgebrauch die Begriffe „vererben“ und „vermachen“ als bedeutungsgleich verstanden. Juristisch betrachtet unterscheiden sich die beiden Begriffe jedoch erheblich.

Der Erbe wird mit dem Tod des Erblassers sein Rechtsnachfolger und tritt in sämtliche seiner Vermögenspositionen ein, ohne dass er dafür etwas tun müsste. Demgegenüber wird der Vermächtnisnehmer gerade nicht Erbe, sondern hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben auf Übereignung der ihm vom Erblasser vermachten Gegenstände. Ein solches Vermächtnis muss der Begünstigte auch annehmen und geltend machen. Durch die fehlerhafte Verwendung der Begriffe „vererben“ und „vermachen“ können für den Leser des Testaments bereits die ersten Irritationen auftreten zu der Frage, ob ein im Testament Begünstigter Erbe oder Vermächtnisnehmer sein soll.

Eine weitere, äußerst häufig auftretende Fehlvorstellung des künftigen Erblassers ist diejenige, dass einzelne Vermögensgegenstände vererbt werden können. Regelmäßig ist in privatschriftlichen Testamenten etwa zu lesen, dass der Sohn das Elternhaus und die Tochter das Geldvermögen „erben“ sollen. Eine Erbeinsetzung in Bezug auf einzelne Vermögensgegenstände kennt das deutsche Erbrecht jedoch nicht. Werden mehrere Erben eingesetzt, so steht ihnen als Erbengemeinschaft das Nachlassvermögen gemeinsam zu. Die konkrete wirtschaftliche Beteiligung an den Nachlassgegenständen ergibt sich dann aus der vom Testierenden festzulegenden Erbquote.

Die genannte Formulierung, nach der der Sohn das Elternhaus und die Tochter das Geldvermögen „erben“ soll, führt daher regelmäßig zu verschiedenen, klärungsbedürftigen Fragen. Sollen beide Kinder tatsächlich Erben werden oder soll es sich bei der Zuwendung von Elternhaus und Geldvermögen lediglich um Vermächtnisse handeln? Oder soll eines der beiden Kinder Erbe und das andere Kind nur Vermächtnisnehmer sein? Für den Fall, dass beide Kinder tatsächlich Erben werden sollen: mit welcher Erbquote soll jedes der beiden Kinder bedacht werden? Was soll mit möglicherweise vorhandenen weiteren Vermögensgegenständen geschehen, die im Testament nicht ausdrücklich genannt sind?

Die Errichtung einer letztwilligen Verfügung dient dem Zweck, die Vermögensnachfolge von Todes wegen klar zu regeln und nach Möglichkeit Streit bei der Verteilung der Nachlassgegenstände zu vermeiden. Diesem Zweck läuft es erkennbar zuwider, wenn der Erblasser sein Testament ohne fachkundige Beratung, gewissermaßen im juristischen Blindflug, zu Papier bringt. Unklare oder sogar fehlerhafte letztwillige Verfügungen führen immer wieder zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen den Hinterbliebenen. Dies belastet nicht nur die familiäre Bindung, sondern führt unter Umständen auch zu jahrelangem -kostspieligen- juristischen Streit.

FAZIT

Die letztwillige Verfügung ist das rechtliche Instrument, welches es dem künftigen Erblasser erlaubt, seinen letzten Willen zu Lebzeiten zu formulieren und diesem Willen nach seinem Tod zur Geltung zu verhelfen. Formuliert der künftige Erblasser diesen Willen unklar oder rechtlich fehlerhaft, sind es letztlich Rechtsanwälte und Richter, die das Testament auszulegen und zu bewerten haben, was dem Willen des Erblassers wohl entsprochen haben mag. Letztlich entscheiden dann doch andere über den letzten Willen des Erblassers.

Dieser Verlust an Selbstbestimmung sowie Risiken und negative Folgen einer unklaren letztwilligen Verfügung können leicht dadurch vermieden werden, dass der Erblasser sich vor der Errichtung rechtlichen Rat einholt.

Über den Autor

  • Dr. Joerg Wernery

    Dr. Jörg Wernery ist zugelassen als Rechtsanwalt seit 1999 und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Weitere Fachgebiete sind Erbrecht, Vermögensnachfolge und Stiftungen sowie Vertragsgestaltung. Zum Anwaltsprofil