Nachfolgeplanung als gestalterische Aufgabe schon zu Lebzeiten

Ist der künftige Erblasser unternehmerisch tätig, geht es bei der Planung und Konzeptionierung einer Vermögensnachfolge nicht allein um rein wirtschaftliche Interessen. Es stellt sich -anders als bei Vermögensgegenständen wie Bankguthaben, Wertpapierdepots oder Immobilien- nicht allein die vorrangige Frage, auf welche Person oder Personen das Vermögen wirtschaftlich übergehen soll. Fällt ein vom künftigen Erblasser geführtes Unternehmen in sein Vermögen, geht es immer auch darum, ob und wie das Unternehmen des Erblassers nach seinem Tod erfolgreich weitergeführt werden kann.

Soll das Unternehmen nach dem Willen des Erblassers auch nach seinem Tod erfolgreich weitergeführt werden, verbietet es sich, die Unternehmensnachfolge mit einem halbherzigen Federstrich in einem Testament zu regeln oder gar durch Untätigkeit der gesetzlichen Erbfolge zu unterstellen.

Idealerweise ist bereits zu Lebzeiten des Unternehmers/Erblassers ein tragfähiges Konzept für die Unternehmensnachfolge zu erarbeiten. Ein solches Konzept sollte selbstredend nicht vom Unternehmer und künftigen Erblasser im Alleingang entwickelt werden. Die in Betracht kommenden Erben, insbesondere die Kinder als unternehmerische Nachfolgegeneration, sollten in die Nachfolgeplanung einbezogen werden, um wechselseitige Erwartungen und Intentionen möglichst frühzeitig zu erkennen und in der Nachfolgeplanung zu berücksichtigen.

Nachfolgeplanung und Unternehmertyp

Regelmäßig befassen sich Unternehmer mit dem Gedanken an eine Nachfolgeplanung aus einem konkreten Anlass heraus. Dies kann das Erreichen eines bestimmten Lebensalters sein, eine Erkrankung oder gesundheitliche Beeinträchtigung, Veränderungen im familiären Umfeld oder schlicht der Wunsch, sich zu verändern oder kürzer zu treten. In derartigen Fällen hat der Unternehmer häufig schon die Bereitschaft, Leitungskompetenzen zu Lebzeiten an die jüngere Generation abzugeben.

Demgegenüber ist aber auch der Unternehmertypus eines Patriarchen klassischer Prägung anzutreffen, der sich -salopp formuliert- am liebsten tot aus dem Büro tragen lassen möchte. Für den Patriarchen alter Schule stellt das Unternehmen sein Lebenswerk dar, dem er jahrzehntelang alles untergeordnet hat. Ihm fehlt häufig das Vertrauen in die Fähigkeiten der Nachfolgegeneration zur Übernahme der alleinigen operativen Verantwortung.

Welcher Unternehmertyp der künftige Erblasser auch ist, um einer Nachfolgeplanung und Nachfolgeregelung den Weg zu bereiten, muss der Unternehmer bereit sein, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten abzugeben. Tut der Unternehmer sich damit schwer, kann es hilfreich sein, ihm in einem gewissen Rahmen die Möglichkeit zu geben, über die Geschicke des Unternehmens noch weiter mitzubestimmen. Dazu kommt beispielsweise die Bildung eines Beirats in Betracht, dessen Mitglied der Unternehmer ist. Ein solcher Beirat kann als Kontrollorgan einerseits und als Vermittler von Wissen und Erfahrung andererseits fungieren.

Immer wieder hat der Unternehmer auch den Wunsch, weiterhin als zusätzlicher Geschäftsführer im operativen Geschäft zu bleiben. Dies birgt dann allerdings häufig die Gefahr, dass der aus der Nachfolgegeneration stammende Geschäftsführer sich unter dieser Bedingung nicht wirklich frei entfalten kann. Darüber hinaus kann auch seine Akzeptanz bei den Mitarbeitern leiden, wenn „der Alte“ noch aktiv ist.

Inhalte eines Nachfolgekonzepts

Entschließt sich der Unternehmer, in eine Nachfolgeplanung einzutreten, beginnt ein komplexer und durchaus zeitintensiver Prozess. Es sind zunächst die Grundlagen für eine Nachfolgeplanung zu erarbeiten. Dazu gehört eine umfassende Erfassung der Lebenssituation des Unternehmers und einer Analyse des status quo. Neben der wirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Situation ist hierbei insbesondere die familiäre Situation genau zu analysieren. Es stellen sich hier vielschichtige Fragen.

Dies beginnt mit der Überlegung, ob es unter den Kindern einen oder mehreren Nachfolgekandidaten gibt oder ob einzelne Kinder ausdrücklich von der Unternehmensnachfolge ausgeschlossen werden sollen. Zu klären ist in diesem Zusammenhang, inwieweit die Kinder bereit sind, die Unternehmensnachfolge anzutreten oder sogar bereits in die unternehmerische Tätigkeit einbezogen wurden.

Zu entscheiden ist, ob der oder die Nachfolger operative Verantwortung im Management des Unternehmens übernehmen sollen oder sich die Unternehmensnachfolge auf eine reine Gesellschafterstellung beschränken soll. Konzeptionell zu klären ist ferner die Frage, ob die Übertragung des Unternehmens auf die nachfolgende Generation durch letztwillige Verfügung von Todes wegen oder durch Rechtsgeschäft zu Lebzeiten erfolgen soll. Im letztgenannten Fall ist zu entscheiden, ob die Übertragung entgeltlich, teilentgeltlich oder unentgeltlich von statten gehen soll.

In Bezug auf die Kinder des Erblassers, die bei der Unternehmensnachfolge nicht berücksichtigt werden sollen, ist die Frage zu klären, ob eine wirtschaftliche Gleichbehandlung gewollt ist. Sollen die Kinder, die bei der Unternehmensnachfolge unberücksichtigt bleiben, entweder zu Lebzeiten oder durch letztwillige Verfügung einen wirtschaftlichen Ausgleich erhalten? Bei dieser Frage spielen auch Erwägungen, den Familienfrieden zu erhalten, eine maßgebliche Rolle. Schließlich darf bei einer Übertragung des Unternehmens auf die Nachfolgegeneration zu Lebzeiten des Unternehmers selbstverständlich auch die Sicherung seines eigenen Lebensstandards nicht aus den Augen verloren werden.

Für ein erfolgreiches Nachfolgekonzept braucht man Konsens in der Familie, es bedarf der hinreichenden Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten. Diese Interessen sind im Rahmen des Konzeptionierungsprozesses herauszuarbeiten.

Umsetzung des Nachfolgekonzepts: Rechtliche Rahmenbedingungen schaffen

Sind die Inhalte des Nachfolgekonzeptes erarbeitet, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen und zu schaffen, um das Konzept umzusetzen. Hierzu sind die Bereiche Finanzen, Steuern und Verträge sauber aufeinander abzustimmen. Es ist zu verhindern, dass das Nachfolgekonzept beispielsweise an unerwarteten Liquiditätsengpässen wegen übersehener steuerlicher oder rechtlicher Sachverhalte scheitert. Typischerweise können sich Auslöser für Liquiditätsengpässe aus dem Erb- und Familienrecht ergeben, Stichworte: Pflichtteil und Zugewinn.

Gerade bei kleineren Familienunternehmen ist häufig der wesentliche Teil des Vermögens im Unternehmen gebunden. Erbrechtliche Pflichtteilsansprüche eines Kindes, das im Rahmen des Nachfolgekonzepts nicht oder nur in bescheidenem Umfang berücksichtigt werden soll, kann das gesamte Konzept zum Scheitern bringen, weil liquide Mittel zur Bedienung dieser Ansprüche nicht bereitstehen. Solche Risiken sind nach Möglichkeit bereits im Vorfeld durch vertragliche Vereinbarungen mit dem nicht bedachten Kind auszuschließen.

Auch bestehende Gesellschaftsverträge und in der Vergangenheit bereits errichtete letztwillige Verfügungen sind zu analysieren und mit dem erarbeiteten Nachfolgekonzept in Einklang zu bringen.

Zu guter Letzt

Die Erarbeitung und Umsetzung eines Nachfolgekonzepts ist ein vielschichtiges und komplexes Projekt. Der Unternehmer ist gut beraten, sich diesem Thema aktiv und frühzeitig zu stellen, um ohne Zeitdruck aller Handlungsmöglichkeiten auszuloten und eine maßgeschneiderte und durchdachte Lösung finden zu können.

Über den Autor

  • Dr. Joerg Wernery

    Dr. Jörg Wernery ist zugelassen als Rechtsanwalt seit 1999 und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Weitere Fachgebiete sind Erbrecht, Vermögensnachfolge und Stiftungen sowie Vertragsgestaltung. Zum Anwaltsprofil