Auch ein ärzt­li­cher Behand­lungs­ver­trag kann von Sei­ten des behan­deln­den Arz­tes gekün­digt wer­den. Auch im Rah­men der ärzt­li­chen Behand­lung gilt grund­sätz­lich die Pri­vat­au­to­no­mie. Aller­dings ist im Rah­men ärzt­li­cher Behand­lungs­ver­hält­nis­se sorg­fäl­tig dar­auf zu ach­ten, ob der Pati­ent pri­vat ver­si­chert oder gesetz­lich ver­si­chert ist und zu wel­chem Zeit­punkt die Kün­di­gung erfolgt:

1.

Bei Pri­vat­pa­ti­en­ten besteht jen­seits von medi­zi­ni­schen Not­fäl­len kei­ne Behand­lungs­ver­pflich­tung. Es han­delt sich dabei dann um einen »nor­ma­len« ärzt­li­chen Behand­lungs­ver­trag, der letzt­lich jeder­zeit gekün­digt wer­den kann, sofern die Kün­di­gung nicht zur Unzeit erfolgt, also der Zeit­punkt der Kün­di­gung so unglück­lich gewählt ist, dass für die Patientin/dem Pati­ent allein wegen des Zeit­punkts der Kün­di­gung ein Scha­den ein­tre­ten kann (bei­spiels­wei­se Kün­di­gung kurz vor einer zwin­gend erfor­der­li­chen Ope­ra­ti­on).

Dis­kri­mi­nie­ren­de Behand­lungs­ver­wei­ge­run­gen bei­spiels­wei­se wegen eth­ni­scher Her­kunft, Geschlecht oder Alter sind selbst­ver­ständ­lich zu unter­las­sen.

Unbe­rech­tig­te oder rechts­wid­ri­ge Behand­lungs­ver­wei­ge­run­gen sind auch bei rein pri­vat­ärzt­li­cher Tätig­keit gege­be­nen­falls als Ver­stoß gegen die Berufs­pflicht der Berufs­ord­nung zu ahn­den.

2.

Bei gesetz­lich ver­si­cher­ten Pati­en­ten ist die Situa­ti­on schwie­ri­ger. Mit der Zulas­sung als Ver­trags­arzt ist eine grund­sätz­li­che Ver­pflich­tung zur Behand­lung von »Kas­sen­pa­ti­en­ten« ver­bun­den. Eine Kün­di­gung oder ein Behand­lungs­ab­bruch ist nur in enge­ren Gren­zen mög­lich. Die gesetz­li­che Rege­lung fin­det sich in § 13 Abs. 7 Bun­des­man­tel­ver­trag-Ärz­te. Dem­nach kann die Behand­lung eines voll­jäh­ri­gen Ver­si­cher­ten abge­lehnt wer­den, wenn vor der Behand­lung die elek­tro­ni­sche Gesund­heits­kar­te nicht vor­ge­legt wird. Fer­ner kann die Behand­lung von Kas­sen­pa­ti­en­ten auch »in begrün­de­ten Fäl­len« abge­lehnt wer­den.

Wann ein »begrün­de­ter Fall« vor­liegt, wird im Gesetz nicht genannt.

Ein der­ar­ti­ger begrün­de­ter Fall kann in einem feh­len­den Ver­trau­ens­ver­hält­nis, einer feh­len­den fach­li­chen Fähig­keit des Arz­tes oder auch in einem unge­bühr­li­chen Ver­hal­ten der Patientin/des Pati­en­ten lie­gen.

Wich­tig ist dabei aller­dings, dass die zur Kün­di­gung füh­ren­den Grün­de belegt wer­den kön­nen, bei­spiels­wei­se durch Doku­men­ta­ti­on oder Pro­to­kol­lie­rung in der Behand­lungs­do­ku­men­ta­ti­on. Gege­be­nen­falls bie­tet es sich an, dass alle Mit­ar­bei­te­rin­nen der Pra­xis, die ent­spre­chend nega­ti­ve Erfah­run­gen mit einem Patienten/einer Pati­en­tin gemacht haben, die­se mög­lichst kon­kret mit Anga­be von Datum und Zeit des Ter­mi­nes pro­to­kol­lie­ren.

Als­dann kann gegen­über der Pati­en­tin schrift­lich mit­ge­teilt wer­den, dass »wegen feh­len­den Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses auf­grund der Vor­fäl­le vom … das Behand­lungs­ver­hält­nis nicht fort­ge­führt wird« und sich der Patient/die Pati­en­tin bit­te einen ande­ren Arzt auf­su­chen möge.

Auch hier gilt aller­dings, dass die­se Kün­di­gung kei­nes­falls zu Unzeit aus­ge­spro­chen wer­den darf. Der Pati­ent oder die Pati­en­tin muss also hin­rei­chend Zeit haben, eine ander­wei­ti­ge ärzt­li­che Behand­lung zu orga­ni­sie­ren.

Grund­sätz­lich soll­te vor­sich­tig gegen­über zumin­dest gesetz­lich ver­si­cher­ten Pati­en­ten mit dem Instru­ment der Kün­di­gung umge­gan­gen wer­den. Im Fal­le einer unbe­rech­tig­ten Ableh­nung der Behand­lung hat ein Ver­trags­arzt ein ver­trags­ärzt­li­ches Dis­zi­pli­nar­ver­fah­ren zu befürch­ten.

3.

Unab­hän­gig vom Ver­si­che­rungs­sta­tus besteht in jedem Fal­le eine Behand­lungs­pflicht, wenn sich ein Pati­ent in einer Not­fall­si­tua­ti­on vor­stellt. Unab­hän­gig davon, wie voll die Pra­xis auch immer sein mag: Ein medi­zi­ni­scher Not­fall ist zwin­gend zu behan­deln. Dabei sind die unauf­schieb­ba­ren medi­zi­ni­schen Maß­nah­men zu ergrei­fen. Eine wei­ter­ge­hen­de sofor­ti­ge medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung ist dann indes nicht mehr erfor­der­lich.

 

Tho­mas Oede­ko­ven
Rechts­an­walt
Fach­an­walt für Medi­zin­recht

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