Wir möch­ten Ihnen zwei wich­ti­ge gericht­li­che Ent­schei­dun­gen im Ver­si­che­rungs­recht näher­brin­gen. Die­se Ent­schei­dun­gen sind nicht nur für Fach­leu­te von Bedeu­tung, son­dern auch für Ver­si­che­rungs­neh­mer, die ihre Rech­te und Pflich­ten bes­ser ver­ste­hen möch­ten.

Ent­schei­dung des LG Aachen: Fort­be­stand einer Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung

In die­sem Fall ging es um die Fra­ge, ob ein Ver­si­che­rungs­ver­trag fort­be­steht, obwohl der Ver­si­che­rungs­neh­mer bei der Antrag­stel­lung fal­sche Anga­ben gemacht hat­te. Der Klä­ger hat­te eine Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung im Rah­men eines Ver­mö­gens­auf­bau- und Sicher­heits­plans bean­tragt. Er gab an, in den letz­ten fünf Jah­ren kei­ne Behand­lun­gen hin­sicht­lich psy­chi­scher Erkran­kun­gen erhal­ten zu haben, obwohl er kurz vor der Antrag­stel­lung wegen einer aku­ten Belas­tungs­re­ak­ti­on in ärzt­li­cher Behand­lung war.

Der Klä­ger argu­men­tier­te, dass er die Gesund­heits­fra­gen im Antrags­for­mu­lar nicht selbst aus­ge­füllt habe und der Ver­mitt­ler ihn nicht aus­rei­chend über die Fol­gen unvoll­stän­di­ger Anga­ben infor­miert habe. Zudem behaup­te­te er, dass die Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung ledig­lich eine Gefäl­lig­keit gewe­sen sei und kei­ne tat­säch­li­che Krank­heit vor­lag. Das Gericht stell­te jedoch fest, dass die­se Anga­ben erheb­lich für die Risi­ko­be­wer­tung des Ver­si­che­rers waren und somit eine Täu­schung vor­lag.

Das Land­ge­richt Aachen ent­schied, dass die Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung auf­grund arg­lis­ti­ger Täu­schung durch den Ver­si­che­rungs­neh­mer nich­tig sei. Die Täu­schung lag dar­in, dass der Klä­ger sei­ne ärzt­li­che Behand­lung wegen der aku­ten Belas­tungs­re­ak­ti­on nicht ange­ge­ben hat­te. Das Gericht stell­te fest, dass die­se Falsch­an­ga­be für den Ver­si­che­rer ent­schei­dend war, da bei kor­rek­ter Anga­be der Gesund­heits­zu­stand des Klä­gers von einem Gesell­schafts­arzt über­prüft wor­den wäre und der Ver­trags­ab­schluss wahr­schein­lich ver­zö­gert oder abge­lehnt wor­den wäre.

Kern­aus­sa­gen des Urteils:

  • Arg­lis­ti­ge Täu­schung: Der Ver­si­che­rungs­neh­mer hat­te bewusst fal­sche Anga­ben gemacht, um den Ver­trag zu sei­nen Guns­ten abzu­schlie­ßen.
  • Kau­sa­li­tät: Die Täu­schung war kau­sal für die Wil­lens­er­klä­rung des Ver­si­che­rers.
  • Rechts­fol­gen: Der Ver­trag wur­de auf­grund der Anfech­tung als von Anfang an nich­tig ange­se­hen, sodass kei­ne Ansprü­che des Klä­gers aus dem Ver­trag bestehen.

Ent­schei­dung des OLG Köln: Bestä­ti­gung der Anfech­tung wegen arg­lis­ti­ger Täu­schung

Die­se Ent­schei­dung befasst sich mit der Beru­fung des Klä­gers gegen das Urteil des LG Aachen. Der Klä­ger argu­men­tier­te, dass er die Gesund­heits­fra­gen im Antrags­for­mu­lar nicht selbst aus­ge­füllt habe und der Ver­mitt­ler ihn unzu­rei­chend über die Fol­gen unvoll­stän­di­ger Anga­ben auf­ge­klärt habe. Wei­ter­hin behaup­te­te er, dass die Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung ledig­lich eine Gefäl­lig­keit gewe­sen sei und kei­ne tat­säch­li­che Krank­heit vor­lag.

Das Ober­lan­des­ge­richt Köln bestä­tig­te das Urteil des Land­ge­richts Aachen. Es stell­te fest, dass der Klä­ger bei der Antrag­stel­lung bewusst fal­sche Anga­ben gemacht hat­te, ins­be­son­de­re über sei­ne psy­chi­sche Gesund­heit und eine bestehen­de Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung. Die­se Anga­ben waren ent­schei­dend für die Risi­ko­be­wer­tung des Ver­si­che­rers. Das OLG Köln sah die Arg­list des Klä­gers als erwie­sen an, da er die Infor­ma­tio­nen bewusst ver­schwie­gen hat­te, um den Abschluss des Ver­si­che­rungs­ver­tra­ges nicht zu gefähr­den.

Das Gericht beton­te, dass eine bewuss­te Täu­schung vor­liegt, wenn ein Ver­si­che­rungs­neh­mer wesent­li­che Infor­ma­tio­nen ver­schweigt oder falsch angibt, um den Ver­si­che­rer zu einer Ver­trags­an­nah­me zu bewe­gen, die bei voll­stän­di­ger Kennt­nis der Sach­la­ge nicht erfolgt wäre.

Kern­aus­sa­gen des Urteils:

  • Bestä­ti­gung der arg­lis­ti­gen Täu­schung: Das Gericht bestä­tig­te, dass der Klä­ger vor­sätz­lich gehan­delt hat­te.
  • Rechts­fol­gen: Der Ver­trag wur­de als nich­tig betrach­tet, und die Beru­fung des Klä­gers wur­de zurück­ge­wie­sen.

Bedeu­tung die­ser Urtei­le für Ver­si­che­rungs­neh­mer

Die­se Urtei­le ver­deut­li­chen die Wich­tig­keit wahr­heits­ge­mä­ßer Anga­ben bei der Antrag­stel­lung für Ver­si­che­run­gen. Ver­si­che­rungs­neh­mer soll­ten sich der Kon­se­quen­zen bewusst sein, die fal­sche oder unvoll­stän­di­ge Anga­ben nach sich zie­hen kön­nen. Im Fal­le einer arg­lis­ti­gen Täu­schung kann der Ver­si­che­rer den Ver­trag anfech­ten und sämt­li­che dar­aus resul­tie­ren­den Ansprü­che ableh­nen. Daher ist es essen­zi­ell, alle Gesund­heits­fra­gen im Ver­si­che­rungs­an­trag voll­stän­dig und wahr­heits­ge­mäß zu beant­wor­ten.

Ver­si­che­rungs­neh­mer soll­ten zudem beach­ten, dass die Ver­ant­wor­tung für die Rich­tig­keit der Anga­ben nicht auf den Ver­mitt­ler abge­wälzt wer­den kann. Auch wenn ein Ver­mitt­ler das Antrags­for­mu­lar aus­füllt, bleibt der Ver­si­che­rungs­neh­mer in der Pflicht, die Anga­ben zu über­prü­fen und gege­be­nen­falls zu kor­ri­gie­ren. Eine sorg­fäl­ti­ge und voll­stän­di­ge Beant­wor­tung der Gesund­heits­fra­gen schützt nicht nur den Ver­si­che­rungs­neh­mer vor spä­te­ren Rechts­strei­tig­kei­ten, son­dern stellt auch sicher, dass der Ver­si­che­rungs­schutz im Leis­tungs­fall greift.

Wenn Sie Fra­gen zu die­sen Urtei­len oder zu Ihrem Ver­si­che­rungs­ver­trag haben, ste­hen wir Ihnen ger­ne bera­tend zur Sei­te. Als Fach­an­walt für Ver­si­che­rungs­recht unter­stüt­ze ich Sie dabei, Ihre Rech­te zu wah­ren und mög­li­che Fall­stri­cke zu ver­mei­den. Kon­tak­tie­ren Sie uns für eine indi­vi­du­el­le Bera­tung.

Quel­len:

  • LG Aachen, Urteil vom 12.11.2020 – 9 O 411/19, Beck­RS 2020, 57715
  • OLG Köln, Urteil vom 03.12.2021 – 20 U 287/20, Beck­RS 2021, 53678

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