Kla­re neue Pflich­ten: Für wen gilt der Wider­rufs­but­ton?

Im Fokus ste­hen sämt­li­che Unter­neh­men, die im Inter­net Waren oder digi­ta­le Dienst­leis­tun­gen an Ver­brau­cher, also im B2C-Geschäft, ver­trei­ben. Die Rege­lung betrifft somit den klas­si­schen Online-Ein­zel­han­del, Anbie­ter von digi­ta­len Abon­ne­ments und Strea­ming­diens­ten, Online-Platt­for­men und Ver­mitt­ler von Finanz­pro­duk­ten wie Kre­di­ten oder Ver­si­che­run­gen. Ent­schei­dend ist ein­zig, dass ein Ver­trags­ab­schluss mit einem Ver­brau­cher über eine elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­ons­platt­form erfolgt und ein gesetz­li­ches Wider­rufs­recht besteht.

 Kla­re Aus­nah­men gibt es nur in weni­gen Fäl­len:

  • Wird aus­schließ­lich an Unter­neh­mer ver­kauft (rei­nes B2B), greift die Pflicht nicht.
  • Ver­fügt der Ver­trag über kein gesetz­li­ches Wider­rufs­recht, etwa weil es sich um indi­vi­du­ell gefer­tig­te Waren oder voll­stän­dig aus­ge­führ­te Dienst­leis­tun­gen han­delt, besteht kei­ne Ver­pflich­tung zum Wider­rufs­but­ton.
  • Auch rein off­line abge­schlos­se­ne Ver­trä­ge fal­len nicht unter die Rege­lung.

 Wich­tig für die Pra­xis:

Auch wenn ein Unter­neh­men frei­wil­lig ein Wider­rufs­recht ein­räumt, muss der Wider­rufs­but­ton – unab­hän­gig von der gesetz­li­chen Not­wen­dig­keit – imple­men­tiert wer­den.

Wie muss der Wider­rufs­but­ton gestal­tet wer­den?

Die EU-Richt­li­nie gibt kon­kre­te Anfor­de­run­gen an die Gestal­tung und Plat­zie­rung der digi­ta­len Wider­rufs­mög­lich­keit vor. Der But­ton muss

  • ein­deu­tig beschrif­tet sein (zum Bei­spiel „Ver­trag wider­ru­fen“),
  • bar­rie­re­frei sowie jeder­zeit im Online-Kun­den­be­reich sicht­bar und erreich­bar sein,
  • klar und unmiss­ver­ständ­lich als Wider­rufs­op­ti­on zu erken­nen sein.

Ver­steck­te Menü­punk­te, miss­ver­ständ­li­che Bezeich­nun­gen oder schwer auf­find­ba­re Links genü­gen aus­drück­lich nicht – hier dro­hen bei Ver­stö­ßen Abmah­nun­gen und wett­be­werbs­recht­li­che Sank­tio­nen.

Der tech­ni­sche Ablauf ist zwei­stu­fig:

  1. Der Nut­zer klickt auf den Wider­rufs­but­ton, gelangt auf eine Bestä­ti­gungs­sei­te und iden­ti­fi­ziert dort den zu wider­ru­fen­den Ver­trag (z. B. über Ver­trags­num­mer, Bestell­num­mer oder E‑Mail-Adres­se).
  2. Mit einem wei­te­ren Klick („Wider­ruf bestä­ti­gen“) folgt der lau­ter­keits­recht­lich wirk­sa­me Wider­ruf.

Im Anschluss ist eine unmit­tel­ba­re Emp­fangs­be­stä­ti­gung des Wider­rufs, in der Regel per E‑Mail, an den Ver­brau­cher zu ver­sen­den.

Daten­schutz und Doku­men­ta­ti­on: Das muss beach­tet wer­den

Die Daten­er­he­bung beim Wider­ruf ist auf das Not­wen­digs­te zu beschrän­ken – etwa Name, Ver­trags­da­ten, Kon­takt­da­ten – und muss den stren­gen Anfor­de­run­gen der DSGVO ent­spre­chen. Die Ver­ar­bei­tung und Spei­che­rung der Daten darf nur zum Zweck der Abwick­lung des Wider­rufs erfol­gen. Die Wider­rufs- und Daten­schutz­er­klä­rung sind ent­spre­chend recht­zei­tig zu über­ar­bei­ten.

Tipp:
Die gesam­te Kom­mu­ni­ka­ti­on und Abwick­lung soll­te so doku­men­tiert wer­den, dass sie auch im Fal­le behörd­li­cher Prü­fun­gen oder gericht­li­cher Aus­ein­an­der­set­zun­gen nach­voll­zieh­bar und trans­pa­rent ist.

Umset­zung in der Pra­xis: Kon­kre­te Her­aus­for­de­run­gen und Stol­per­stei­ne

Was auf den ers­ten Blick wie eine rei­ne Lay­out-Anpas­sung erscheint, erfor­dert in der Rea­li­tät oft umfas­sen­de tech­ni­sche und orga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men:

  • Tech­ni­sche Inte­gra­ti­on: Die Anzei­ge des But­tons muss indi­vi­du­ell steu­er­bar sein (Ablauf der Wider­rufs­frist, jeweils pro Ver­trag), um Miss­bräu­che und juris­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zun­gen zu ver­mei­den. Eine rein pau­scha­le Anzei­ge kann zur Irre­füh­rung und zu Abmah­nun­gen füh­ren.
  • Aktua­li­sie­rung der Ver­trags­un­ter­la­gen: Wider­rufs­be­leh­rung, AGB und Daten­schutz­er­klä­run­gen müs­sen zum ver­pflich­ten­den Start­ter­min den neu­en Anfor­de­run­gen genü­gen.
  • Anpas­sung der Pro­zes­se: Vom Ein­gang des Wider­rufs bis zur Bestä­ti­gung und Bear­bei­tung müs­sen inter­ne Work­flows ange­passt, doku­men­tiert und den Mit­ar­bei­tern ver­mit­telt wer­den.
  • Schu­lungs­be­darf: Gera­de im Kun­den­ser­vice und in der Sach­be­ar­bei­tung ist Wis­sen dar­über not­wen­dig, wie ein digi­tal erklär­ter Wider­ruf tech­nisch und rechts­si­cher bear­bei­tet wer­den muss.
  • Schnitt­stel­le zu Dritt­an­bie­tern: Betrei­ben Sie Ihren Online-Shop nicht selbst, son­dern über Platt­for­men oder exter­ne Dienst­leis­ter, ist früh­zei­tig zu klä­ren, wer für die tech­ni­sche und recht­li­che Umset­zung ver­ant­wort­lich ist.
  • Test­läu­fe und Qua­li­täts­si­che­rung: Recht­zei­ti­ge tech­ni­sche Test­läu­fe, Simu­la­tio­nen und Aktua­li­sie­run­gen sichern die Funk­ti­ons­fä­hig­keit zum Stich­tag.

Vor­be­rei­ten­de Maß­nah­men – Ihr Fahr­plan bis 2026

Emp­foh­le­ne Schrit­te für Händ­ler und Betrei­ber von Online-Platt­for­men:

  1. Prü­fen Sie, ob das eige­ne Ange­bot unter die neue Pflicht fällt. Wenn Sie der Mei­nung sind, dass Ihr Ange­bot nicht unter die neue Pflicht fällt, doku­men­tie­ren Sie dies.
  2. Begin­nen Sie früh­zei­tig mit der Ana­ly­se der Ver­trä­ge, Pro­zes­se und der tech­ni­schen Infra­struk­tur.
  3. Füh­ren Sie Work­shops mit IT, Rechts­ab­tei­lung und ggf. exter­nen Dienst­leis­tern durch, um die Anfor­de­run­gen zu kon­kre­ti­sie­ren – und ers­te Umset­zungs­sze­na­ri­en zu ent­wer­fen.
  4. Über­wa­chen Sie die lau­fen­de Gesetz­ge­bung und Recht­spre­chung zur natio­na­len Umset­zung, um gege­be­nen­falls kurz­fris­tig auf Ände­run­gen reagie­ren zu kön­nen.
  5. Pla­nen Sie die recht­zei­ti­ge Anpas­sung sämt­li­cher recht­li­cher Doku­men­te, Pro­zes­se und Mit­ar­bei­ter­schu­lun­gen ein.
  6. Doku­men­tie­ren Sie alle Umset­zungs­maß­nah­men und berei­ten Sie sich auf mög­li­che Nach­fra­gen von Auf­sichts­be­hör­den oder Wett­be­wer­bern vor.

Wich­tig:
War­ten Sie mit der tech­ni­schen Umset­zung, bis das natio­na­le Aus­füh­rungs­ge­setz im Detail vor­liegt, um unnö­ti­ge und teu­re Nach­bes­se­run­gen zu ver­mei­den – aber ver­lie­ren Sie kei­ne Zeit bei der Pla­nungs­pha­se!

Juris­ti­sche Risi­ken: Abmah­nung, Sank­ti­on und Kon­troll­be­fug­nis

Ver­stö­ße gegen die Pflicht zum Wider­rufs­but­ton kön­nen ab dem Stich­tag im Juni 2026 mit Buß­gel­dern und wett­be­werbs­recht­li­chen Abmah­nun­gen ver­folgt wer­den. Zudem droht die Gefahr, dass Ver­trä­ge, bei denen der Wider­ruf nicht ord­nungs­ge­mäß ermög­licht wird, nicht abge­schlos­sen oder vom Kun­den ange­foch­ten wer­den kön­nen. Auch Ver­brau­cher­schutz­ver­bän­de wer­den die Ein­hal­tung vor­aus­sicht­lich gezielt prü­fen.

Fazit und Hand­lungs­emp­feh­lung

Der ver­pflich­ten­de Wider­rufs­but­ton ist eine der fol­gen­reichs­ten neu­en Ver­brau­cher­rech­te im deut­schen E‑Commerce. Zwar ist aktu­ell noch kei­ne Umset­zung not­wen­dig, den­noch soll­ten alle Online-Händ­ler die neue Pflicht jetzt auf die Agen­da set­zen und sich struk­tu­riert auf die Ände­run­gen vor­be­rei­ten. Wer sich früh­zei­tig mit den Anfor­de­run­gen, Pro­zes­sen und der Tech­nik aus­ein­an­der­setzt, sichert nicht nur die eige­ne Wett­be­werbs­fä­hig­keit und Rechts­si­cher­heit, son­dern ver­mei­det auch ope­ra­ti­ve Stö­run­gen und kost­spie­li­ge Nach­bes­se­run­gen unmit­tel­bar vor Inkraft­tre­ten.

Sie haben Fra­gen zum Wider­rufs­but­ton? Spre­chen Sie uns an!

Soll­ten Sie im Hin­blick auf die­se vor­ste­hen­de Aus­füh­run­gen Fra­gen haben, mel­den Sie sich ger­ne bei unse­rer Rechts­an­wäl­tin Frau Dr. I. Vera Gro­nen über unse­re Mit­ar­bei­te­rin Frau Bur per E‑Mail an bur@dhk-law.com oder unter der Tele­fon­num­mer 0241 946210.

Wir hal­ten Sie selbst­ver­ständ­lich über alle aktu­el­len Ent­wick­lun­gen zur Umset­zungs­pflicht und der kon­kre­ten Gesetz­ge­bung auf dem Lau­fen­den.

News­let­ter-Anmel­dung

Ja, ich habe die Daten­schutz­er­klä­rung zur Kennt­nis genom­men und bin mit Absen­den des Kon­takt­for­mu­la­res mit der elek­tro­ni­schen Ver­ar­bei­tung und Spei­che­rung mei­ner Daten ein­ver­stan­den. Mei­ne Daten wer­den dabei nur streng zweck­ge­bun­den zur Bear­bei­tung und Beant­wor­tung mei­ner Anfra­ge benutzt.

Über den Autor

  • Dr. Vera I. Gronen

    Dr. Vera I. Gro­nen ist zuge­las­se­ne Rechts­an­wäl­tin seit 2002, Pro­mo­ti­on an der rechts- und wirt­schafts­wis­sen­schaft­li­chen Fakul­tät der Uni­ver­si­tät des Saar­lan­des. Ihre Fach­ge­bie­te sind Kauf‑, Ver­triebs- und Han­dels­recht, Ver­trags­recht und Gestal­tung von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen und IT-Recht.

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