Die Ele­men­tar­scha­dens­ver­si­che­rung — Eine essen­ti­el­le Ver­si­che­rungs­po­li­ce bei Extrem­wet­ter­er­eig­nis­sen

Die star­ken Regen­fäl­le in der Nacht vom 14. auf den 15.07.2021 haben eine Hoch­was­ser­ka­ta­stro­phe in Nord­rhein-West­fa­len und Rhein­land-Pfalz zur Fol­ge, deren gan­zes Aus­maß auch nach einer Woche noch nicht abseh­bar ist. Der Stark­re­gen beding­te in den betrof­fe­nen Regio­nen Über­schwem­mun­gen, Hoch­was­ser und Erd­rut­sche.

Die Bil­der von voll­ge­lau­fe­nen Kel­lern, beschä­dig­ten oder voll­stän­dig zer­stör­ten Häu­sern, im Schlamm ver­sin­ken­den Inven­tars und Autos, die vom Was­ser weg­ge­spült wer­den, bestim­men die der­zei­ti­ge Bericht­erstat­tung in Zei­tung, Fern­se­hen und den sozia­len Medi­en.

Im Zuge der Auf­räum­ar­bei­ten wer­den die Fol­gen die­ser Natur­ka­ta­stro­phe immer deut­li­cher: Es sind zahl­rei­che Tote zu bekla­gen und zudem immense Schä­den ent­stan­den, die zu einer Bedro­hung unzäh­li­ger Exis­ten­zen führt.

Lücke im Ver­si­che­rungs­schutz

Obwohl es in Fol­ge des Kli­ma­wan­dels immer öfter zu extre­men Wet­ter­ereig­nis­sen und damit ein­her­ge­hen­den Schä­den im Mil­li­ar­den­be­reich kommt, sind eben die­se Schä­den durch Stark­re­gen, Hoch­was­ser und Über­schwem­mun­gen sowohl im pri­va­ten als auch im gewerb­li­chen Bereich unter Umstän­den nicht von allen Ver­si­che­rungs­po­li­cen abge­deckt. Die­se Lücke im bestehen­den Ver­si­che­rungs­schutz stellt meist ein uner­kann­tes Risi­ko dar, müs­sen die Schä­den durch die Betrof­fe­nen in die­sen Fäl­len doch selbst­stän­dig finan­ziert wer­den.

Auch Unter­neh­men, Gewer­be­trei­ben­de und land­wirt­schaft­li­che Betrie­be haben zum Teil nicht die not­wen­di­gen Vor­sor­ge­maß­nah­men getrof­fen und ihre Unter­neh­men und Betrie­be mit einer ent­spre­chen­den Poli­ce abge­si­chert.

Ver­si­che­rungs­schutz über­prü­fen

Für die Absi­che­rung von Ele­men­tar­schä­den bedarf es einer spe­zi­el­len Zusatz­ver­si­che­rung – der soge­nann­ten Ele­men­tar­scha­dens­ver­si­che­rung.

Die­se kann als Erwei­te­rung einer Wohn­ge­bäu­de- oder Haus­rat­ver­si­che­rung abge­schlos­sen wer­den.

Die Wohn­ge­bäu­de- und Haus­rat­ver­si­che­rung greift bei­spiels­wei­se bei Sturm­schä­den, Hagel­schä­den und Schä­den nach einem Blitz­ein­schlag.

Wäh­rend die Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung die am Haus ent­stan­de­nen Schä­den absi­chert, deckt die Haus­rat­ver­si­che­rung Schä­den an beweg­li­chen Gegen­stän­den, sprich dem Inventar/Hausrat, ab.

Absi­che­rung durch eine Ele­men­tar­scha­den­ver­si­che­rung

Die Ele­men­tar­scha­dens­ver­si­che­rung umfasst wie­der­um Schä­den durch Natur­ge­fah­ren wie Über­schwem­mun­gen, Stark­re­gen, Rück­stau, Schnee­druck, Erd­rutsch, Erd­sen­kung, Erd­be­ben und Lawi­nen sowie Vul­kan­aus­brü­che. Ob der Ver­si­che­rungs­schutz im Ein­zel­fall greift, bedarf einer indi­vi­du­el­len Prü­fung. So greift die Ele­men­tar­scha­den­ver­si­che­rung bei­spiels­wei­se dann nicht, wenn Grund­was­ser von unten in das Mau­er­werk des Gebäu­des ein­dringt. Schä­den, die auf­grund eines Rück­staus, bedingt durch eine nicht funk­ti­ons­tüch­ti­ge Rück­stau­si­che­rung, ent­ste­hen, sind eben­falls nicht ver­si­chert. Ver­si­che­rungs­schutz für Erd­be­ben, Erd­sen­kun­gen oder Erd­rutsch besteht nur in den Fäl­len, wenn das Ereig­nis natur­be­dingt ist und die Schä­den nicht durch mensch­li­chen Ein­fluss her­vor­ge­ru­fen wer­den, wie etwa in Zusam­men­hang mit Bau­ar­bei­ten.

Eine sol­che Ele­men­tar­scha­dens­ver­si­che­rung ist nicht nur für die Eigen­tü­mer und Mie­ter, deren Häu­ser in Hoch­was­ser-Risi­ko­ge­bie­ten lie­gen, rat­sam. Wie die aktu­el­len tra­gi­schen Ereig­nis­se zei­gen, kön­nen auch Orte abseits von gro­ßen Flüs­sen, Däm­men und Hän­gen betrof­fen sein.

Umfas­sen­der Ver­si­che­rungs­schutz und des­sen Scha­dens­de­ckung

Sofern ein betrof­fe­ner Haus­be­sit­zer vor Ein­tritt der Ele­men­tar­schä­den eine Wohn­ge­bäu­de­ver­si­che­rung mit Ele­men­tar­scha­dens­schutz abge­schlos­sen hat, hat er gegen­über sei­ner Ver­si­che­rung bei­spiels­wei­se Anspruch auf die Durch­füh­rung von Repa­ra­tur­ar­bei­ten im und am Haus sowie den Neben­ge­bäu­den (z.B. Gara­ge, Schup­pen usw.) und die Tro­cken­le­gung und Sanie­rung des Gebäu­des. Der Ver­si­che­rungs­schutz erstreckt sich sogar auf den even­tu­el­len Abriss des Gebäu­des sowie die Kon­struk­ti­on und den Bau eines gleich­wer­ti­gen Hau­ses.

Soll­te das Haus vor­über­ge­hend unbe­wohn­bar sein, steht dem Ver­si­che­rungs­neh­mer zudem unter Umstän­den der Ersatz der Miet­aus­fäl­le zu sowie die Über­nah­me der Kos­ten, die für eine zeit­wei­se, alter­na­ti­ve Unter­kunft not­wen­dig sind.

Bei einer zuvor wirk­sam abge­schlos­se­nen Haus­rat­ver­si­che­rung mit Ele­men­tar­schutz besteht zudem Anspruch auf den Wie­der­be­schaf­fungs­preis für gestoh­le­nes oder irrepa­ra­bles Inven­tar, die Repa­ra­tur­kos­ten für beschä­dig­tes Inven­tar oder eine Wert­min­de­rung bei beschä­dig­tem aber noch unein­ge­schränkt nutz­ba­ren Gegen­stän­den.

Für Schä­den am Fahr­zeug durch Über­schwem­mung kommt in der Regel die Teil­kas­ko­ver­si­che­rung auf. Die Ver­si­che­rung ist aller­dings berech­tigt, die Regu­lie­rung ganz oder teil­wei­se zu ver­wei­gern, sofern das Fahr­zeug trotz poli­zei­li­cher War­nung in einem durch Hoch­was­ser gefähr­de­ten Gebiet abge­stellt wur­de.

Die Voll­kas­ko­ver­si­che­rung greift hin­ge­gen auch bei einem selbst­ver­schul­de­ten Scha­den.
Fer­ner ist zu beach­ten, dass in der Regel nicht der Wie­der­be­schaf­fungs­wert, son­dern nur der Zeit­wert des Fahr­zeugs erstat­tet wird.

Ele­men­tar­schä­den bei Unter­neh­men und Betrie­ben

Ele­men­tar­schä­den kön­nen auch bei Unter­neh­men und Betrie­ben zu einer kon­kre­ten Exis­tenz­be­dro­hung füh­ren, wenn es auf­grund die­ser Schä­den zu län­ge­ren Betriebs­aus­fäl­len kommt, so dass lau­fen­de Kos­ten nicht mehr kom­pen­siert wer­den kön­nen.

Die meis­ten Unter­neh­men ver­si­chern ihre Immo­bi­li­en, Ein­rich­tun­gen, Maschi­nen und Geschäfts­da­ten in Form von Akten, Ser­vern und Daten­trä­gern, sowie Lager­gut im Rah­men einer Betriebs‑, Pro­dukt- und Umwelt­haft­ver­si­che­rung gegen Ein­bruch, Hagel, Sturm, Feu­er und Glas­bruch. Land­wirt­schaft­li­che Betrie­be kön­nen sich spe­zi­ell gegen Ern­te­aus­fäl­le durch Hagel schüt­zen.

Schä­den durch Hoch­was­ser und Stark­re­gen sind hin­ge­gen zumeist nicht abge­deckt.

In Hin­blick auf Ver­si­che­rungs­ver­trä­ge für Unter­neh­men und Betrie­be gilt, dass die­se im Gegen­satz zu pri­va­ten Ver­si­che­rungs­ver­trä­gen indi­vi­du­el­ler aus­ge­stal­tet sind. Im Rah­men der Ver­trä­ge kann nicht nur frei gewählt wer­den, wel­che Natur­ge­fah­ren ver­si­chert wer­den sol­len, son­dern auch der Umfang des Ver­si­che­rungs­schut­zes – Gebäu­de, Vor­rä­te, Maschi­nen- ist indi­vi­du­ell wähl­bar.

Unter­neh­men und Betrie­be kön­nen Ele­men­tar­schä­den meist als ergän­zen­de Bau­stei­ne zur Gebäu­de­ver­si­che­rung oder Betriebs- und Pro­duk­ti­ons­mit­tel­ver­si­che­rung absi­chern. Schä­den durch Betriebs­aus­fäl­le kön­nen durch eine Betriebs­un­ter­bre­chungs­ver­si­che­rung gedeckt wer­den. Direk­te und indi­rek­te Umwelt­schä­den durch was­ser­ge­fähr­den­de Stof­fe kön­nen wie­der­um über eine zusätz­li­che Umwelt­scha­dens­ver­si­che­rung abge­deckt wer­den.

Es ist mit­hin auch für Unter­neh­men und Betrie­be drin­gend anzu­ra­ten, den bestehen­den Ver­si­che­rungs­schutz zu über­prü­fen und mit Hil­fe von Fach­leu­ten eine Risi­ko­ana­ly­se bezüg­lich der Gefähr­dung durch Natur­er­eig­nis­se durch­zu­füh­ren las­sen, um sich recht­zei­tig gegen even­tu­ell zukünf­tig auf­tre­ten­de Ele­men­tar­schä­den zu ver­si­chern.

Abschluss einer Ele­men­tar­scha­den­ver­si­che­rung — Was ist zu beach­ten

Nach dem Abschluss des Ver­si­che­rungs­ver­trags kann der Ver­si­che­rungs­neh­mer die neue Ver­si­che­rung erst nach eini­ger Zeit in Anspruch neh­men. Die­se War­te­zeit soll dem Miss­brauch ein­zel­ner Ver­si­che­rungs­neh­mer vor­beu­gen. Sie ver­hin­dert, dass eine Ver­si­che­rung erst dann abge­schlos­sen wird, wenn der Scha­den bereits ent­stan­den oder sei­ne Ent­ste­hung abseh­bar ist. Es han­delt sich dabei um eine gän­gi­ge Pra­xis der Ver­si­che­run­gen, die bei­spiels­wei­se auch bei der Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung und der Rechts­schutz­ver­si­che­rung Anwen­dung fin­det.

Es gilt zudem zu beden­ken, dass Eigen­tü­mer, deren Häu­ser in Hoch­was­ser-Risi­ko­ge­bie­ten lie­gen oder schon ein­mal von einer Über­schwem­mung betrof­fen waren, nur unter erschwer­ten Bedin­gun­gen eine Ele­men­tar­scha­den­ver­si­che­rung abschlie­ßen kön­nen oder hohe Ver­si­che­rungs­prä­mi­en zah­len müs­sen.

Im Rah­men der Prü­fung und indi­vi­du­el­len Risi­ko­kal­ku­la­ti­on neh­men die Ver­si­che­rer eine Ein­schät­zung des Risi­kos von Stark­re­gen­schä­den vor. Hier­zu wer­den drei Stark­re­gen­ge­fähr­dungs­klas­sen ein­ge­teilt, bei denen die Kate­go­ri­sie­rung über die Lage des Hau­ses erfolgt. Dabei gilt, je tie­fer ein Gebäu­de liegt und je län­ger das Was­ser daher dar­in steht, des­to höher ist der Scha­den.

Tho­mas Oede­ko­ven
Fach­an­walt für Ver­si­che­rungs­recht
Fach­an­walt für Medi­zin­recht
Fach­an­walt für Sozi­al­recht

Frau Nina Isa­bell Stö­cke­mann
Rechts­re­fe­ren­da­rin

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