Der Krieg in der Ukrai­ne zeigt uns, an wel­chen Stel­len in den inter­na­tio­na­len Lie­fer­ket­ten mit wel­chen Auf­ga­ben die Ukrai­ne und ukrai­ni­sche Unter­neh­men von Bedeu­tung sind. Bei­spiel­haft zu benen­nen sind Wei­zen­lie­fe­run­gen, Ener­gie­lie­fe­run­gen, Kabel­bäu­me für die Auto­in­dus­trie und vie­les mehr. Letzt­end­lich führt die Knapp­heit von Gütern zu des­sen Preis­stei­ge­run­gen.

 

Wenn die­se Preis­er­hö­hun­gen auf der eige­nen Beschaf­fungs­sei­te bereits Ein­gang in die Kal­ku­la­ti­on für ver­ein­bar­te Ver­trä­ge mit Kun­den gefun­den haben, stellt sich die Fra­ge: Wel­che Mög­lich­kei­ten habe ich als Ver­trags­part­ner mei­ner Kun­den, mich aus die­sen Ver­trä­gen, in denen ich mich zu einer Leis­tung zu einem fest ver­ein­bar­ten Preis ver­pflich­tet habe, zu lösen oder die­se anzu­pas­sen?

 

In die­sem Zusam­men­hang stel­len sich zwei grund­sätz­li­che Fra­gen, auf die nach­fol­gend ein­ge­gan­gen wird:

 

  1. Unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen berech­ti­gen mich die­se Kos­ten­stei­ge­run­gen auf mei­ner Ein­kaufs­sei­te zu Änderungen/Kündigungen der Ver­trä­ge mit mei­nen Kun­den?

 

  1. Auf der Basis wel­cher Rechts­grund­la­ge mit wel­chen Rechts­fol­gen kann ich dann han­deln?

 

 I. Zu errei­chen­de Schwel­len­wer­te

 

Die Fra­ge, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen Preis­stei­ge­run­gen auf der Ein­kaufs­sei­te und damit soge­nann­te Leis­tungs­er­schwe­run­gen recht­lich von Rele­vanz sind, soll anhand des soge­nann­ten Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge dar­ge­stellt wer­den.

 

Die gesetz­li­che Rege­lung hier­zu fin­det sich in § 313 BGB und in ihrem Wort­laut wird alles benannt, was vor­lie­gen muss, damit eine Geschäfts­grund­la­ge eines Ver­tra­ges (mit dem eige­nen Kun­den) gestört ist bzw. weg­ge­fal­len ist:

 

„Haben sich Umstän­de, die zur Grund­la­ge des Ver­tra­ges gewor­den sind, nach Ver­trags­schluss schwer­wie­gend ver­än­dert und hät­ten die Par­tei­en den Ver­trag nicht oder mit ande­rem Inhalt geschlos­sen, wenn sie die­se Ver­än­de­rung vor­aus­ge­se­hen hät­ten, so kann Anpas­sung des Ver­tra­ges ver­langt wer­den, soweit einem Teil unter Berück­sich­ti­gung aller Umstän­de des Ein­zel­fal­les, ins­be­son­de­re der ver­trag­li­chen oder gesetz­li­chen Risi­ko­ver­tei­lung, das Fest­hal­ten am unver­än­der­ten Ver­trag nicht zuge­mu­tet wer­den kann.“

 

1. Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge:

Eine Stö­rung einer Geschäfts­grund­la­ge sind Krie­ge und kriegs­ähn­li­che Ent­wick­lun­gen. Soweit der krie­ge­ri­sche Angriff Russ­lands auf die Ukrai­ne die Ursa­che für Preis­stei­ge­run­gen ist, die ohne die­se krie­ge­ri­sche Aus­ein­an­der­set­zung nicht ein­ge­tre­ten wären, so ist von einer Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge aus­zu­ge­hen.

 

An die­ser Stel­le darf es kei­ne gedank­li­chen Auto­ma­tis­men geben: Nicht alles, was augen­blick­lich zu höhe­ren Prei­sen führt oder mög­li­cher­wei­se bereits in der Ver­an­gen­heit Preis­er­hö­hun­gen mit sich gebracht hat, hat sei­ne Ursa­che im Ukrai­ne-Krieg. Oder anders for­mu­liert: Die Preis­stei­ge­run­gen auf der Kos­ten­sei­te, die man bereits vor dem Ukrai­ne-Krieg nicht an Kun­den wei­ter­ge­ge­ben hat und die Grund­la­ge für die eige­ne Kal­ku­la­ti­on gewe­sen sind, blei­ben für die­ses The­ma der Geschäfts­grund­la­ge man­gels Ursäch­lich­keit ohne Bedeu­tung.

 

2. Risi­ko­ver­tei­lung:

Der wei­te­re wesent­li­che Aspekt für die Fra­ge, ob Rech­te aus der Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge her­ge­lei­tet wer­den kön­nen, ist der der Risi­ko­ver­tei­lung. Wer hat das ein­ge­tre­te­ne Risi­ko zu tra­gen?

 

So wie der Schuld­ner einer Geld­leis­tung das Risi­ko trägt, dass er stets genug Geld zur Beglei­chung sei­ner zu zah­len­den Schuld zu haben hat, so hat der Schuld­ner einer Sach­leis­tung das Beschaf­fungs­ri­si­ko über­nom­men. Umstän­de, die nach dem Ver­trags­zweck erkenn­bar in den Risi­ko­be­reich nur eines Ver­trags­tei­les fal­len, sind grund­sätz­lich nicht geeig­net, dem hier­durch betrof­fe­nen Ver­trags­teil zu ermög­li­chen, sich auf den Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge zu beru­fen (BGH NJW 1977, 2262, 2263).

 

Eine still­schwei­gen­de Risi­ko­über­nah­me liegt in der Ver­ein­ba­rung eines Fest­prei­ses. Von die­ser Grund­la­ge der Risi­ko­be­wer­tung ist aus­zu­ge­hen und damit von dem Umstand, dass das Risi­ko von Kos­ten­er­hö­hun­gen den­je­ni­gen Ver­trags­part­ner ein­sei­tig trifft, der mit die­sen (sich im Nach­hin­ein erhö­hen­den) Kos­ten kal­ku­liert hat und sie zur Grund­la­ge sei­ner Preis­er­mitt­lung gegen­über sei­nen Kun­den gemacht hat — und dies ohne die Ver­ein­ba­rung von Preis­an­pas­sungs­klau­seln.

 

Über die­se Risi­ko­ver­tei­lung hin­aus besteht bei gegen­sei­ti­gen Ver­trä­gen der Gedan­ke der Gleich­wer­tig­keit von Leis­tung und Gegen­leis­tung als Geschäfts­grund­la­ge. Die­se soge­nann­te Äqui­va­len­zer­war­tung kann Geschäfts­grund­la­ge sein und gestört sein.

 

3. Unzu­mut­bar­keit:

Damit liegt die Hür­de hoch, die man errei­chen muss, um im Fal­le von Kos­ten­stei­ge­run­gen auf der Ein­kaufs­sei­te in den Bereich des Weg­falls bzw. der Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge zu gelan­gen. Die­se Schwel­le wird nur erreicht, wenn der von der Stö­rung betrof­fe­nen Par­tei die Ver­trags­er­fül­lung zu den unver­än­der­ten Kon­di­tio­nen nicht mehr zuge­mu­tet wer­den kann. Es muss eine schwer­wie­gen­de Ver­än­de­rung vor­lie­gen, die eine Anpas­sung recht­fer­tigt.

 

Wann ist die­se erreicht? Um zu die­ser Fra­ge eine gewis­se Hand­lungs­si­cher­heit zu hal­ten, wäre es wün­schens­wert, wenn es kon­kre­te Grenz­wer­te gebe, ab denen die­se Vor­aus­set­zung der Unzu­mut­bar­keit bzw. schwer­wie­gen­den Ver­än­de­rung vor­liegt. Das Reichs­ge­richt (RGZ 102, 273, 274) hat hier­zu aus­ge­führt: „Das, was einem Erfül­lungs­pflich­ten noch zuge­mu­tet wer­den kann, lässt sich eben nicht nach einer gleich­mä­ßi­gen Scha­blo­ne, son­dern nur nach der Lage des Ein­zel­falls bestim­men.“

 

Die­ser Grund­satz gilt auch heu­te noch. Die Kri­te­ri­en, die dabei eine Rol­le spie­len sind z.B. der Grad der Kal­ku­lier­bar­keit einer Abwei­chung, die Vor­her­seh­bar­keit der Kos­ten­ab­wei­chung, die Mög­lich­keit der Ver­mei­dung des ein­ge­tre­te­nen Risi­kos. Die­je­ni­gen, die trotz­dem nach kon­kre­ten Wer­ten suchen, müs­sen bis in die Recht­spre­chung des Reichs­ge­rich­tes zurück­ge­hen: Ein im April 1917 für 27.030 M bestell­tes Fahr­zeug wur­de zum Jah­res­en­de 1919 her­ge­stellt und zu die­sem Zeit­punkt waren die Her­stel­lungs­kos­ten um 60 % gestie­gen. Nach der Bewer­tung des Reichs­ge­rich­tes (RGZ 102, 273, 275) ist im Fal­le eines der­ar­ti­gen Ein­zel­ge­schäf­tes die Schwel­le der Unzu­mut­bar­keit nicht erreicht. Die Situa­ti­on kann jedoch ver­än­dert zu bewer­ten sein, wenn es eine Anzahl ähn­li­cher Bestel­lun­gen gibt, die mit die­ser Kos­ten­stei­ge­rung vom betref­fen­den Her­stel­ler pro­du­ziert wer­den müs­sen.

 

Die durch die Ölkri­se in den sieb­zi­ger Jah­ren ver­ur­sach­ten Kos­ten­stei­ge­run­gen im Ener­gie­be­reich wur­den nicht als Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge bewer­tet. Auf­grund des­sen fehlt es in der Recht­spre­chung der Nach­kriegs­zeit an Sach­ver­hal­ten einer Kos­ten­stei­ge­rung, die dem Grun­de nach als Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge ange­se­hen wer­den kann.

 

Der Bewer­tungs­maß­stab, von der ande­ren Sei­te betrach­tet, lau­tet: eine Preis­stei­ge­rung, die den Gewinn­auf­schlag voll­stän­dig auf­ge­zehrt, wird immer als zumut­bar anzu­se­hen sein.

 

Kei­ne Anwen­dung wird die Rege­lung § 313 BGB auch auf Ver­trä­ge haben, die erst nach dem Aus­bruch des Krie­ges und damit nach dem 24.  Febru­ar 2022 ver­ein­bart wor­den sind. Denn wer eine Gefahr kennt, über­nimmt das Risi­ko ihres Ein­trit­tes, wenn er in die­ser Kennt­nis einen Ver­trag abschließt.

 

II. Rechts­grund­la­ge und Rechts­fol­gen

 

Wenn die­se vor­er­wähn­te Schwel­le zur Unzu­mut­bar­keit erreicht wird, stellt sich die Fra­ge, auf der Basis wel­cher recht­li­chen Rege­lun­gen wel­che Rechts­fol­ge gel­tend gemacht wer­den kann. In Betracht kom­men dies­be­züg­lich:

 

1. Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge (§ 313 BGB):

Gemäß dem bereits zitier­ten Geset­zes­text (§ 313 Abs. 1 BGB) kann als Rechts­fol­ge einer Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge die Anpas­sung des Ver­tra­ges ver­langt wer­den.

 

Es kann dem­zu­fol­ge unmit­tel­bar aus die­ser Rege­lung der Preis bean­sprucht wer­den, der unter Berück­sich­ti­gung der Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge als anzu­pas­sen­de Geld­leis­tung ver­langt wer­den kann. Das Gesetz gibt dem durch die Stö­rung Benach­tei­lig­ten die­sen Anspruch auf Anpas­sung. Wer die­se Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge gel­tend macht, soll­te ein kon­kre­tes Anpas­sungs­re­sul­tat gel­tend machen und den Ver­trags­part­ner hier­zu zu Zustim­mung auf­for­dern.

 

An die­ser Stel­le ent­steht sodann die zwei­te Situa­ti­on der Unbe­stimmt­heit. Denn es gibt kei­ne gesetz­li­chen Vor­ga­ben, wie die­se kon­kre­te Ver­trags­an­pas­sung zu erfol­gen hat. Zu berück­sich­ti­gen­de Aspek­te wer­den bei­spiel­haft benannt sein: Die Ände­rung der ursprüng­li­chen Ver­ein­ba­rung soll­te mög­lichst gering aus­fal­len und im Ergeb­nis ist zu errei­chen, dass für die durch die Mate­ri­al­preis­stei­ge­rung benach­tei­lig­te Par­tei die Leis­tungs­er­fül­lung wie­der zumut­bar wer­den muss.

 

Von wesent­li­cher Bedeu­tung wird also sowohl für Ver­trags­ver­hand­lun­gen als auch eine gericht­li­che Durch­set­zung einer Ver­trags­an­pas­sung die Argu­men­ta­ti­on im Hin­blick auf die Inter­es­sensphä­ren bei­der Sei­ten sein sowie eine kon­kre­te Dar­le­gung, wie sich die Preis­stei­ge­rung auf die Kal­ku­la­ti­on aus­ge­führt hat, also eine Gegen­über­stel­lung der Kal­ku­la­ti­on vor Preis­stei­ge­rung und der Kal­ku­la­ti­on nach Preis­stei­ge­rung.

 

Wenn die­se Anpas­sung des Ver­tra­ges nicht mög­lich ist oder einem Teil nicht zumut­bar ist, so kann der benach­tei­lig­te Ver­trags­part­ner gemäß § 313 Abs. 3 BGB vom Ver­trag zurück­tre­ten und bei Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen die­se kün­di­gen.

 

2. Wirt­schaft­li­che Unmög­lich­keit nach § 275 Abs. 2 BGB:

Der Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge ist zum 01.01.2002 in den Geset­zes­text des BGB auf­ge­nom­men wor­den. Hier­mit ver­bun­den war die Fra­ge, in wel­chem Ver­hält­nis die­se gesetz­li­che Rege­lung zum Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge im Ver­hält­nis zu den Gestal­tungs­rech­ten des all­ge­mei­nen Schuld­rech­tes steht.

 

Die hier beschrie­be­ne Situa­ti­on einer Leis­tungs­er­schwe­rung ist als soge­nann­te wirt­schaft­li­che Unmög­lich­keit auch im all­ge­mei­nen Schuld­recht und damit in § 275 Abs. 2, 3 BGB gere­gelt. Danach kann der Schuld­ner die Leis­tung ver­wei­gern soweit die­se einen Auf­wand erfor­dert, der unter Berück­sich­ti­gung der Situa­ti­on in dem jewei­li­gen Fall in einem gro­ben Miss­ver­hält­nis zum Leis­tungs­in­ter­es­se des Gläu­bi­gers steht. Hier­von umfasst ist der glei­che Schwel­len­wert, der auch für die Rege­lung in § 313 BGB gilt.

 

Die Rechts­fol­ge des § 275 Abs. 2 und 3 BGB ist der Ein­wand der Leis­tungs­ver­wei­ge­rung — nicht der der Anpas­sung des Ver­tra­ges an die ver­än­der­te Situa­ti­on.

Die Abgren­zung zwi­schen die­sen bei­den gesetz­li­chen Rege­lun­gen ist nicht ein­deu­tig und führt bei­spiels­wei­se zu der Kom­men­tie­rung, dass der Schuld­ner ein Wahl­recht zwi­schen bei­den Rege­lun­gen habe, wenn die Abgren­zung wegen der Unbe­stimmt­heit der in bei­den Vor­schrif­ten gewähr­ten Rechts­ge­bie­te unmög­lich sei. Eine greif­ba­re Dif­fe­ren­zie­rung fin­det sich im Münch­ner Kom­men­tar (MüKo-Fin­ken­au­er, § 313 BGB Rz. 162), wonach der Anwen­dungs­be­reich bei­der Rechts­nor­men wie folgt unter­schie­den wird:

 

  • Vor­rang des § 275 Abs. 2 BGB bei fak­ti­scher Unmög­lich­keit und damit einer krass inef­fek­ti­ven Leis­tung (Bei­spiel des auf dem Grund eines Sees lie­gen­den geschul­de­ten Rings);

 

  • und Anwen­dung § 313 BGB bei wirt­schaft­li­cher Unmög­lich­keit = Uner­schwing­lich­keit und damit krass unge­rech­ter Leis­tung.

 

3. Kün­di­gung des Dau­er­schuld­ver­hält­nis­ses aus wich­ti­gem Grun­de (§ 314 BGB):

Han­delt es sich bei dem Ver­trag, der in ein Ungleich­ge­wicht zwi­schen Kos­ten und zu fak­tu­rie­ren­dem Preis gera­ten ist, um ein Dau­er­schuld­ver­hält­nis, kann die­ser gemäß § 314 BGB aus wich­ti­gem Grund ohne Ein­hal­tung einer Kün­di­gungs­frist gekün­digt wer­den.

 

Die­ser wich­ti­ge Grund wird ange­nom­men, wenn dem kün­di­gen­den Teil unter Berück­sich­ti­gung aller Umstän­de des Ein­zel­falls und Abwä­gung der bei­der­sei­ti­gen Inter­es­sen die Fort­set­zung des Ver­trags­ver­hält­nis­ses zu den ver­ein­bar­ten Rege­lun­gen nicht zuge­mu­tet wer­den kann.

 

Der Bun­des­ge­richts­hof (BGH, ZIP 1997, 257, 259) ver­tritt die Ansicht, dass bei Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen die­ses bestehen­de Kün­di­gungs­recht nach § 314 BGB den Grund­sät­zen zum Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge vor­ge­he, soweit es um die Auf­lö­sung des Ver­tra­ges gehe.

 

Die Auf­lö­sung des Ver­tra­ges fin­det sich neben der Kün­di­gungs­mög­lich­keit nach § 314 BGB als mög­li­che Rechts­fol­ge des Weg­falls der Geschäfts­grund­la­ge in § 313 Abs. 3 BGB als Rück­tritts­recht.

 

Die­se bei­den gesetz­li­chen Rege­lung unter­schei­den sich in zwei­er­lei Hin­sicht:

 

  • Nach § 314 Abs. 3 BGB ist die Kün­di­gung nur inner­halb einer ange­mes­se­nen Frist ab Kennt­nis des Kün­di­gungs­grun­des zuläs­sig. In § 313 BGB fehlt eine sol­che zeit­li­che Ein­schrän­kung.

 

  • Und bei der Stö­rung der Geschäfts­grund­la­ge (§ 313 BGB) ist vor Aus­spruch des Rück­trit­tes eine Abmah­nung nicht erfor­der­lich. Soll­te die Kün­di­gung aus wich­ti­gem Grund nach § 314 BGB aus­ge­spro­chen wer­den, bedarf es nach § 314 Abs. 2 BGB zuvor der Abmah­nung, um eine mög­li­che Ver­hal­tens­än­de­rung vor Aus­spruch einer Kün­di­gung zu bewir­ken.

 

III. Was ist zu tun?

 

In den Fäl­len, in denen man mit dem The­ma kon­fron­tiert ist, dass einem die Prei­se für die Ein­gangs­kal­ku­la­ti­on davon galop­pie­ren und auf der ande­ren Sei­te die Prei­se für die Aus­gangs­leis­tung ver­trag­lich ver­ein­bart sind, stellt sich die Fra­ge: Gibt es eine Mög­lich­keit der Ver­trags­an­pas­sung oder der Ein­re­de der Leis­tungs­ver­wei­ge­rung oder der Kün­di­gung?

 

Hier­zu ist:

 

  • Im ers­ten Schritt zu prü­fen, ob die jewei­li­ge Kos­ten­stei­ge­rung auf den Ukrai­ne-Krieg zurück­zu­füh­ren ist und damit auf eine für bei­de Sei­ten uner­war­te­te Geschäfts­grund­la­ge.

 

  • Wenn dies so ist, ist im zwei­ten Schritt die Fra­ge zu beant­wor­ten, ob die Schwel­le für eine Unzu­mut­bar­keit der Ver­trags­er­fül­lung und damit schwer­wie­gen­de Ver­än­de­rung über­schrit­ten ist.

 

  • Wenn auch dies zu beja­hen ist, ist zu über­le­gen, auf der Basis wel­cher Rechts­grund­la­ge mit wel­cher Rechts­fol­ge man agie­ren möch­te bzw. muss.

 

Zu die­ser letzt­ge­nann­ten The­ma­tik ist auf die drei vor­er­wähn­ten gesetz­li­chen Rege­lun­gen zu ver­wei­sen. Um an die­ser Stel­le mit der letz­ten Opti­on und damit der Kün­di­gung aus wich­ti­gem Grun­de nach § 314 BGB zu begin­nen: An der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­ho­fes kommt nie­mand vor­bei. Der BGH hat ent­schie­den, dass bei Dau­er­schuld­ver­hält­nis­sen bei der beab­sich­tig­ten Rechts­fol­ge der Auf­lö­sung des Ver­tra­ges die Rege­lung des § 314 BGB (Kün­di­gung aus wich­ti­gem Grun­de) dem Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge (§ 313 BGB) vor­geht. Wenn dies das Ziel des Han­delns sein soll, so hat es auf der Grund­la­ge von § 314 BGB zu erfol­gen. Es ist dann der Weg zur Kün­di­gung nach § 314 BGB zu gehen.

 

Soweit es die bei­den wei­te­ren Rechts­nor­men betrifft, ist — wie bereits aus­ge­führt — die Unter­schei­dung schwie­rig und die Rechts­fol­gen unter­schei­den sich nicht gra­vie­rend. Der Anspruch auf eine Anpas­sung des Ver­tra­ges ist unter Beru­fung auf § 313 BGB wei­ter als der rei­ne Ein­wand gemäß § 275 Abs. 2 BGB, die Leis­tung nicht zu erfül­len.

 

Letzt­end­lich soll­te man sich an der vor­er­wähn­ten Dif­fe­ren­zie­rung zum jewei­li­gen Anwen­dungs­be­reich bei­der Rechts­nor­men ori­en­tie­ren (fak­ti­sche Unmög­lich­keit vs. wirt­schaft­li­che Unmög­lich­keit). Wenn die­se Dif­fe­ren­zie­rungs­kri­te­ri­en nicht zu einem ein­deu­ti­gen Ergeb­nis füh­ren, kann man sich auf den Weg­fall der Geschäfts­grund­la­ge nach § 313 BGB beru­fen und hilfs­wei­se die Leis­tung nach § 275 Abs. 2, 3 BGB zugleich ver­wei­gern.

 

Mit die­sen Aus­füh­run­gen möch­te ich Ihnen Ihre Hand­lungs­mög­lich­kei­ten in der vor­er­wähn­ten Situa­ti­on dar­stel­len. Ich hof­fe, sie hel­fen Ihnen wei­ter. Soweit es hier­zu Rück­fra­gen oder Abstim­mungs­be­darf gibt, mel­den Sie sich ger­ne bei mir unter lange@dhk-law.com oder tele­fo­nisch über mei­ne Mit­ar­bei­te­rin, Frau Koll, unter der Tele­fon­num­mer 0241/94621–138.

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Über den Autor

  • Carsten Lange

    Cars­ten Lan­ge ist zuge­las­se­ner Rechts­an­walt seit 1996 und Fach­an­walt für Insol­venz­recht und für Steu­er­recht, zudem ist er aus­ge­bil­de­ter Wirt­schafts­me­dia­tor und Coach. Zum Anwalts­pro­fil