Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 04.09.2019 (VII ZB 91/17) getroffen. Sie hat sowohl für die Gläubiger- als auch die Schuldnerseite erhebliche praktische Auswirkungen.

I.

Gläubiger in Insolvenzverfahren können ihre Forderung aus dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung anmelden. Über diesen Forderungsgrund, der in der Insolvenztabelle aufgeführt wird, wird der Schuldner durch das Insolvenzgericht informiert. Wenn er gegen diesen Rechtsgrund keinen Widerspruch einlegt, gilt dieser als festgestellt. Dies hat zur Folge, dass derartige Forderungen nach § 302 InsO von der Restschuldbefreiung des Schuldners ausgenommen sind und demzufolge hieraus auch nach Erteilung der Restschuldbefreiung vollstreckt werden kann.

Bereits dies ist ein Vorteil für den Gläubiger, der ihn zu einer derartigen Anmeldung aus unerlaubter Handlung veranlasst. Nunmehr ergibt sich aus dem vorgenannten Beschluss des Bundesgerichtshofes ein weiterer Vorteil einer derartigen Feststellung in der Insolvenztabelle  für die jeweiligen Gläubiger. Gemäß § 201 InsO kann ein Insolvenzgläubiger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben, wenn seine Forderung festgestellt und vom Schuldner im Prüfungstermin nicht bestritten worden ist.

Für Forderungen aus unerlaubter Handlung – und damit auch diese vorerwähnte Feststellung in der Insolvenztabelle – gilt dabei nach § 850 f Abs. 2 ZPO ein so genanntes Vollstreckungsprivileg. Wird die Zwangsvollstreckung wegen einer solchen Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung betrieben, kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers einen pfändbaren Anteil des Arbeitseinkommens festlegen, der unterhalb der Pfändungsgrenzen nach § 850 c ZPO liegt. Das Gericht muss bei dieser Festlegung einer Untergrenze dem Schuldner so viel belassen, wie er für den notwendigen Unterhalt benötigt. Anhaltspunkt hierfür sind die Beträge zum notwendigen Lebensunterhalt aus der Sozialgesetzgebung- und damit nicht die aus der Pfändungstabelle.

Damit haben Gläubiger mit derartigen Titeln aus unerlaubter Handlung (zu denen nunmehr auch die Insolvenztabelle gehört) im Zuge einer Zwangsvollstreckung zwei Vorteile: Sie können tiefer in das Einkommen des Schuldners pfänden und im Zweifel sind sie mit dieser Vollstreckungsmöglichkeit alleine und nicht in der Vollstreckungskonkurrenz mit anderen Gläubigern.

Ob Insolvenzschuldner nach Erteilung der Restschuldbefreiung relevante Einkommen erzielen, die oberhalb der Pfändungsfreigrenze liegen, ist zumindest mit einem Fragezeichen versehen. Insofern wachsen alleine aus dem Grunde, dass ein Anspruch nicht von der Restschuldbefreiung erfasst ist, auch für die Zeit nach Erteilung der Restschuldbefreiung für die betreffenden Gläubiger die Möglichkeiten, ihren Anspruch im Zuge einer Zwangsvollstreckung zu Geld zu machen, nicht in den Himmel. Nunmehr bietet dieser Beschluss des Bundesgerichtshofes neue und erweiterte Möglichkeiten der Gläubiger, ihren Anspruch durchzusetzen.

II.

Aus Schuldnersicht macht dieser Beschluss des Bundesgerichtshofes deutlich, dass sich Schuldner gegen Anmeldungen aus dem Rechtsgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung in ihrem Insolvenzverfahren zur Wehr setzen müssen, wenn dies Aussicht auf Erfolg hat, weil entgegen der Darstellung aus Gläubigersicht keine  vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung vorliegt.

Denn ansonsten sind sie auch für die Zeit nach der Erteilung der Restschuldbefreiung diesen Gläubigern ausgesetzt. Dies kann dazu führen, dass sie trotz erteilter Restschuldbefreiung aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen maximal den notwendigen Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch zur Verfügung haben.

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Carsten Lange

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Insolvenzrecht

Mediator/Wirtschaftsmediator (DAA)

Über den Autor

  • Carsten Lange

    Carsten Lange ist zugelassener Rechtsanwalt seit 1996 und Fachanwalt für Insolvenzrecht und für Steuerrecht, zudem ist er ausgebildeter Wirtschaftsmediator und Coach. Zum Anwaltsprofil