Es liegt der Ent­wurf eines Geset­zes zur Bekämp­fung von Kor­rup­ti­on im Gesund­heits­we­sen des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums der Jus­tiz und für Ver­brau­cher­schutz vor.

Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um ist der Mei­nung, dass »Kor­rup­ti­on im Gesund­heits­we­sen den Wett­be­werb beein­träch­tigt, medi­zi­ni­sche Leis­tun­gen ver­teu­ert und das Ver­trau­en von Pati­en­ten in die Inte­gri­tät heil­be­ruf­li­cher Ent­schei­dun­gen unter­gräbt«. Wegen der erheb­li­chen sozia­len und wirt­schaft­li­chen Bedeu­tung des Gesund­heits­we­sens sei kor­rup­ti­ven Prak­ti­ken in die­sem Bereich auch mit den Mit­teln des Straf­rechts ent­ge­gen­zu­tre­ten (so aus­drück­lich die Begrün­dung des Geset­zes­ent­wurfs).

Der Gesetz­ge­ber hat sich durch die Ent­schei­dung des Gro­ßen Senats des Bun­des­ge­richts­hofs vom 29.03.2012 ver­an­lasst gese­hen, einen Geset­zes­ent­wurf vor­zu­le­gen. Die­ser Geset­zes­ent­wurf soll die Kor­rup­ti­ons­straf­tat­be­stän­de erwei­tern, so dass auch nie­der­ge­las­se­ne Ärz­te straf­recht­lich wegen Bestechung belangt wer­den kön­nen. Nach der Ent­schei­dung des Gro­ßen Senats des Bun­des­ge­richts­hofs sind nie­der­ge­las­se­ne Ver­trags­ärz­te weder als Amts­trä­ger noch als Beauf­trag­te der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen zu betrach­ten, so dass eine Straf­bar­keit nach den der­zei­ti­gen Kor­rup­ti­ons­tat­be­stän­den des Straf­ge­setz­bu­ches aus­schei­det.

Vor­ge­se­hen ist die Neu­re­ge­lung des § 299a StGB, der einen Straf­tat­be­stand der Bestech­lich­keit und Bestechung im Gesund­heits­we­sen schafft. Der Straf­tat­be­stand schließt alle Heil­be­ru­fe ein, die für die Berufs­aus­übung oder das Füh­ren einer Berufs­be­zeich­nung eine staat­lich gere­gel­te Aus­bil­dung erfor­dern und gilt Sach­ver­hal­te inner­halb und auch außer­halb des Bereichs der gesetz­li­chen Kran­ken­ver­si­che­rung. Es wer­den fer­ner die gesetz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen geschaf­fen, in beson­ders schwe­ren Fäl­len einen ver­schärf­ten Straf­rah­men anzu­wen­den.

Geset­zes­ent­wurf

Nach dem Ent­wurf soll § 299a StGB wie folgt lau­ten:

(1) Wer als Ange­hö­ri­ger eines Heil­be­rufs, der für die Berufs­aus­übung oder die Füh­rung der Berufs­be­zeich­nung eine staat­lich gere­gel­te Aus­bil­dung erfor­dert, im Zusam­men­hang mit der Aus­übung sei­nes Berufs einen Vor­teil für sich oder einen Drit­ten als Gegen­leis­tung dafür for­dert, sich ver­spre­chen lässt oder annimmt, dass er bei dem Bezug, der Ver­ord­nung oder der Abga­be von Arznei‑, Heil- oder Hilfs­mit­teln oder von Medi­zin­pro­duk­ten oder bei der Zufüh­rung von Pati­en­ten oder Unter­su­chungs­ma­te­ri­al

(1.1) einen ande­ren im inlän­di­schen oder aus­län­di­schen Wett­be­werb in unlau­te­rer Wei­se bevor­zu­ge oder

(1.2) sons­ti­ger Wei­se sei­ne Berufs­aus­übungs­pflich­ten ver­let­ze,

wird mit Frei­heits­stra­fe bis zu drei Jah­ren oder mit Geld­stra­fe bestraft.

(2) Eben­so wird bestraft, wer einem Ange­hö­ri­gen eines Heil­be­rufs im Sin­ne des Abs. 1 im Zusam­men­hang mit des­sen Berufs­aus­übung einen Vor­teil für die­sen oder einen Drit­ten als Gegen­leis­tung dafür anbie­tet, ver­spricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug, der Ver­ord­nung oder der Abga­be von Arznei‑, Heil- oder Hilfs­mit­teln oder von Medi­zin­pro­duk­ten oder bei der Zufüh­rung von Pati­en­ten oder Unter­su­chungs­ma­te­ri­al

(2.1) ihn oder einen ande­ren im inlän­di­schen oder aus­län­di­schen Wett­be­werb in unlau­te­rer Wei­se bevor­zu­ge oder

(2.2) in sons­ti­ger Wei­se Berufs­aus­übungs­pflich­ten ver­let­ze.

 

§ 300 StGB wird dahin­ge­hend erwei­tert, dass in einem beson­ders schwe­ren Fall auch die Ver­hän­gung einer Frei­heits­stra­fe von drei Mona­ten bis zu fünf Jah­ren ver­hängt wer­den kann.

Fer­ner wird gesetz­ge­be­risch die Mög­lich­keit geschaf­fen, wirt­schaft­li­che Vor­tei­le, die aus der straf­ba­ren Hand­lung erzielt wur­den, ein­zu­zie­hen. Bei­spiels­wei­se wer­den Bestechungs­gel­der, die sei­tens des Arz­tes ver­ein­nahmt wur­den, ein­ge­zo­gen.

Eine Straf­ver­fol­gung soll nur auf Antrag erfol­gen, sofern nicht die Staats­an­walt­schaft wegen einem beson­de­ren öffent­li­chen Inter­es­se an der Straf­ver­fol­gung ein Ein­schrei­ten auch ohne Antrag für gebo­ten hält.

Der neue Straf­tat­be­stand des § 299a StGB ver­folgt meh­re­re Zie­le. Es soll der fai­re Wett­be­werb im Gesund­heits­we­sen gesi­chert wer­den und damit der gro­ßen Mehr­heit der im Gesund­heits­we­sen täti­gen Ärz­te, Apo­the­ker und sons­ti­gen Berufs­trä­gern im Gesund­heits­we­sen zugu­te­kom­men. Das Ver­trau­en der Pati­en­ten in die Inte­gri­tät heil­be­ruf­li­cher Ent­schei­dun­gen soll geschützt wer­den. Mit­tel­bar wird der Straf­tat­be­stand der Bestech­lich­keit im Gesund­heits­we­sen auch die Ver­mö­gens­in­ter­es­sen der Wett­be­wer­ber im Gesund­heits­we­sen, der Pati­en­ten und der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen schüt­zen.

Dem Arzt und Apo­the­ker kommt im Gesund­heits­we­sen eine Schlüs­sel­rol­le zu. Grund hier­für ist die Ver­schrei­bungs­pflicht und Apo­the­ken­pflicht für Arz­nei­mit­tel. Damit ist die phar­ma­zeu­ti­sche Indus­trie für den Absatz der ent­wi­ckel­ten Medi­ka­men­te auf die Ver­ord­nungs­ent­schei­dung des behan­deln­den Arz­tes und die Aus­wahl des Prä­pa­ra­tes durch den Apo­the­ker ange­wie­sen. Indes sind auch nicht­ärzt­li­che Beru­fe im Gesund­heits­markt, wie bei­spiels­wei­se Phy­sio­the­ra­peu­ten oder Her­stel­ler von Medi­zin­pro­duk­ten, davon abhän­gig, dass Ärz­te die von ihnen ange­bo­te­nen Leis­tun­gen oder Pro­duk­te ver­ord­nen.

So nennt der Geset­zes­ent­wurf aus­drück­lich die Bei­spiels­fäl­le von Prä­mi­en­zah­lun­gen von Phar­ma-Unter­neh­men an Ärz­te, Zuwen­dun­gen für die Über­wei­sung von Pati­en­ten an bestimm­te Kli­ni­ken oder Wei­ter­lei­tung von Unter­su­chungs­ma­te­ria­li­en an bestimm­te Labo­re sowie Ein­fluss­nah­men auf Apo­the­ker als mög­li­che Anwen­dungs­fäl­le des neu zu schaf­fen­den Straf­tat­be­stands.

Wer ist betrof­fen?

Adres­sa­ten des neu­en Straf­tat­be­stan­des sind Ärz­te, Zahn­ärz­te, Tier­ärz­te, Psy­cho­lo­gen, Psy­cho­the­ra­peu­ten und Apo­the­ker. Fer­ner sind in der Geset­zes­be­grün­dung »Gesund­heits­fach­be­ru­fe« wie bei­spiels­wei­se der Kran­ken­pfle­ger, Ergo­the­ra­peu­ten, Logo­pä­den und Phy­sio­the­ra­peu­ten genannt. Nicht aus­drück­lich erwähnt sind die »Gesund­heits­hand­wer­ker« wie der Hör­ge­rä­te­akus­ti­ker oder der ortho­pä­di­sche Schuh­ma­cher. Hier­aus indes den Rück­schluss zu zie­hen, dass die­se Berufs­grup­pen von der straf­recht­li­chen Rege­lung nicht erfasst sind, wäre der­zeit noch zu früh.

Gering­fü­gi­ge und all­ge­mein übli­che Wer­be­ge­schen­ke oder klei­ne­re Prä­sen­te von Pati­en­ten sind von der gesetz­li­chen Rege­lung nicht erfasst, da die objek­ti­ve Eig­nung zur Beein­flus­sung heil­be­ruf­li­che Ent­schei­dung bei klei­nen Zuwen­dun­gen feh­len dürf­te. Die Wein­fla­sche des Pati­en­ten als Weih­nachts­prä­sent wird nicht dazu füh­ren, dass heil­be­ruf­li­che Ent­schei­dun­gen beein­flusst wer­den. Wie aller­dings bereits bei den berufs­recht­li­chen Rege­lun­gen, so kön­nen jedoch Ein­la­dun­gen zu Kon­gres­sen, die Über­nah­me von Fort­bil­dungs­kos­ten oder Kos­ten von Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen eine straf­recht­lich rele­van­te Vor­teils­ge­wäh­rung dar­stel­len. Glei­ches gilt für die Ein­räu­mung von Ver­mö­gens- oder Gewinn­be­tei­li­gun­gen als Gegen­leis­tung für die Über­wei­sung von Pati­en­ten oder die Über­las­sung von Unter­su­chungs­ma­te­ri­al.

Bemer­kens­wert ist, dass nach der Geset­zes­be­grün­dung selbst die Teil­nah­me an einer ver­gü­te­ten Anwen­dungs­be­ob­ach­tung ein straf­recht­lich rele­van­ter Vor­teil sein kann. Dies soll auch dann gel­ten, wenn das dabei gezahl­te Ent­gelt durch­aus ange­mes­sen den mit der Anwen­dungs­be­ob­ach­tung ver­bun­de­nen Auf­wand des Arz­tes ver­gü­tet. Einer der­art weit­rei­chen­den Auf­fas­sung eines Kor­rup­ti­ons­tat­be­stan­des soll­te man indes kri­tisch gegen­über­ste­hen. Inso­weit bleibt abzu­war­ten, wie sich die Recht­spre­chung dazu posi­tio­nie­ren wird. Auch die Geset­zes­be­grün­dung schränkt inso­weit ein, dass die blo­ße Teil­nah­me an einer ver­gü­te­ten Anwen­dungs­be­ob­ach­tung für den Arzt nicht straf­bar ist. Ledig­lich dann, wenn nach­ge­wie­sen wird, dass die Teil­nah­me an der Anwen­dungs­be­ob­ach­tung und die dabei gezahl­te Ver­gü­tung ledig­lich ein Bau­stein einer wei­ter­rei­chen­den Ver­ein­ba­rung der Betei­lig­ten ist, die zum Ziel hat, das Ver­ord­nungs­ver­hal­ten eines Arz­tes zu beein­flus­sen, soll man zu einer Straf­bar­keit gelan­gen.

Straf­ba­re Betei­li­gung

Ver­schie­dent­lich sind Ärz­te an einem Unter­neh­men im Gesund­heits­we­sen betei­ligt. Dies kann der Ortho­pä­de sein, der an der »Phy­sio­the­ra­pie-GmbH« betei­ligt ist oder auch der Zahn­arzt, der an dem von der Ehe­frau geführ­ten Den­tal­la­bor betei­ligt ist. Führt nun die Über­wei­sung von Pati­en­ten zu die­sem bewuss­ten Phy­sio­the­ra­peu­ten oder zur Anfer­ti­gung von Zahn­ersatz bei just die­sem Den­tal­la­bor, so kann dar­in nach der Geset­zes­be­grün­dung durch­aus ein straf­recht­lich rele­van­tes Ver­hal­ten gese­hen wer­den. So soll eine unzu­läs­si­ge und damit straf­ba­re Ver­knüp­fung zwi­schen Unter­neh­mens­be­tei­li­gung und medi­zi­ni­schen Ent­schei­dun­gen dann vor­lie­gen, wenn ein (Zahn-) Arzt einem Unter­neh­men, an dem er selbst betei­ligt ist, einen Pati­en­ten zuführt und er für die Zufüh­rung des Pati­en­ten wirt­schaft­li­che Vor­tei­le, etwa im Sin­ne einer Gewinn­be­tei­li­gung oder Gewinn­aus­schüt­tung erhält.

Straf­bar wird eine sol­che Kon­struk­ti­on jeden­falls dann sein, wenn die Gewinn­be­tei­li­gung des (Zahn-) Arz­tes unmit­tel­bar von der Zahl der Zuwei­sun­gen oder dem dadurch erziel­ten Umsatz abhän­gig ist. Aber auch in den Fäl­len, in denen nur eine mit­tel­ba­re Betei­li­gung am Erfolg des Unter­neh­mens besteht, bei­spiels­wei­se über eine all­ge­mei­ne Gewinn­aus­schüt­tung als Gesell­schaf­ter, kann eine Straf­bar­keit in Betracht kom­men. So soll es für die Zuläs­sig­keit der Betei­li­gung an einer ent­spre­chen­den »Phy­sio­the­ra­pie-Gesell­schaft« oder einem Den­tal­la­bor dar­auf ankom­men, ob der (Zahn-) Arzt durch sein Zuwei­sungs­ver­hal­ten spür­ba­ren Ein­fluss auf den wirt­schaft­li­chen Erfolg des Unter­neh­mens aus­üben kann.

Dies dürf­te jeden­falls dann anzu­neh­men sein, wenn der betref­fen­de (Zahn-) Arzt der »bes­te Kun­de« des Unter­neh­mens ist und dane­ben kein nen­nens­wer­tes wei­te­res Geschäft betrie­ben wird.

Ver­trä­ge prü­fen

Der neu zu schaf­fen­de § 299a StGB wird ein »abs­trak­tes Gefähr­dungs­de­likt« sein. Dies bedeu­tet, dass es nicht dar­auf ankom­men wird, ob sich die beab­sich­tig­te Bevor­zu­gung tat­säch­lich rea­li­siert hat, ob der Vor­teil tat­säch­lich zur Beein­flus­sung heil­be­ruf­li­cher Ent­schei­dun­gen geführt hat. Es wird genü­gen, dass objek­tiv betrach­tet die Gefahr einer sol­chen Beein­flus­sung ent­stan­den ist.

Eine ent­spre­chen­de straf­recht­li­che Rege­lung wird aller Vor­aus­sicht nach noch in der lau­fen­den Legis­la­tur­pe­ri­ode ver­ab­schie­det und in das Gesetz­buch auf­ge­nom­men wer­den. Dies soll­te Anlass für die Leis­tungs­er­brin­ger sein, die ent­spre­chen­de Ver­trä­ge abge­schlos­sen haben, die­se Ver­trä­ge und Kon­struk­tio­nen kri­tisch zu hin­ter­fra­gen und gege­be­nen­falls zu been­den oder zumin­dest zu ver­än­dern.


Tho­mas Oede­ko­ven,
Rechts­an­walt
Wirt­schafts­me­dia­tor
Fach­an­walt für Medi­zin­recht

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