Steuerrechtliche Haftung eines Geschäftsführers auch bei Insolvenzantrag

Die Folge eines Insolvenzantrages ist bei fortbestehendem Geschäftsbetrieb in der Regel die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht. In der Vielzahl der Fälle wird angeordnet, dass Verfügungen der Schuldnerin (der GmbH) über Gegenstände ihres Vermögens nur noch mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam seien (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. InsO).

Rechtlich und faktisch bedeutet dies: Wenn der vorläufige Insolvenzverwalter nicht seine nach dieser Vorschrift erforderliche Zustimmung (im Voraus oder nachträglich) gibt, kann es auch keine Zahlung an einen Gläubiger der Insolvenzschuldnerin (GmbH) geben. Welche Folgen hat diese Situation für die Haftung des Geschäftsführers für Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihm auferlegten Pflichten?

Der Bundesfinanzhof hatte in einem Urteil vom 26.09.2017 (Az. VII R 40/16) über den Sachverhalt zu entscheiden, wonach am 3. März eines Jahres ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden war. Durch Einfuhren der GmbH im Februar des betr. Jahres war eine Einfuhrumsatzsteuer begründet worden, die am 16.03.2011 (und damit nach der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters) fällig wurde.

Die sich im Insolvenzeröffnungsverfahren befindliche GmbH zahlte diese Steuerverbindlichkeit nicht und die Finanzbehörde nahm den Geschäftsführer durch Haftungsbescheid in Anspruch. Der Geschäftsführer wandte unter anderem ein, dass er an der Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten durch die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt gehindert gewesen sei. Diese Rechtsansicht verneint der Bundesfinanzhof unter Hinweis auf die diesbezüglich bereits ergangene Rechtsprechung. Dann verbleibe die Vertretungs-und Verwaltungsbefugnis auch in dieser Situation beim gesetzlichen Vertreter der GmbH.

Man könne allenfalls darüber nachdenken, ob ein Verschulden des GmbH-Geschäftsführers im Sinne des § 69 S. 1 AO zu verneinen ist

„Wenn er trotz fortbestehender Verfügungsbefugnis und vorhandener finanzieller Mittel die Begleichung der Steuerschuld in einem Fall unterlässt, in dem der vorläufige Insolvenzverwalter die erbetene Einwilligung hierzu versagt und deutlich zu erkennen gibt, eine getroffene Verfügung auch nicht genehmigen zu wollen.“

Zu diesem möglichen Einwand fehlenden Verschuldens führt der BFH zu dem von ihm in dem vorerwähnten Urteil zu entscheidenden Sachverhalt aus, dass der Geschäftsführer gar nichts zur Zahlung der Steuerschuld am Fälligkeitstage unternommen habe. Infolgedessen sei sein Verhalten als schuldhaft zu bewerten und bestehe infolgedessen seine Haftung für die Steuerschuld trotz des vor Fälligkeit dieser Steuerverbindlichkeiten angeordneten Zustimmungsvorbehaltes.

Welche Schlussfolgerungen sind aus dieser Urteilsbegründung zu ziehen?

Es ist jedem Geschäftsführer einer GmbH anzuraten, den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ausdrücklich und nachweisbar aufzufordern, seine Zustimmung zu der Begleichung von konkret zu benennenden Steuerverpflichtungen aufzufordern. Der Wortlaut des Bundesfinanzhofes in seinem vorerwähnten Urteil lautet hierzu wie folgt (Rz. 18):

„…weshalb es dem Kläger (Anm.: Geschäftsführer) oblegen hätte, dem Finanzgericht substantiiert darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, welche Schritte er zur Zahlung der Steuer am Fälligkeitstag eingeleitet hatte, deren Weiterverfolgung sich jedoch wegen der Haltung der vorläufigen Insolvenzverwaltung als sinnlos darstellte.“

Diese Aktivitäten des Geschäftsführers müssen also für den Fall, dass er von der Finanzbehörde haftbar gemacht wird, vorgetragen werden – und müssen daher zuvor ausgeführt worden sein. Dabei ist schadensmindernd für den Geschäftsführer zu berücksichtigen, dass auf die Insolvenzgeldzahlungen keine Lohnsteuer anfällt und im Zuge der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes aus der Umsatzsteuerschuld eine Ist-Versteuerung geworden ist, die aus der zukünftigen Insolvenzmasse zu erfüllen ist, wenn der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt so genannte Altforderungen eingezogen oder neue Ansprüche gegenüber Debitoren begründet hat. Aber daneben verbleiben eben weitere nicht aus der Welt zu schaffende und nicht beglichene Steuerverbindlichkeiten – wie im vorliegenden Fall die Einfuhrumsatzsteuer.

Aktive Maßnahmen zur Begleichung der Steuerschulden der GmbH auch nach gestellten Insolvenzantrag und durch das Insolvenzgericht ausgesprochene Sicherungsmaßnahmen sind also eine zukünftige Aufgabe der GmbH-Geschäftsführer, die sie im Hinterkopf behalten müssen – um sie bei Bedarf auszuführen.

Wenn Sie zu dieser Thematik weitere Fragen haben, melden Sie sich gerne bei mir unter lange@daniel-hagelskamp.de oder telefonisch über meine Mitarbeiterin, Frau Kalem, unter der Telefonnummer 0241 94621 138.

Carsten Lange
Fachanwalt für Insolvenzrecht
Mediator/Wirtschaftsmediator (DAA)
Coach