Die Sparkasse Zwickau hat in einem Streit um die Kündigung von Prämiensparverträgen eine Niederlage erlitten. Das Oberlandesgericht Dresden hielt die Sparkasse an der in den Verträgen vereinbarten Laufzeit von 99 Jahren fest und bezog sich dabei auf den Wortlaut der Verträge.

Die beklagte Sparkasse Zwickau hatte 1994 und 1996 drei unbefristete Prämiensparverträge abgeschlossen. Die Klägerin ist Erbin der früheren Kunden. 2015 wurden alle drei Verträge auf sie umgeschrieben. Neben einer variablen Verzinsung sehen diese Verträge eine anfänglich wachsende, dem Sparer gutzuschreibende jährliche Prämie vor, die nach 15 Jahren die Hälfte des in dem jeweiligen Jahr vertragsgemäß gezahlten Sparbeitrags erreicht und fortan nicht mehr weiter wächst. In den umgeschriebenen Verträgen heißt es unter Ziffer 4: „Der Vertrag wird mit einer Laufzeit von 1.188 Monaten abgeschlossen.“ In Ziffer 3.2 heißt es, die in der Anlage aufgeführte Prämienstaffel sei für die gesamte Laufzeit des Vertrages fest vereinbart. Die Prämienstaffel listet die Prämie für einen Zeitraum von 99 Jahren auf, wobei jedes Jahr einzeln aufgeführt wird. Die Angabe von 1.188 Monaten war in den drei Vertragsurkunden durch die Beklagte vorgegeben, die ausführt, dies beruhe darauf, dass das verwendete EDV-System auch für unbefristete Verträge die Eingabe einer bestimmten Zahl von Monaten verlangte.

Die beklagte Sparkasse hatte die drei Verträge im Jahr 2017 gekündigt, was die Klägerin für unwirksam hielt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, da in den umgeschriebenen Verträgen keine Laufzeit, sondern nur eine Höchstfrist vereinbart worden sei, die einer früheren Kündigung durch die Beklagte nicht entgegenstehe. Das OLG Dresden hat das Urteil des LG Zwickau abgeändert und der Klage stattgegeben. In den umgeschriebenen Verträgen sei eine Laufzeit – und nicht nur eine Höchstfrist – von 1.188 Monaten (99 Jahren) vereinbart worden. Das folge aus dem Wortlaut der Verträge, die sowohl unter Ziffer 4 als auch unter Ziffer 3 von einer Laufzeit sprächen. Die Prämienstaffel, die die 99 Jahre ausweise, korrespondiere hiermit. Die Verträge sprächen damit an mehreren Stellen einheitlich von einer Laufzeit von 1.188 Monaten.

Die beklagte Sparkasse müsse sich an dieser durch sie selbst vorformulierten Laufzeit festhalten lassen, so das OLG weiter. Unter Berücksichtigung des Wortlauts der Ziffer 4 und der Tatsache, dass sich diese 99 Jahre auch in der Prämienstaffel wiederfinden, sei die Auslegung, eine solche Laufzeit sei mit der Klausel gemeint, nicht völlig fernliegend. Dass die beklagte Sparkasse und die Klägerin übereinstimmend etwas anderes als das, was beiderseits unterschrieben worden sei, gewollt hätten, sei nicht feststellbar. Der Sparkasse habe es freigestanden, in diese Spalte keinen bestimmten Wert einzutragen oder einen solchen jedenfalls im ausgedruckten Exemplar zu streichen. Damit scheide eine ordentliche Kündigung gemäß Nr. 26 Abs. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkassen aus. Ein wichtiger Grund für die Kündigung liege ebenfalls nicht vor.
In einem weiteren Verfahren vor dem OLG Dresden (Az.: 8 U 538/19), dem ein Prämiensparvertrag zugrunde liegt, bei dem die Prämienstaffel und die Laufzeitangabe nicht übereinstimmen, bleibt die Entscheidung abzuwarten.

Bianca Janßen, Rechtsanwältin

Über den Autor

  • Bianca M. Janßen

    Bianca M. Janßen ist seit 2005 als Rechtsanwältin zugelassen. Zudem ist sie Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Miet- und Wohneigentumsrecht. Anwaltsprofil