Die Bundesregierung hat am 10.10.2022 der Bundestagspräsidentin ihren Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) zur Beschlussfassung im Bundestag zugeleitet (BT Drucksache 20/3879). Die erste Lesung ist bereits am 14.10.2022 im Plenum durchgeführt und der Entwurf im Anschluss an den Finanzausschuss des Bundestages zur weiteren Beratung überwiesen worden.

Dieses sogenannte Omnibus-Gesetz (Gesetz zur Herbeiführung von Änderungen in verschiedenen Einzelgesetzen – hier im Bereich des Steuerrechts) hat es insbesondere für den Bereich des Schenkens oder Vererbens von Immobilienvermögen in sich, denn es ordnet an, dass die Grundlagen und Vorschriften der Bewertung von bebauten Immobilien den Bewertungsmaßstäben der geänderten Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) vom 14.07.2021 (BGBl. I S. 2805) angepasst werden. Dies soll ausweislich des Entwurfes von jeder Art von bebauter Immobilie gelten, gleich ob sie im Privatvermögen oder in einem Betriebsvermögen gehalten wird.

In den Artikeln 12 und 13 des JStG 2022 sehen die Entwurfsverfasser Änderungen zu den beiden Bewertungsmethoden „Ertragswertverfahren“ und „Sachwertverfahren“ vor, die nach den ersten Hochrechnungen von Fachverbänden zu Erhöhungen der für das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) relevanten Grundbesitzwerten zwischen 20% und 50% führen werden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Beschluss vom 07.11.2006 (Az. 1 BvL 10/02, BStBl. 2007 II S. 195) eine Änderung der Wertermittlungsvorschriften von Immobilien für Zwecke der Besteuerung nach dem ErbStG gefordert und faktisch ein Petitum der Bewertung nach Zeitwerten formuliert. Der Gesetzgeber ist dem mit der Etablierung der aktuell gültigen Normen durch das Erbschaftsteuerreformgesetz 2008 gefolgt.

Da die Immobilienwerte in den vergangenen Jahren eine rasante Entwicklung genommen haben, hatte der Gesetzgeber in 2021 bereits die für den Immobilienmarkt relevante ImmoWertV am 14.07.2021 den Veränderungen angepasst. In § 199 BauGB ist die Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der ImmoWertV enthalten. Mit ihr arbeiten die regionalen Gutachterausschüsse (§§ 192ff BauGB). Die Adaption dieser Anpassungen in den entsprechenden steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften kommt daher grundsätzlich nicht überraschend. Überraschend ist aber der Zeitpunkt, da dies politisch bisher nicht angekündigt war.

Das JStG 2022 soll bereits am 01.01.2023 in Kraft treten, so dass insbesondere für die Bürger Eile geboten ist, die ohnehin Gedanken zur Übertragung von Immobilienvermögen im Wege der vorweggenommenen Erbschaft / Schenkung haben, und die die Übertragung in 2022 vorziehen können, um die noch geltenden günstigeren Bewertungen auszunutzen.

Aber auch die Steuerplanungen für nach 2022 vorzunehmenden Übertragungen oder für Erbschaften gilt es auf die neuen Gegebenheiten anzupassen. Da das ErbStG inhaltlich nicht geändert werden soll (die zu ändernden Normen befinden sich alle im Bewertungsgesetz (BewG)), gelten die bisherigen Möglichkeiten zur gestaltenden Vermeidung bzw. Belastungssenkung weiterhin fort. Es wird nur mit höheren Einzelwerten der Immobilien gerechnet werden müssen. Gerne beraten wir als Fachanwälte für Steuerrecht bzw. Steuerberater Sie jederzeit über die aktuell vorhandenen Möglichkeiten zur Steuervermeidung oder Belastungssenkung.

Die aktuell laufenden Neufeststellungen der Immobilienwerte für Zwecke der Grundsteuerfestsetzungen aufgrund der Änderungen des Grundsteuergesetzes sowie der Bewertungsvorschriften hierzu (§§ 218ff BewG) verdeutlichen jedem, der bereits seine Erklärungspflichten zur Grundsteuer erfüllt und bereits geänderte Wertfeststellungsbescheide zu seinen Immobilien erhalten hat, von welchen überraschenden Größenordnungen zukünftig ausgegangen werden muss.

TIPP DAZU

Halten Sie die Feststellungsbescheide zur Bewertung ihrer Immobilien für Zwecke der Grundsteuer so lange wie möglich durch Einspruch offen. Die darauf aufbauenden Grundsteuerbescheide der Kommunen werden Sie erst in 2025/2026 erhalten. Für viele Menschen werden die Neufestsetzungen die nächste persönliche Abgabenerhöhung darstellen. Nur wenn sie die aktuellen Wertfeststellungsbescheide auf Bewertungsfehler überprüfen lassen, können sie die daraus resultierenden Fehler korrigieren. Einsprüche nur gegen den Grundsteuerbescheid in 2025/2026 werden nicht helfen können, da der Grundsteuerbescheid lediglich Folgebescheid zum Wertfeststellungsbescheid ist. In diesen Konstellationen muss der Einspruch gegen den Grundlagenbescheid in Form des Wertfeststellungsbescheides geführt werden.

Der Gesetzgeber hat seine Hausaufgaben gemacht. Auch die Gutachterausschüsse haben Ihren Teil bereits dazu beigetragen, in dem sie in vielen Bewertungsregionen bereits die Bodenrichtwerte erheblich, teilweise zwischen 80% und 120% höher festgesetzt und damit baureifes Land im Wert quasi verdoppelt haben. Dies wird bereits in der Neubewertung für die Grundsteuer deutlich zu spüren zu sein. Es ist müßig darauf zu verweisen, dass Finanzverwaltung und Gutachterausschüsse zu diesem Thema gemeinsame Arbeitsgruppentreffen abgehalten haben. Günstig für die Verwaltung ist es auf jeden Fall. Der Bürger sollte in diesem Punkt ebenfalls seine Interessen schützen.

Über den Autor

  • Christoph Schmitz-Schunken

    Christoph Schmitz-Schunken ist zugelassener Rechtsanwalt seit 2005, Steuerberater, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht, Fachanwalt für Steuerrecht, zert. Berater Steuerstrafrecht (DAA) und Mitglied im Vorstand der Rechtsanwaltskammer Köln. Zum Anwaltsprofil