In Belgien gibt es zahlreiche gesetzliche Bestimmungen, die den Käufer bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens schützen sollen. Dieser Ratgeber soll Ihnen einen Überblick über Ihre Rechte und Pflichten bei einem Gebrauchtwagenkauf verschaffen und erklärt Ihnen, wie Sie diese Rechte nutzen können, um einen sicheren und zufriedenstellenden Kauf in Belgien zu tätigen.
Anwendbares Recht und gesetzliche Bestimmungen
Wenn im Kaufvertragsinhalt keine Regelungen zum anwendbaren Recht enthalten sind, ist in den meisten Fällen bei einem Gebrauchtwagenkauf in Belgien das belgische Recht anwendbar.
Bei einem Gebrauchtwagenkauf zwischen zwei Verbrauchern (C2C) gelten die Bestimmungen von Artikel 1604 bis 1649 des alten Zivilgesetzbuchs.
Bei einer B2C-Geschäftsbeziehung hat der belgische Gesetzgeber strengere Bestimmungen vorgesehen, die den Verbraucher als schwache Partei schützen sollen. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Artikel 1649bis bis 1649nonies des alten Zivilgesetzbuchs, das Buch VI des Wirtschaftsgesetzbuchs und den Königlichen Erlass vom 5. April 2019.
Verpflichtungen des Verkäufers gegenüber dem Käufer bei einem C2C-Gebrauchtwagenkauf
Zunächst ist der Verkäufer verpflichtet, den Gebrauchtwagen mitsamt Zubehör, der Fahrzeugpapiere usw. zu liefern.
Neben der Lieferpflicht obliegt dem Verkäufer ebenfalls die Pflicht, den Gebrauchtwagen sowohl frei von sichtbaren als auch von verborgenen Mängeln zu liefern.
Sichtbare Mängel sind solche, die bei einer sorgfältigen, aber normalen Untersuchung des Wagens unmittelbar nach der Lieferung festgestellt werden können. Als Käufer sollten Sie also immer den Gebrauchtwagen sorgfältig nach sichtbaren Mängeln untersuchen. Sollten solche Mängel dabei festgestellt werden, so haben Sie das Recht, entweder die Erfüllung des Vertrages in natura zu fordern oder den Kauf aufzulösen. In beiden Fällen haben Sie außerdem die Möglichkeit, Schadenersatz zu fordern, insofern der gelieferte Wagen nicht dem Vertrag entspricht und dadurch ein Schaden für Sie entstanden ist.
Verborgene Mängel sind Mängel, die den Wagen für den vorgesehenen Gebrauch ungeeignet machen oder diesen Gebrauch so stark beeinträchtigen, dass der Käufer diesen nicht erworben oder einen geringeren Preis dafür gezahlt hätte, wenn er sie gekannt hätte. Diese Mängel können nicht bei der Untersuchung des Wagens festgestellt werden und offenbaren sich erst bei seinem Gebrauch.
Hierbei liegt die Bewertung der Schwere des Mangels, unter Berücksichtigung der üblichen sowie der vertraglichen Zweckbestimmung des Wagens und der Folgen des Vorhandenseins des Mangels, im Ermessen des Richters.
Das belgische Zivilgesetzbuch sieht vor, dass der Käufer innerhalb einer kurzen Frist gegen den Verkäufer vorgehen muss. Als Beginn der Frist gilt in der Regel der Zeitpunkt, an dem der verborgene Mangel festgestellt wird. Die Dauer dieser Frist ist nicht gesetzlich festgelegt und wird, unter Berücksichtigung der Umstände des Falles, der Stellung der Parteien und der von ihnen vorgenommenen gerichtlichen und außergerichtlichen Handlungen, von Fall zu Fall beurteilt. Eine Klage außerhalb dieser Frist kann als unzulässig abgewiesen werden.
Bei der Feststellung verborgener Mängel können Sie beispielsweise die Rückabwicklung des Kaufs oder eine Minderung des Kaufpreises verlangen. Zusätzlich haben Sie Anrecht auf Schadensersatz, insofern der Verkäufer in bösem Glauben gehandelt hat. Die Beweislast fällt hier auf den Käufer. Wird keine gütliche Einigung erzielt, kann ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden.
Schließlich sei angeraten, den Kaufvertrag auf Klauseln zu überprüfen, die die vorgenannten Garantien ausschließen oder deren Bedingungen anpassen bzw. abändern, indem z. B. die vorgenannte Frist, in der gegen den Verkäufer vorzugehen ist, festgelegt wird.
Zusätzlicher Schutz bei einer B2C-Geschäftsbeziehung
Neben den vorgenannten Liefer- und Garantieverpflichtungen bietet der Verbraucherschutz dem Käufer u.a. folgende Schutzmechanismen:
- Um dem Käufer die Beweislast zu erleichtern, sieht die Rechtsprechung eine (widerlegbare) Vermutung zu Lasten des Fachverkäufers vor, dass dieser von versteckten Mängeln weiß.
- Bei Gebrauchtwagenverkäufen liegt die gesetzliche Garantie bei 2 Jahren, dessen Dauer explizit im Kaufvertrag erwähnt werden muss. Es kann jedoch auch ein kürzerer Zeitraum vereinbart werden, der allerdings nicht weniger als 1 Jahr betragen darf. In keinem Fall darf der Kaufvertrag diese Garantie abschaffen.
- Das Gesetz legt u.a. die Mindestangaben, die der Kaufvertrag enthalten soll, fest (darunter die Beschreibung des Zustands des Fahrzeugs, seiner Ersatzteile und Komponenten) und gibt vor, dass der Vertrag dem Käufer die gesetzlichen Garantien erklärt.
- Innerhalb der Garantie hat der Verbraucher Anrecht auf eine kostenlose Reparatur oder auf Ersatz des Wagens. Unter gewissen Umständen oder sollte sich dies als nicht möglich/angemessen erweisen, steht Ihnen ebenfalls eine Preisreduktion oder die Auflösung des Kaufvertrags zu.
Schadensfeststellung
Ein wichtiger Punkt im Streitfall ist die Feststellung von Mängeln und die Schadensbewertung, die oft Gegenstand von Anfechtungen und Diskussionen zwischen den Parteien ist.
In Deutschland ist es üblich, von Anfang an ein Gutachten erstellen zu lassen.
Wir weisen jedoch darauf hin, dass in Belgien die Kosten für ein einseitiges Sachverständigengutachten nicht dem Verkäufer auferlegt werden und der Käufer diese demnach selber tragen muss. Ein einseitiges Gutachten wird außerdem meist angefochten und kann daher dem Verkäufer nicht entgegengehalten werden.
Um zu vermeiden, dass Sie unnötige Kosten verursachen und am Ende mit einem nicht einklagbaren Gutachten dastehen, ist es daher immer besser, zunächst einen einfachen Kostenvoranschlag für die Reparaturkosten erstellen zu lassen. Es ist dann immer noch möglich, dass der Verkäufer den Zustand des Fahrzeugs selbst begutachtet, dass Sie sich auf ein gütliches Gutachten einigen oder dass andernfalls ein gerichtlicher Sachverständiger beauftragt wird.
Sind Sie unsicher vor Vertragsabschluss oder treten bei Ihrem Gebrauchtwagen Mängel auf?
Ein Anwalt kann Ihnen im Rahmen Ihres Kaufs eines Gebrauchtwagens in Belgien sowohl im Vorfeld bei Vertragsabschluss als auch spätestens im Nachhinein, wenn Probleme auftreten sollten, zur Seite stehen.
Sie haben Fragen zum Kauf eines Gebrauchtwagens in Belgien? Sprechen Sie uns an!
Sollten Sie im Hinblick auf diese vorstehende Ausführungen Fragen haben, melden Sie sich gerne bei unserer Rechtsanwältin Frau Sina Bader über unsere Mitarbeiterin Frau Bur per E‑Mail bur@dhk-law.com oder unter der Telefonnummer 0241/94621128.