Im letzten Jahr, am 09.01.2016, trat die Verpflichtung für Online-Händler in Kraft, auf die von der Europäischen Kommission geschaffene Online-Plattform zur Streitbeilegung (kurz: „OS-Plattform“) zu verweisen und auf Ihrer Webseite einen entsprechenden Link platzieren. Diese Verpflichtung beruht auf der Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten („ODR-Verordnung“), die in den Mitgliedstaaten direkt gilt. Seit diesem Stichtag müssen daher alle Unternehmer mit Sitz in der EU, die (auch) an Verbraucher Waren oder Dienstleistungen über eine Webseite oder sonst auf elektronischem Weg (z. B. per E-Mail) verkaufen, durch einen Link auf die OS-Plattform „leicht zugänglich“ über diese informieren und sind zudem verpflichtet, eine E-Mail-Adresse anzugeben. Wie wir Ihnen damals empfohlen haben, ist der entsprechende Link in das Impressum aufzunehmen, das sowieso eine E-Mail-Adresse enthält. Der Hinweis im Impressum kann etwa lauten:

„Die EU-Kommission hat eine Internetseite zur Online-Streitbeilegung zwischen Unternehmern und Verbrauchern (OS-Plattform) eingerichtet, die Sie unter http://ec.europa.eu/consumers/odr/ erreichen.“

oder ganz kurz

„Plattform der EU zur außergerichtlichen Streitbeilegung: http://ec.europa.eu/consumers/odr/

Wer dieser Informationspflicht nicht nachkommt, riskiert eine kostenpflichtige Abmahnung durch Wettbewerber, Wettbewerbsvereine oder Verbraucherzentralen.

Neue Informationspflicht zum 1. Februar 2017

Zum 01.02.2017 tritt nun eine neue Informationspflicht in Kraft, die allerdings nicht nur Online-Händler betrifft, sondern alle Unternehmer, die eine Webseite unterhalten und/oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) verwenden, und Verträge (auch) mit Verbrauchern schließen:

Die Informationspflichten gemäß §§ 36, 37 Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)

Hintergrund

Das VSBG setzt in Deutschland die Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ADR-Richtlinie) um. Mit den zwei Regelwerken ODR-Verordnung und ADR-Richtlinie möchte die EU eine Art paralleles Justizsystem zur außergerichtlichen Streitbeilegung schaffen. Durch die Einrichtung von Schlichtungsstellen, die bei Problemen einfach und schnell helfen, soll das Vertrauen der Verbraucher gerade bei grenzüberschreitenden Käufen gestärkt werden. Dabei ist die Teilnahme an einem solchen Streitschlichtungsverfahren grundsätzlich freiwillig. Unternehmer und Verbraucher müssen sich auf eine Schlichtungsstelle einigen, die jeweils ihre eigene Verfahrensordnung hat, wobei das VSBG viele Rahmenbedingungen vorschreibt.

Die Kosten eines solchen Schlichtungsverfahren trägt stets der Unternehmer. Der Einigungsvorschlag der Schlichtungsstelle ist nicht bindend. Die Parteien können das Verfahren jederzeit abbrechen und die ordentlichen Gericht anrufen.

Für wen gilt diese neue Informationspflicht?

Wie bereits ausgeführt, gilt die neue Informationspflicht grundsätzlich für alle Unternehmer, die

  • eine Webseite unterhalten und/oder
  • AGB verwenden,
  • und Verträge (auch) mit Verbrauchern schließen.

Erfasst werden also auch Händler, die ausschließlich stationär tätig sind, sowie z. B. ein Meisterbetrieb im Handwerk, ein Rechtsanwalt, eine Fahrschule oder ein Elektrofachgeschäft, wenn die obigen Voraussetzungen gegeben sind. Ausgenommen sind lediglich Gesundheitsdienstleister von Angehörigen der Gesundheitsberufe und öffentliche Anbieter von Weiter- oder Hochschulbildung. Betroffen von der neuen gesetzlichen Regelung sind nach Schätzungen des Gesetzgebers mindestens zwei Millionen Unternehmen.

Eine einzige Ausnahme gilt für Unternehmer, die am 31.12. des vorangegangenen Jahres zehn oder weniger Personen beschäftigt haben. Bei Ermittlung dieser Personenzahl ist die Kopfzahl der Beschäftigten unabhängig von ihren Arbeitszeitanteilen maßgeblich. Kleinunternehmer sollten daher regelmäßig zu Beginn eines Kalenderjahres prüfen, ob sie aufgrund der aktuellen Beschäftigtenzahl zur Erteilung der Information verpflichtet sind.

Die Informationspflicht nach Entstehen der Streitigkeit (§37 VSBG) gilt darüber hinaus für alle Unternehmer, die Verträge mit Verbrauchern schließen, ungeachtet der Tatsache, ob sie eine Webseite unterhalten und/oder AGB verwenden und unabhängig von ihrer Beschäftigtenzahl.

Was beinhaltet die Informationspflicht und wie setze ich diese um?

Zu unterscheiden ist zwischen der Allgemeinen Informationspflicht gemäß § 36 VSBG und der Informationspflicht nach Entstehen der Streitigkeit gemäß § 37 VSBG.

Allgemeine Informationspflicht, § 36 VSBG

Gemäß § 36 VSBG muss ein Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder AGB verwendet, den Verbraucher „leicht zugänglich, klar und verständlich“ darüber informieren,

  • ob er bereit oder verpflichtet ist, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen,
  • für den Fall, dass eine Verpflichtung zur Teilnahme an einem solchen Verfahren besteht, welche Verbraucherschlichtungsstelle zuständig ist (inkl. Anschrift und Webseite der Verbraucherschlichtungsstelle).

Zunächst ist also ein genereller Hinweis dazu erforderlich, ob die Bereitschaft besteht, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen oder nicht. Der Hinweis muss leicht zugänglich, klar und verständlich sein:

Auf der Webseite empfehlen wir daher, diese Information im Impressum aufzunehmen oder einen gesonderten Link „Verbraucherschlichtung“ im Menü aufzunehmen, über den sich unmittelbar die weiteren Informationen abrufen lassen. Beispiel:

„Die Firma X ist weder bereit noch verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“

oder

„Die Firma X ist bereit, an Streitbeilegungsverfahren bei einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“

Im letztgenannten, bejahenden Fall kann die Bereitschaft auch auf eine bestimmte Verbraucherschlichtungsstelle beschränkt werden:

„Wir sind bereit, an Streitbeilegungsverfahren bei der folgenden Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen: [Name/Anschrift/Webseite].“

Verwendet der Unternehmer AGB, muss der Hinweis (zusätzlich) auch dort erfolgen. Um dem Erfordernis „hinreichend klar“ zu genügen, sollte der Hinweis durch eine eindeutige Überschrift in Fettdruck erfolgen. Beispiel:

§ x Verbraucherschlichtung, Information gemäß § 36 VSBG
Die Firma X ist weder bereit noch verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.“

Besteht für einen Unternehmer darüber hinaus eine Pflicht zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren, hat der Unternehmer dies anzugeben sowie die zuständige Stelle mit Name, Anschrift und Webseite. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im VSBG dagegen entschieden, Unternehmer grundsätzlich zur Teilnahme an der alternativen Streitbeilegung zu verpflichten. Ausnahmen gelten lediglich für bestimme Wirtschaftsbereiche (z. B. für Energieversorger). Eine Verpflichtung für einen Unternehmer im Übrigen kann sich daher nur aus einer eigenen vertraglichen Verpflichtung (z. B. Mediations- oder Schlichtungsabreden, aus der Satzung bei entsprechender Verbandszugehörigkeit) ergeben. Beispiel:

„Die Firma X ist gemäß … (z.B. der Satzung eines Trägervereins einer Streitbeilegungsstelle) verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Zuständig ist die folgende Stelle: [Name/ Anschrift/ Webseite].“

Auch dieser Hinweis muss, wie oben beschrieben, im Impressum der Webseite und in den AGB erfolgen.

Informationspflicht nach Entstehen der Streitigkeit, § 37 VSBG

Die Informationspflicht nach Entstehen einer Streitigkeit trifft, wie oben ausgeführt, alle Unternehmer. Kann ein Unternehmer Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag nicht durch Verhandlungen mit dem Kunden beilegen, muss er den Verbraucher auf eine für ihn zuständige Verbraucherschlichtungsstelle unter Angabe von Anschrift und Webseite hinweisen und zugleich darüber unterrichten, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet ist. Beispiel:

„Eine für Sie zuständige alternative Streitbeilegungsstelle wäre … [Adresse, Webseite]. Wir lehnen eine Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren allerdings ab.“

oder

„Eine für Sie zuständige alternative Streitbeilegungsstelle ist … [Adresse, Webseite]. Wir sind bereit/ verpflichtet, an einem Verfahren vor dieser Stelle teilzunehmen.“

Der Hinweis muss in Textform erfolgen, also schriftlich per Brief, Fax oder E-Mail. Damit die Erfüllung dieser Informationspflicht in der Praxis nicht versäumt wird, können Unternehmer für E-Mails und Schreiben ihres Kundendienstes/Beschwerdemanagements Standardformulierungen vorsehen.

Zum Teil wird vertreten, dass bei Ablehnung von alternativen Streitbeilegungsverfahren keine zuständige Stelle angegeben werden muss, da die Information in diesen Fällen für den Verbraucher wertlos ist und ihn eher verwirrt. Aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts raten wir aus Gründen der Rechtssicherheit jedoch für die oben genannte Formulierung.

Welche Schlichtungsstellen gibt es?

Eine Liste der in Deutschland zugelassenen Schlichtungsstellen ist auf der Webseite des Bundesamtes für Justiz abrufbar (www.bundesjustizamt.de/Verbraucherschutz). Sie umfasst derzeit 17 Schlichtungsstellen. Besteht keine Zuständigkeit für eine Schlichtungsstelle für einen bestimmten Wirtschaftszweig (z. B. Energie, Nahverkehr, Banken, etc.) ist die Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle des Zentrums für Schlichtung e.V. in Kehl zuständig.

Was droht bei Nichtumsetzung der Informationspflichten zum 01.02.2017?

Wer die entsprechenden Hinweise auf seiner Webseite und in seinen AGB zum Stichtag nicht umsetzt, riskiert zwar kein Bußgeld, da dies im Gesetz nicht vorgesehen ist. Es besteht aber grundsätzlich eine Abmahngefahr!

Bei Verletzung der Informationspflicht aus der ODR-Verordnung (Link zur OS-Plattform) sind bereits mehrere Abmahnungen bekannt. Bei einer Verletzung der Informationspflichten des VSBG im Falle einer Verpflichtung zur Teilnahme an alternativen Streitbelegungsverfahren drohen ebenfalls in jedem Fall Abmahnungen.

Ob auch ein unterlassener Hinweis, dass ein Unternehmer generell nicht bereit und verpflichtet ist, an einem derartigen Verfahren teilzunehmen, einen Abmahngrund nach dem Wettbewerbsrecht darstellt, ist letztlich noch nicht geklärt. Das deutsche Recht geht hier über die Vorgaben der Europäischen Richtlinie hinaus. Die Richtlinie verlangt einen diesbezüglichen Hinweis nämlich nur im Fall einer Verpflichtung zur Teilnahme an solchen Streitbeilegungsverfahren. Man könnte mithin argumentieren, dass die Verletzung derartiger überobligatorischer Hinweispflichten keinen Wettbewerbsverstoß darstellt. Da dies aber keinesfalls sicher ist und man ebenso argumentieren kann, dass auch diese Hinweispflichten einen verbraucherschützenden Bezug haben, da der Verbraucher erkennen kann, welcher Unternehmer zur Teilnahme an einem derartigen Streitbeilegungsverfahren bereit ist, sollten Unternehmer bis zur gerichtlichen Klärung in jedem Fall auch die Verpflichtung zum sog. Negativ-Hinweis umsetzen.

FAZIT

Eine gesetzliche Pflicht, den Verbraucher auf eine Verpflichtung zur Teilnahme an alternativen Streitbeilegungsverfahren mit Angabe der zuständigen Stelle hinzuweisen, ist sicherlich sinnvoll. Auch ein Hinweis auf die Bereitschaft zur Teilnahme an solchen Verfahren mag sinnvoll sein, wobei an dieser Stelle noch darauf hingewiesen werden soll, dass ein Unternehmer seine Kunden im Gegenzug nicht verpflichten darf, an einem solchen Verfahren teilzunehmen. Eine solche AGB-Klausel wäre gemäß dem neuen §309 Nr. 14 BGB unwirksam.

Die nunmehr im deutschen Recht bestehende negative Hinweispflicht auf die fehlende Bereitschaft zur Teilnahme an solchen Verfahren erscheint dagegen vollkommen unsinnig. So verpflichtet der Gesetzgeber Unternehmen sogar, ihre Kunden bei aus Unternehmersicht unbegründeten Kundenbeschwerden erneut auf eine Streitschlichtungsstelle hinzuweisen – auch wenn der Unternehmer gar nicht bereit ist, an einem solchen Verfahren teilzunehmen. Der deutsche Gesetzgeber will mit diesen Hinweispflichten offensichtlich Druck auf die Unternehmer ausüben, an solchen Streitschlichtungsverfahren teilzunehmen, deren Kosten sie regelmäßig tragen müssen, um nicht als kundenfeindlich zu gelten. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu:

„Sind Unternehmer allgemein nicht bereit, an einem Streitbeilegungsverfahren bei einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen, müssen sie ihre künftigen Vertragspartner darüber ebenfalls informieren. Da Webseiten allgemein zugänglich sind und Allgemeine Geschäftsbedingungen häufig auch, trägt diese Informationspflicht zur Transparenz darüber bei, welche Unternehmer sich einer Verbraucherschlichtung generell verweigern.“ (BT-DrS. 18/5098, zu §36 VSBG, Seite 75)

Begründung zu §37 VSBG, BT-DrS a.a.O.: „Die Informationspflicht besteht insbesondere auch für Unternehmer, die an Streitbeilegungsverfahren nicht teilnehmen. Sie müssen dem Verbraucher klar sagen, dass sie eine Teilnahme am Schlichtungsverfahren ablehnen, um diesem Mühe und Kosten zu ersparen, die durch die vergebliche Anrufung der angegebenen Verbraucherschlichtungsstelle entstehen könnten.“

Die Verpflichtung zum Negativ-Hinweis ist mithin gesetzgeberisch zur Information des Verbrauchers ausdrücklich gewollt und sollte daher zum Stichtag 01.02.2017 unbedingt umgesetzt werden, um drohende Abmahnungen zu vermeiden – ob man dies nun für sinnvoll hält oder nicht.

 

Dr. Vera I. Gronen, Rechtsanwältin

Fachgebiete:
Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht
Kauf- und Handelsrecht
EDV-Recht
Vertriebs- und Transportrecht

Über den Autor

  • Dr. Vera I. Gronen

    Dr. Vera I. Gronen ist zugelassene Rechtsanwältin seit 2002, Promotion an der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes. Ihre Fachgebiete sind Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht, Kauf- und Handelsrecht, EDV-Recht sowie Vertriebs- und Transportrecht. Zum Anwaltsprofil