Teil 1: Die energetische Modernisierung und Ausschluss der Mietminderung

Voraussichtlich am 01.04.2013, spätestens jedoch am 01.05.2013 ist es soweit – das hart umkämpfte und heiß diskutierte Mietrechtsänderungsgesetz wird in Kraft treten. Dies hat der Bundesrat am 01.02.2013 beschlossen.

Neben umfangreichen neuen Regelungen im Hinblick auf Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, welche angesichts knapper Energiereserven und des Klimawandels Anreize zur energetischen Modernisierung des Wohnungsbestandes schaffen sollen, hat der Gesetzgeber sich mit der Problematik des „Mietnomadentums“ befasst. Darüber hinaus sah der Gesetzgeber die Vorschriften zum Schutze des Mieters bei der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen nach dem sog. „Münchner Modell“ als unzureichend an. Die Bundesländer werden außerdem ermächtigt, die bisherige Kappungsgrenze von 20 % bei Mieterhöhungen innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren auf 15 % in zuvor festgelegten, von Wohnungsknappheit bedrohten Gebieten zu reduzieren. Zwei Monate nach Inkrafttreten der vorstehenden Regelungen sollen ferner die nunmehr ausdrücklich in das Gesetz aufgenommenen Vorschriften zur Umstellung auf das Contracting, also die gewerbliche Wärmelieferung durch externe Unternehmen, Gültigkeit erlangen.

Der folgende Beitrag befasst sich zunächst mit den Neuerungen im Bereich der Erhaltungsmaßnahmen und energetischen Modernisierung. § 554 BGB (Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen) wird gänzlich aufgehoben und durch Einfügung der §§ 555a) bis 555f) BGB ersetzt. Die derzeit noch geltende Regelung sieht vor, dass der Mieter grundsätzlich Maßnahmen zu dulden hat, welche zur Erhaltung der Mietsache erforderlich sind, der Verbesserung der Mietsache sowie der Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums dienen.

Dies ändert sich im Ergebnis nicht. Allerdings hat der Gesetzgeber nunmehr im Einklang mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung klargestellt, dass es sich bei Erhaltungsmaßnahmen sowohl um Instandhaltungs- als auch Instandsetzungsmaßnahmen handelt. Neu ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Vermieter nun ausdrücklich von Gesetzes wegen die Erhaltungsmaßnahmen rechtzeitig ankündigen muss, es sei denn, die Maßnahmen sind nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden oder die sofortige Durchführung der Maßnahme ist zwingend erforderlich, wie beispielsweise nach einem Wasserrohrbruch. Eine solche Ankündigung kann formlos erfolgen.

Streitpotential bieten hier sicherlich die Fragen nach der Rechtzeitigkeit der Ankündigung und der Erheblichkeit der Einwirkung auf die Mietsache. Will der Vermieter sicher gehen, kündigt er jede Maßnahme an, was in der Praxis allerdings zu erheblichem Mehraufwand führen kann. Die Rechtzeitigkeit dürfte sich wie bisher nach der Schwere der Maßnahme richten. Bei Bauarbeiten, die eine hohe Belastung mit Lärm, Schmutz, Gerüchen und Erschütterungen nach sich ziehen, kann eine Ankündigung mehrere Wochen vor Baubeginn erforderlich werden. Der Vermieter sollte jeden Einzelfall neu beurteilen.

Erheblich höhere Anforderungen sind – wie bisher – an die Ankündigung von Modernisierungsmaßnahmen zu stellen. Diese werden jedoch in einigen Teilen abgeschwächt. Der Gesetzgeber hat nunmehr klargestellt, dass an die Darstellung von Art und Umfang der Modernisierungsmaßnahme keine überhöhten Anforderungen gestellt werden dürfen. Der Mieter muss „in wesentlichen Zügen“ informiert werden. Neben dem voraussichtlichen Beginn und der Dauer der Maßnahme sind außerdem der Betrag der zu erwartenden Mieterhöhung sowie die zukünftigen Betriebskosten anzugeben. Hierbei darf der Vermieter zukünftig von Gesetzes wegen auf allgemein anerkannte Pauschalwerte Bezug nehmen.

Der Mieter soll von dem Vermieter außerdem auf Form und Frist des dem Mieter möglicherweise zustehenden Härteeinwandes hingewiesen werden, der die Duldungsverpflichtung des Mieters ausschließen kann. Bei der Abwägung der Interessen sind nach den neuen Regelungen auch die Belange der Energieeinsparung und des Klimaschutzes zu berücksichtigen. Wirtschaftliche Belange des Mieters wie die zu erwartende Mieterhöhung sollen jedoch außer Betracht bleiben.

Modernisierungsmaßnahmen werden zukünftig in § 555b) BGB gesetzlich definiert. Bei energetischen Modernisierungen handelt es sich demnach um „bauliche Veränderungen, durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird“ oder „durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird“.

Die Begriffe End- und Primärenergie wurden dem Energieeinsparrecht entnommen und werden insbesondere in der Energieeinsparverordnung (EnEV) bzw. in den dort in Bezug genommenen Normen näher beschrieben. Maßgeblich für den neuen Mietminderungsausschluss sind jedoch nur solche Maßnahmen, die der Einsparung von Endenergie dienen. In diesen Fällen darf der Mieter die Miete über einen Zeitraum von 3 Monaten nicht mindern, soweit die Beeinträchtigung des vertragsgemäßen Gebrauchs hieraus resultiert. Wird die Wohnung durch diese Maßnahme jedoch unbewohnbar, ist der Mieter nach wie vor von seiner Verpflichtung zur Mietzahlung befreit.

Welche Rechte stehen dem Mieter jedoch zu, wenn derartige Maßnahmen der energetischen Modernisierung mit Erhaltungsmaßnahmen oder sonstigen baulichen Veränderungen einhergehen? Das Gesetz gibt darauf keine Antwort. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll es für die Reichweite des Minderungsausschlusses darauf ankommen, welche Beeinträchtigungen auf die jeweiligen Maßnahmen entfallen. Im Streitfall könne das Gericht die Anteile schätzen und damit bestimmen, welche Beeinträchtigungen zur Minderung berechtigen und welche nicht.

In der Praxis dürfte dies zu erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen. Mangels eigener Sachkunde der Gerichte werden aufwändige und teure Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen, um die aus den jeweiligen Maßnahmen resultierenden Beeinträchtigungen herauszufiltern. Der möglicherweise unberechtigt mindernde Mieter begibt sich in die Gefahr der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs.

Im Ergebnis sollten sowohl Mieter als auch Vermieter bei Unsicherheiten rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Damit können im Zweifel Streitigkeiten und höhere Kosten bereits im Vorfeld vermieden werden. Im Streitfall helfen wir Ihnen, Ihre Ansprüche durchzusetzen und können hierbei auf langjährige Erfahrung und Spezialisierung zurückgreifen.


Alexander Hess
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Weiterer Schwerpunkt Strafrecht, insbesondere Wirtschaftsstrafrecht

Über den Autor

  • Alexander Hess

    Anwaltsprofil Alexander Hess ist seit 1996 zugelassen als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht. Seine Fachgebiete sind Strafrecht, gewerbliches und privates Mietrecht und spanisches Wirtschaftsrecht. Zum Anwaltsprofil