Zuletzt hat in Aachen der Fall der Schlie­ßung des Wer­kes des Rei­fen­her­stel­lers Con­ti­nen­tal für Auf­se­hen gesorgt. Denn mit der Stand­ort­ver­le­gung wer­den in Aachen mas­siv Arbeits­plät­ze abge­baut – es kommt zu sog. Mas­sen­ent­las­sun­gen.

Hier­bei ist die soge­nann­te per­so­nel­le Ein­zel­maß­nah­me, was bedeu­tet, dass nur ein­zel­ne Per­so­nen durch z.B. eine Kün­di­gung betrof­fen sind von der soge­nann­ten Mas­sen­ent­las­sung auf­grund einer Betriebs­än­de­rung zu unter­schei­den. Letz­te­res bedeu­tet, dass alle oder zumin­dest grö­ße­re Grup­pen von Beschäf­tig­ten ent­las­sen wer­den sol­len, wie z.B. der­zeit im Zusam­men­hang mit der Schlie­ßung des Wer­kes Con­ti­nen­tal in Aachen.

Stand­ort­schlie­ßung Con­ti­nen­tal: betriebs­be­ding­te Kün­di­gun­gen sind die Fol­ge

Bei die­sen Kün­di­gun­gen han­del­te sich immer um betriebs­be­ding­te Kün­di­gun­gen. An die Wirk­sam­keit betriebs­be­ding­ter Kün­di­gun­gen wer­den meh­re­re Vor­aus­set­zun­gen geknüpft.

Ein Kri­te­ri­um für die Wirk­sam­keit einer Kün­di­gung ist die sog. Sozi­al­aus­wahl. Dies ist eine Aus­wahl der Arbeit­neh­mer nach sozia­len Gesichts­punk­ten, die der Arbeit­ge­ber bei betriebs­be­ding­ten Kün­di­gun­gen tref­fen muss.

Klar ist, dass sich ein/e langjährige/r ältere/r Beschäftigte/r wahr­schein­lich erfolg­reich auf seine/ihre sozia­le Schutz­wür­dig­keit beru­fen kann, wenn meh­re­re ver­gleich­ba­re Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen vor­han­den sind, die die glei­che Tätig­keit aus­üben, die aber weni­ger sozi­al schutz­wür­dig sind. Klar ist aber lei­der auch, dass eben genau die­ses Argu­ment ent­fällt, wenn auch alle ande­ren Per­so­nen eine Kün­di­gung erhal­ten.

Wird also ein gan­zer Stand­ort auf­ge­löst und allen Mit­ar­bei­tern betriebs­be­dingt gekün­digt, läuft die Sozi­al­aus­wahl ins Lee­re, da alle von den Kün­di­gun­gen betrof­fen sind.

Kün­di­gung bei Mas­sen­ent­las­sung kann unwirk­sam sein!

Damit stellt sich die Fra­ge, ob es über­haupt noch Sinn ergibt, gegen eine betriebs­be­ding­te Kün­di­gung vor­zu­ge­hen, wenn es sich um eine Mas­sen­ent­las­sung han­delt. Ein Fach­an­walt für Arbeits­recht kann durch­aus auch im Fal­le von Mas­sen­ent­las­sun­gen oder Betriebs­än­de­run­gen Ansatz­punk­te fin­den, um gegen eine betriebs­be­ding­te Kün­di­gung vor­zu­ge­hen.

Denn eine Kün­di­gung im Zusam­men­hang mit einer Mas­sen­ent­las­sung kann z.B. unter fol­gen­den Aspek­ten bzw. aus fol­gen­den Grün­den unwirk­sam sein:

  • For­ma­le Feh­ler im Zusam­men­hang mit der Mas­sen­ent­las­sungs­an­zei­ge (§ 17 KSchG),
  • Son­der­kün­di­gungs­schutz als Schwan­ge­re oder wegen Eltern­zeit (§ 17 Mutterschutz)Sonderkündigungsschutz als Betriebs­rats­mit­glied (§ 15 KSchG), Son­der­kün­di­gungs­schutz wegen Schwer­be­hin­de­rung,
  • feh­ler­haf­te Anhö­rung des Betriebs­ra­tes zu der ein­zel­nen Kün­di­gung (§ 102 BetrVG),
  • feh­ler­haf­te Zustel­lun­gen, Voll­mach­ten oder feh­len­de Nach­wei­se einer Bevoll­mäch­ti­gung.

Liegt einer die­ser Unwirk­sam­keit-grün­de vor, ist es sinn­voll gegen eine betriebs­be­ding­te Kün­di­gung wegen Stand­ort­schlie­ßung auch vor dem Arbeits­ge­richt mit einer Kün­di­gungs­schutz­kla­ge vor­zu­ge­hen.

Betriebs­ver­fas­sungs­recht­li­cher Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch

Zu beach­ten wäre auch der soge­nann­te betriebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Wei­ter­be­schäf­ti­gungs­an­spruch, der für den Arbeit­ge­ber sehr unan­ge­nehm wer­den kann. Die­ser setzt einen wirk­sa­men Wider­spruch des Betriebs­ra­tes gegen den Aus­spruch der Kün­di­gung vor­aus, führt aber zu einer Wei­ter­be­schäf­ti­gung wäh­rend der kom­plet­ten gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zung, die durch­aus 1,5–2 Jah­re dau­ern kann.

Unser Rat

Auch im Fal­le einer betriebs­be­ding­ten Kün­di­gung – z.B. im Zusam­men­hang mit einer Betriebs­än­de­rung wie z.B. einer Betriebs­schlie­ßung – ist es durch­aus sinn­voll, einen Anwalt für Arbeits­recht hin­zu­zie­hen. Selbst wenn die Aus­sich­ten, gegen die unter­neh­me­ri­sche Ent­schei­dung der Schlie­ßung selbst vor­zu­ge­hen, nicht beson­ders gut sind: Das Vor­ge­hen gegen die Kün­di­gung kann aus ande­ren Grün­den loh­nens­wert sein!

 

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Über den Autor

  • Dr. Dirk Brust

    Dr. Dirk Brust ist zuge­las­se­ner Rechts­an­walt seit 1994 und Fach­an­walt für Arbeits­recht und für Ver­kehrs­recht. Ein wei­te­rer Schwer­punkt sei­ner Tätig­keit ist das Ver­si­che­rungs­recht. Zum Anwalts­pro­fil