Die ehren­amt­li­che Über­nah­me der Vor­stands­tä­tig­keit in einem ein­ge­tra­ge­nen Ver­ein ist ein wich­ti­ger Teil bür­ger­schaft­li­chen Enga­ge­ments. Kaum jemand macht sich aber Gedan­ken über die damit ver­bun­de­nen Auf­ga­ben, Ver­ant­wor­tun­gen oder auch Risi­ken. Auch der nur ehren­amt­li­che Vor­stand trägt eine Haf­tung für sein Han­deln. Es haf­tet kei­nes­wegs nur »der Ver­ein«, son­dern grund­sätz­lich auch das Vor­stands­mit­glied – und zwar mit sei­nem Pri­vat­ver­mö­gen!

 

I. Grün­de der Haf­tung

 

1. Haf­tung gegen­über Drit­ten

Die maß­geb­li­che recht­li­che Bestim­mung ist zunächst § 31 BGB. Die­se Rege­lung bestimmt, dass der Ver­ein ver­ant­wort­lich ist für den Scha­den, den »der Vor­stand, ein Mit­glied des Vor­stands oder ein ande­rer ver­fas­sungs­mä­ßig beru­fe­ner Ver­tre­ter« einem Drit­ten zufügt. Bei der Gesamt­ver­tre­tung des Vor­stan­des genügt das Ver­schul­den eines Ver­tre­ters aus dem Vor­stand.

Der Ver­ein haf­tet für Rechts­grün­de, aus denen eine Scha­dens­er­satz­pflicht ent­ste­hen kann. Gehaf­tet wird nicht nur für akti­ves Tun, son­dern auch für ein Unter­las­sen des Vor­stan­des. Eine Haf­tung besteht bei der Ver­let­zung von ver­trag­li­chen Pflich­ten, vor­ver­trag­li­chen Pflich­ten, uner­laub­ten Hand­lun­gen, Gefähr­dungs­haf­tun­gen, usw. Dar­über hin­aus besteht auch eine Haf­tung für Orga­ni­sa­ti­ons­män­gel inner­halb des Ver­eins und des Vor­stan­des. Es besteht die Pflicht, sich selbst so zu orga­ni­sie­ren, dass für alle wich­ti­gen Auf­ga­ben­ge­bie­te ein Ver­tre­ter tat­säch­lich zustän­dig ist, der die wesent­li­chen Ent­schei­dun­gen trifft.

Es haf­tet jedoch nicht allein der Ver­ein für das Ver­schul­den sei­nes Vor­stands. Der Vor­stand kann regel­mä­ßig auch per­sön­lich in die Ver­ant­wor­tung genom­men wer­den. Er haf­tet dann neben dem Ver­ein als Gesamt­schuld­ner. In vie­len Fäl­len besteht sogar ana­log § 840 Abs. 2 BGB eine Allein­haf­tung des Vor­stands bzw. Vor­stands­mit­glieds.

2. Innen­haf­tung gegen­über dem Ver­ein

Neben die­ser Außen­haf­tung Drit­ten gegen­über besteht aber auch eine Innen­haf­tung des Vor­stands gegen­über dem Ver­ein. Ent­steht dem Ver­ein durch ein Fehl­ver­hal­ten des Vor­stands­mit­glie­des ein Scha­den, so ist das Vor­stands­mit­glied der Regress­mög­lich­keit des Ver­ei­nes gemäß den §§ 280 Abs. 1, 27 Abs. 3 BGB aus­ge­setzt. Das Vor­stands­mit­glied eines Ver­ei­nes haf­tet damit ver­gleich­bar mit einem Geschäfts­füh­rer einer GmbH oder Vor­stands­mit­glied einer AG.

Zu über­le­gen ist, ob sich die­se Innen­haf­tung durch eine Rege­lung in der Ver­eins­sat­zung selbst aus­schlie­ßen oder zumin­dest der Höhe nach begren­zen lässt. Es könn­te eine Sat­zungs­be­stim­mung auf­ge­nom­men wer­den, wonach der Ver­ein auf die Gel­tend­ma­chung von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen gegen­über dem Ver­eins­vor­stand ver­zich­tet oder die­se Ersatz­an­sprü­che der Höhe nach beschränkt. Es stellt sich aller­dings die Fra­ge, ob die Finanz­ver­wal­tung dies ohne wei­te­res hin­neh­men wird. Ver­zich­tet der Ver­ein auf die Rea­li­sie­rung von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen gegen­über dem Ver­eins­vor­stand, so kann der Ver­ein dabei sogar sei­ne Gemein­nüt­zig­keit gefähr­den, da er bei einem Ver­zicht auf die­se Scha­dens­er­satz­an­sprü­che sei­ne Mit­tel nicht für die sat­zungs­ge­mä­ßen Zwe­cke ver­wen­det.

3. Steu­er­li­che Pflich­ten

Der Ver­eins­vor­stand über­nimmt – auch wenn dies vie­len Vor­stands­mit­glie­dern nicht bewusst ist – erheb­li­che steu­er­li­che Pflich­ten des Ver­ei­nes. Es han­delt sich hier­bei bei­spiels­wei­se um die Auf­zeich­nungs- und Buch­füh­rungs­pflich­ten der Abga­ben­ord­nung, Aus­kunfts- und Vor­la­ge­pflich­ten, Steu­er­erklä­rungs­pflich­ten, Zah­lungs­pflich­ten und die Ein­be­hal­tungs- und Abfüh­rungs­pflich­ten bei Abzugs­steu­ern, usw.

Nach den Rege­lun­gen der Abga­ben­ord­nung haf­ten Ver­eins­vor­stän­de als gesetz­li­che Ver­tre­ter des Ver­ei­nes, soweit Ansprü­che aus dem Steu­er­schuld­ver­hält­nis infol­ge vor­sätz­li­cher oder grob fahr­läs­si­ger Ver­let­zung der ihnen auf­er­leg­ten Pflich­ten nicht oder nicht recht­zei­tig fest­ge­setzt oder erfüllt wer­den. Dabei geht der Bun­des­fi­nanz­hof selbst bei Ver­ei­nen regel­mä­ßig davon aus, dass die Ver­let­zung steu­er­recht­li­cher Pflich­ten im All­ge­mei­nen gro­be Fahr­läs­sig­keit indi­ziert. Damit haf­tet auch ein ehren­amt­lich und unent­gelt­lich täti­ger Vor­stand eines Ver­eins wie der Geschäfts­füh­rer einer GmbH.

Bei­spiel:

Ein klei­ner gemein­nüt­zi­ger Ver­ein ver­an­stal­tet ein Ver­eins­fest mit Ein­tritt, Bewir­tung und Tom­bo­la. Müs­sen dafür Steu­ern bezahlt wer­den?

Infra­ge kommt eine Kör­per­schaft­steu­er­pflicht, wenn die Ein­nah­men außer Mit­glieds­bei­trä­gen, öffent­li­chen Zuschüs­sen und Ein­nah­men aus Zweck­be­trie­ben im Kalen­der­jahr 35.000,00 € über­stei­gen. Auch die Umsatz­steu­er­pflicht ist zu dis­ku­tie­ren, wenn umsatz­steu­er­freie Ein­nah­men im Kalen­der­jahr mehr als 17.500,00 € betra­gen. Da eine Tom­bo­la ver­an­stal­tet wird, kommt außer­dem eine Lot­te­rie­steu­er in Betracht. Fer­ner ist spe­zi­ell bei gemein­nüt­zi­gen Ver­ei­nen für den rich­ti­gen Umgang mit Spen­den und die Abwen­dung der Gefahr einer nach­träg­li­chen Aberken­nung der Gemein­nüt­zig­keit zu sor­gen.

Eine dra­ma­ti­sche finan­zi­el­le Belas­tung kann ent­ste­hen, wenn es zur nach­träg­li­chen Aberken­nung der steu­er­li­chen Gemein­nüt­zig­keit kommt. Wer­den meh­re­re Ver­an­la­gungs­zeit­räu­me berück­sich­tigt, kommt es gewöhn­lich zu erheb­li­chen Nach­zah­lun­gen, die den Ver­ein selbst zah­lungs­un­fä­hig machen kön­nen. In die­sem Fall kommt die per­sön­li­che Haf­tung der Vor­stands­mit­glie­der wie­der in den Vor­der­grund.

4. Insol­venz

Auch Ver­ei­ne kön­nen zah­lungs­un­fä­hig wer­den. Die Insol­venz ist ein­zu­lei­ten. Den Ver­eins­vor­stand trifft dann die Pflicht zur recht­zei­ti­gen Ein­rei­chung eines Insol­venz­an­tra­ges. Geschieht dies nicht recht­zei­tig, droht neben der Ver­pflich­tung zum Scha­dens­er­satz die straf­recht­li­che Kon­se­quenz aus einer Insol­venz­ver­schlep­pung.

 

II. Haf­tungs­pri­vi­le­gie­rung für das Ehren­amt

 

1. Nur bei Vor­satz oder gro­ber Fahr­läs­sig­keit

Seit dem Jahr 2009 sind Vor­stands­mit­glie­der, die ehren­amt­lich in ein­ge­tra­ge­nen Ver­ei­nen tätig sind, hin­sicht­lich ihrer Haf­tung pri­vi­le­giert. Es gilt § 31 a BGB:

»(1) Ein Vor­stand, der unent­gelt­lich tätig ist oder für sei­ne Tätig­keit eine Ver­gü­tung erhält, die 500,00 € jähr­lich nicht über­steigt, haf­tet dem Ver­ein für einen in Wahr­neh­mung sei­ner Vor­stands­pflich­ten ver­ur­sach­ten Scha­den nur bei Vor­lie­gen von Vor­satz oder gro­ber Fahr­läs­sig­keit. S. 1 gilt auch für die Haf­tung gegen­über den Mit­glie­dern des Ver­eins.

(2) Ist ein Vor­stand nach Abs. 1 S. 1 einem ande­ren zum Ersatz eines in Wahr­neh­mung sei­ner Vor­stands­pflich­ten ver­ur­sach­ten Scha­dens ver­pflich­tet, so kann er von dem Ver­ein die Befrei­ung von der Ver­bind­lich­keit ver­lan­gen. S. 1 gilt nicht, wenn der Scha­den vor­sätz­lich oder grob fahr­läs­sig ver­ur­sacht wur­de.«

2. Frei­stel­lungs­an­spruch

Pri­vi­le­giert sind also Vor­stands­mit­glie­der ein­ge­tra­ge­ner Ver­ei­ne, die ehren­amt­lich tätig sind und für ihre Tätig­keit eine Ver­gü­tung erhal­ten, die 500,00 € pro Jahr nicht über­steigt.

Die Haf­tungs­pri­vi­le­gie­rung besteht dar­in, dass das Vor­stands­mit­glied nur bei Vor­satz oder gro­ber Fahr­läs­sig­keit haf­tet. Die­se Haf­tungs­be­gren­zung gilt für die Innen­haf­tung gegen­über dem Ver­ein und den Ver­eins­mit­glie­dern. Letzt­lich greift die­se Haf­tungs­frei­stel­lung damit nur die ein­fa­che Fahr­läs­sig­keit des Vor­stan­des. Die Schwie­rig­keit besteht in der Pra­xis dar­in, die Gren­ze zwi­schen der (pri­vi­le­gier­ten) ein­fa­chen Fahr­läs­sig­keit und der (haf­tungs­re­le­van­ten) gro­ben Fahr­läs­sig­keit fest­zu­le­gen. Wann ist bei­spiels­wei­se ein Ver­säum­nis grob fahr­läs­sig, wann nur ein­fach fahr­läs­sig?

Im Rah­men der Außen­haf­tung wird die Pri­vi­le­gie­rung des han­deln­den Vor­stan­des dadurch erreicht, dass für die von drit­ter Sei­te gel­tend gemach­ten Ersatz­an­sprü­che für das Vor­stands­mit­glied gegen­über dem Ver­ein ein Frei­stel­lungs­an­spruch besteht. Macht also ein durch den Ver­ein oder des­sen Vor­stand geschä­dig­ter Drit­ter Scha­den­er­satz­an­sprü­che gegen­über dem Vor­stands­mit­glied gel­tend, so bleibt es zwar im Außen­ver­hält­nis zwi­schen dem Vor­stands­mit­glied und dem Anspruch stel­len­den Drit­ten bei der Scha­dens­er­satz­haf­tung, das Vor­stands­mit­glied hat jedoch gegen­über dem eige­nen Ver­ein einen Anspruch, dass der Ver­ein die­se Scha­dens­er­satz­for­de­rung über­nimmt.

Die­ser Frei­stel­lungs­an­spruch trägt aller­dings nur so weit, wie die Finanz­kraft des Ver­ei­nes selbst reicht. Ist näm­lich der Ver­ein zah­lungs­un­fä­hig oder reicht das Ver­eins­ver­mö­gen für die Til­gung des ent­stan­de­nen Scha­dens nicht aus, so bleibt es bei der unmit­tel­ba­ren Außen­haf­tung des Vor­stands­mit­glie­des gegen­über dem anspruch­stel­len­den Drit­ten.

Wich­tig ist der Hin­weis, dass die Beschrän­kung auf Scha­dens­er­satz­an­sprü­che wegen vor­sätz­li­chem oder grob fahr­läs­si­gen Ver­hal­ten nicht im Ver­hält­nis zu außen­ste­hen­den Drit­ten besteht. Gegen­über die­sen haf­tet das Vor­stands­mit­glied auch für ein­fa­che Fahr­läs­sig­keit.

3. Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge und Steu­er­schul­den

Der Ver­eins­vor­stand haf­tet per­sön­lich für die Zah­lung von Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen für die Beschäf­tig­ten des Ver­eins (oder der Stif­tung). Die­se Haf­tung bleibt unver­än­dert bestehen. Eine Pri­vi­le­gie­rung sieht das Gesetz nicht vor.

Glei­ches gilt für die Haf­tung bei Steu­er­schul­den. Auch hier haf­tet ein ehren­amt­lich täti­ges Vor­stands­mit­glied eines ein­ge­tra­ge­nen Ver­eins ohne jede Pri­vi­le­gie­rung mit dem Pri­vat­ver­mö­gen. Im Rah­men des Gesetz­ge­bungs­ver­fah­rens wur­de ein Haf­tungs­pri­vi­leg auch für Steu­er­ver­bind­lich­kei­ten dis­ku­tiert. Aller­dings ist die­se Pri­vi­le­gie­rung nicht umge­setzt wor­den.

 

III. Wei­ter­ge­hen­de Absi­che­rung

Eine Absi­che­rung über die vor­ste­hend beschrie­be­nen Haf­tungs­pri­vi­le­gie­run­gen hin­aus kann letzt­lich nur durch geeig­ne­te Ver­si­che­run­gen her­bei­ge­führt wer­den.

Teil­wei­se besteht bereits eine gesetz­li­che Unfall­ver­si­che­rung. § 2 Abs. 1 Nr. 9 SGB VII pos­tu­liert eine gesetz­li­che Unfall­ver­si­che­rung für Per­so­nen, die unent­gelt­lich, ins­be­son­de­re ehren­amt­lich im Gesund­heits­we­sen oder in der Wohl­fahrts­pfle­ge tätig sind.

Vor Ver­mö­gens­schä­den indes schützt ledig­lich eine hin­rei­chen­de pri­va­te Ver­si­che­rung. Bei die­ser soll­te dar­auf geach­tet wer­den, dass Ver­si­che­rungs­schutz auch bei grob fahr­läs­si­ger Hand­lung besteht, da dies gera­de die Fäl­le sind, in denen die gesetz­li­che Haf­tungs­pri­vi­le­gie­rung nicht greift. Dass vor­sätz­li­ches Han­deln nicht ver­si­cher­bar ist, soll­te jedem ein­leuch­ten.

 


Tho­mas Oede­ko­ven,
Rechts­an­walt
Wirt­schafts­me­dia­tor

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