Mit der Fra­ge, ob bei einem Gewer­be­raum­miet­ver­trag die Ver­schlech­te­rung der Miet­sa­che nach Been­di­gung des Miet­ver­trags zu einer Her­ab­set­zung der Nut­zungs­ent­schä­di­gung führt, haben sich die Rich­ter des BGH in einem aktu­el­len Urteil beschäf­tigt.

Hier die wich­tigs­ten Aus­zü­ge im Wort­laut:

BGH, Urteil vom 27.05.2015, Akten­zei­chen XII ZR 66/13 (NJW 2015, 2795)

Ist das Miet­ver­hält­nis been­det, nutzt der Mie­ter die Räum­lich­kei­ten aber wei­ter, schul­det er die Zah­lung einer monat­li­chen Nut­zungs­ent­schä­di­gung. In die­sem Zustand kann die Situa­ti­on ein­tre­ten, dass die Miet­sa­che einen Man­gel auf­weist, die Miet­sa­che sich also ver­schlech­tert. Es stellt sich die Fra­ge, ob in die­ser Situa­ti­on in ent­spre­chen­der Anwen­dung der Rege­lung des § 536 BGB –

„Hat die Miet­sa­che zur Zeit der Über­las­sung an den Mie­ter einen Man­gel, der ihre Taug­lich­keit zum ver­trags­ge­mä­ßen Gebrauch auf­hebt, oder ent­steht wäh­rend der Miet­zeit ein sol­cher Man­gel, so ist der Mie­ter für die Zeit, in der die Taug­lich­keit auf­ge­ho­ben ist, von der Ent­rich­tung der Mie­te befreit. Für die Zeit, wäh­rend der die Taug­lich­keit gemin­dert ist, hat er nur eine ange­mes­sen her­ab­ge­setz­te Mie­te zu ent­rich­ten. Eine uner­heb­li­che Min­de­rung der Taug­lich­keit bleibt außer Betracht.“

–  eben­falls nur her­ab­ge­setzt zu zah­len ist. Im Jah­re 1960 hat der BGH (Urt. v. 07.12.1960, Akten­zei­chen VIII ZR 16/60) dazu ent­schie­den:

„Dem Scha­dens­er­satz­an­spruch des Ver­mie­ters (…) kann der Mie­ter zwar ent­ge­gen­hal­ten, der Miet­zins sei im Augen­blick der Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses (…) kraft Geset­zes gemin­dert gewe­sen, aber nicht, nach Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses sei eine wei­te­re Ver­schlech­te­rung ein­ge­tre­ten, die bei sei­nem Fort­be­stehen eine wei­te­re Min­de­rung zur Fol­ge gehabt hät­te.“

Der BGH hat die­se Auf­fas­sung bestä­tigt und ent­schie­den, dass

„eine erst­mals nach Ver­trags­be­en­di­gung ein­ge­tre­te­ne Ver­schlech­te­rung der Miet­sa­che, die beim Fort­be­stehen des Miet­ver­hält­nis­ses eine Min­de­rung der Mie­te zur Fol­ge gehabt hät­te, grund­sätz­lich nicht dazu führt, den Anspruch des Ver­mie­ters auf Zah­lung einer Nut­zungs­ent­schä­di­gung in ent­spre­chen­der Anwen­dung von § 536 BGB her­ab­zu­set­zen.“

Zur Begrün­dung hat der BGH aus­ge­führt, dass sich das Miet­ver­hält­nis nach sei­ner Been­di­gung in ein gesetz­li­ches Schuld­ver­hält­nis ver­wan­delt, das aber vor­über­ge­hen­der Natur und gera­de auf Abwick­lung ange­legt sei. Dar­aus erge­ben sich in der Vor­ent­hal­tungs­zeit beträcht­li­che Ein­schrän­kun­gen gegen­über den frü­he­ren miet­ver­trag­li­chen Rechts­be­zie­hun­gen. Mit Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses erlischt ins­be­son­de­re die Pflicht des Ver­mie­ters, die Miet­sa­che gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB in einem ver­trags­ge­mä­ßen Zustand zu erhal­ten. Der frü­he­re Mie­ter hat daher im Rah­men des Abwick­lungs­ver­hält­nis­ses nach all­ge­mei­ner Ansicht grund­sätz­lich kei­nen Anspruch auf Man­gel­be­sei­ti­gung gegen den Ver­mie­ter mehr. Die Gegen­auf­fas­sung las­se sich nach Ansicht des BGH mit dem Zweck des § 546 a Abs. 1 BGB nicht ver­ein­ba­ren.

Nach Ansicht des BGH kön­nen inner­halb des bestehen­den Abwick­lungs­ver­hält­nis­ses nach Treu und Glau­ben gemäß § 242 BGB ein­zel­ne Ver­pflich­tun­gen des Ver­mie­ters aus dem been­de­ten Miet­ver­trag noch nach der Ver­trags­be­en­di­gung im Ein­zel­fall fort­be­stehen, die sich aus der Eigen­art des been­de­ten Miet­ver­trags oder den beson­de­ren Belan­gen des Mie­ters erge­ben.

Nut­zungs­ent­schä­di­gung

Nach zutref­fen­der Auf­fas­sung des BGH führt eine erst­mals nach Ver­trags­be­en­di­gung ein­ge­tre­te­ne Ver­schlech­te­rung der Miet­sa­che, die beim Fort­be­stehen des Miet­ver­hält­nis­ses eine Min­de­rung der Mie­te zur Fol­ge gehabt hät­te, nicht dazu, dass der Anspruch des Ver­mie­ters auf Zah­lung einer Nut­zungs­ent­schä­di­gung in ent­spre­chen­der Anwen­dung von § BGB § 536 BGB her­ab­zu­set­zen ist. zur Fuss­no­te 37 In die­sem Sin­ne hat der BGH zur Fuss­no­te 38 bereits in den 1960er-Jah­ren ent­schie­den. Die­se Recht­spre­chung wur­de in der Lite­ra­tur teils kri­tisch gese­hen. zur Fuss­no­te 39 Da es aber der Mie­ter ist, der den rechts­wid­ri­gen Zustand der Wei­ter­nut­zung des Miet­ob­jekts trotz Been­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses her­bei­ge­führt hat, gibt es wenig gute Grün­de, ihn zu pri­vi­le­gie­ren und ihm im Hin­blick auf die Män­gel­be­sei­ti­gung den glei­chen Stan­dard zu gewäh­ren, den ein Mie­ter im lau­fen­den Miet­ver­hält­nis hät­te.

Soweit hier­durch im Ein­zel­fall Unbil­lig­kei­ten ent­ste­hen soll­ten, lässt der BGH eine Kor­rek­tur über § BGB § 242 BGB zu, wenn den Ver­mie­ter aus­nahms­wei­se eine nach­ver­trag­li­che Pflicht zur Besei­ti­gung von Män­geln der vor­ent­hal­te­nen Miet­sa­che trifft.

Um zu ver­hin­dern, dass eine frist­lo­se Kün­di­gung wegen nur uner­heb­li­cher Zah­lungs­rück­stän­de aus­ge­spro­chen wird, muss ein erheb­li­cher Zah­lungs­rück­stand vor­lie­gen. Soweit ein Miet­ver­trag über Wohn­raum abge­schlos­sen wird, kommt § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB zur Anwen­dung. Die Rege­lung stellt klar, wann ein Miet­rück­stand erheb­lich ist:

„Im Fal­le des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buch­sta­be a ist der rück­stän­di­ge Teil der Mie­te nur dann als nicht uner­heb­lich anzu­se­hen, wenn er die Mie­te für einen Monat über­steigt. Dies gilt nicht, wenn der Wohn­raum nur zum vor­über­ge­hen­den Gebrauch ver­mie­tet ist.“

Nach der Recht­spre­chung des BGH (z.B. Urt. v. 23.07.2008, Akten­zei­chen XII ZR 134/06) ist ein Miet­rück­stand von mehr als einer Monats­mie­te im Gewer­be­raum­miet­recht erst recht erheb­lich. Umstrit­ten war, ob und wenn ja unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen auch ein die­se Gren­ze unter­schrei­ten­der Gesamt­rück­stand erheb­lich sein kann.

Der BGH meint, dass bei Miet­ver­hält­nis­sen, die nicht über Wohn­raum abge­schlos­sen wer­den, ein Miet­rück­stand von weni­ger als einer Monats­mie­te nur dann erheb­lich sein kann, wenn beson­de­re Umstän­de des Ein­zel­falls hin­zu­tre­ten, die den Schluss auf die Erheb­lich­keit im betref­fen­den Miet­ver­hält­nis zulas­sen. Im Bereich des gewerb­li­chen Miet­rechts sol­len nach Ansicht des BGH neben der Kre­dit­wür­dig­keit des Mie­ters ins­be­son­de­re die finan­zi­el­le Situa­ti­on des Ver­mie­ters und die Aus­wir­kun­gen des kon­kre­ten Zah­lungs­rück­stands auf die­sel­be rele­vant sein.


Kars­ten Becker,
Rechts­an­walt

News­let­ter-Anmel­dung

Ja, ich habe die Daten­schutz­er­klä­rung zur Kennt­nis genom­men und bin mit Absen­den des Kon­takt­for­mu­la­res mit der elek­tro­ni­schen Ver­ar­bei­tung und Spei­che­rung mei­ner Daten ein­ver­stan­den. Mei­ne Daten wer­den dabei nur streng zweck­ge­bun­den zur Bear­bei­tung und Beant­wor­tung mei­ner Anfra­ge benutzt.

Über den Autor

  • Karsten Becker

    Kars­ten Becker ist Rechts­an­walt seit 2009 und Fach­an­walt für Miet- und Woh­nungs­ei­gen­tums­recht. Sei­ne Fach­ge­bie­te sind Zivil­recht, Pri­vat­recht, Miet­recht, WEG-Recht, Immo­bi­li­en­recht, Kauf­recht, Werk­ver­trags­recht, Delikts­recht und Rei­se­ver­trags­recht. Herr Becker ist seit Som­mer 2019 nicht mehr für uns tätig.