Geheimnisschutzgesetz – Fortsetzung

Wir hatten in unseren Standpunkten in lockerer Folge über die Änderungen berichtet, die sich aufgrund des Geschäftsgeheimnisgesetzes im Vergleich zur alten Rechtslage, die durch § 17 UWG bestimmt war, für Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ergeben.

Zur Erinnerung: Während es nach Maßgabe des § 17 UWG für das Vorliegen von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen maßgeblich auf den Willen des Betriebsinhabers ankam, diese als geheim zu betrachten, setzt das Geschäftsgeheimnisgesetz auf der Grundlage einer europäischen Richtlinie voraus, dass es sich bei Geschäftsgeheimnissen um Know-How handelt, das ähnlich einem gewerblichen Schutzrecht dem Betriebsinhaber einen Vorteil vor dem Wettbewerber gewährleistet. Zudem muss der Betriebsinhaber nicht unwesentliche Anstrengungen zur Dokumentation und zum Schutz der Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse unternehmen.

Fehlt es an einem Wettbewerbsvorsprung, scheidet der Schutz des Know-How´s bereits per se aus. Denn es mag überraschen, jedoch setzt der Gesetzgeber die Verbreitung von Know-How und sogar die Nachahmung im Wettbewerb voraus. Denn nur so können Effizienz- und Kosteneinsparungen zu Gunsten von Verbrauchern im Markt generiert werden. Eine Ausnahme wird gemacht für Sonderschutzrechte, d.h. gewerbliche Schutzrechte wie z.B. Patente, Gebrauchsmuster, Designrechte und, artverwandt, Marken- und Urheberrechte.

Aber selbst wenn die Hürde des Geschäftsgeheimnisses vom Tatbestand her genommen wird, entfällt der Schutz, wenn der Betriebsinhaber diese nicht als solche identifiziert und dokumentiert. Er muss ausreichende Maßnahmen zum Schutze des Geschäftsgeheimnisses ergreifen. Dazu gehört insbesondere eine Einschränkung des Kreises der Personen, die Kenntnis von einem Geschäftsgeheimnis erlangen können, und zwar auf der Grundlage des Prinzips Need-to-know. Geschäftsgeheimnisse dürfen nicht allgemein im Betrieb zugänglich sein, sondern auch innerhalb des Betriebes nur für diejenigen, die zur Erfüllung ihrer betrieblichen Aufgaben auf deren Kenntnis angewiesen sind.

Konflikte entstehen in Bezug auf Geschäftsgeheimnisse häufig im arbeitsrechtlichen Bereich. Der Mitarbeiter, der ein Unternehmen verlässt, insbesondere, wenn er bei einem Konkurrenten tätig wird, hat ein Anrecht darauf und Interesse daran, dass ihm sein erworbenes Erfahrungswissen zu Gute kommt und er hiervon, auch zu Gunsten seines neuen Arbeitgebers, profitieren kann. Dem gegenüber steht das Geheimhaltungsinteresse des Betriebsinhabers, weswegen es nicht Wunder nimmt, dass viele Entscheidungen zum Geschäftsgeheimnisgesetz von Arbeitsgerichten gefällt werden, so auch in dem vorliegenden Fall eines Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 13.01.2022 (Az.: 8 Ca 1229/20).

Dies verhält sich zunächst zur Frage der Beweislast. Derjenige, der den Schutz des Geschäftsgeheimnisses in Anspruch nehmen will, muss im Einzelnen darlegen und beweisen, dass seinen Produkten am Markt nicht bekanntes Wissen zu Grunde liegt. Hierzu reichen Vermutungen und Behauptungen nicht aus, sondern der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses muss einen Sachvortrag in der Weise vorbringen, dass diese einem Sachverständigengutachten zugänglich ist und durch dieses bestätigt werden kann. Dabei gilt, dass ein Sachverständiger nur vorgetragenen Sachverhalt bestätigen kann. Ein sogenannter Ausforschungsbeweis, d.h. die pauschale Behauptung, das Produkt habe aufgrund eines in ihm verkörperten Geschäftsgeheimnisses einen Vorteil vor Wettbewerbsprodukten und dies möge der Sachverständige bestätigen, reicht nicht aus. Darzulegen und unter Beweis zu stellen sind unterschiedliche Eigenschaften der Wettbewerbsprodukte und das substantiierte Herausstellen, warum und in welchem Umfang das Geschäftsgeheimnis dem Inhaber desselben einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz verschafft. Nur ein Produktvergleich nach objektiven Kriterien erlaubt, so das Gericht, Rückschlüsse auf einen Wissens- oder Qualitätsvorsprung gegenüber Konkurrenten.

Des Weiteren stellt das Arbeitsgericht fest, dass es dem angeblichen Verletzer des Geschäftsgeheimnisses erlaubt ist, die Geheimhaltungsmaßnahmen zu bestreiten. Derjenige, der den Schutz des Geschäftsgeheimnisses in Anspruch nehmen möchte, muss im Einzelnen und bezogen auf konkrete Informationen darlegen und beweisen, welche Schutzmaßnahmen er zur Geheimhaltung dieser Informationen ergriffen hat. Der als Verletzer in Anspruch Genommene muss daher zunächst und vorbehaltlich einer etwaig sekundären Beweislast nicht darlegen, dass er das Know-How eigenständig erworben oder entwickelt hat.

Zuletzt, und dies steht im Widerspruch zur noch bestehenden Vertragspraxis bei den meisten kleinen und mittelständischen Unternehmen auf der Grundlage von § 17 UWG, sind die üblichen Geheimhaltungsverpflichtungen und Wettbewerbsklauseln in Arbeitsverträgen, jedoch auch in Verträgen mit Abnehmern und Zulieferern, die sich als sogenannte Catch-All-Klauseln uferlos auf alle während z.B. eines Arbeits- oder Vertragsverhältnisses erhaltenen betrieblichen Informationen erstreckt, keine angemessene Geheimhaltungsmaßnahme im Sinne von § 2 Nr. 1 b) Geschäftsgeheimnisgesetz. Vielmehr bedarf es hierzu einer konkreten und transparenten Regelung.

Die Entscheidung ist im Volltext unter https://www.justiz.nrw.de/nrwe/arbgs/koeln/arbg_aachen/j2022/8_Ca_1229_20_urteil_20220113.html abrufbar.

Herrn Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster, danken wir für den Hinweis auf dieses aufschlussreiche Urteil.

Über den Autor

  • Guido Imfeld

    Guido Imfeld ist zugelassener Anwalt seit 1996 und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, für Handels- und Gesellschaftsrecht. Seit dem Jahre 2000 ist er auch in Belgien als Anwalt zugelassen. Zum Anwaltsprofil