Anfang Oktober 2017 hatte ich in einem Standpunkt über das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.09.2016 berichtet, mit welchem das Bundesozialgericht klargestellt hat, dass die Stelle eines Facharztes für Chirurgie in einem Medizinischen Verorgungszentrum (MVZ) nicht mit einem Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nachbesetzt werden kann, ohne zugleich eine Beschränkung auf rein unfallchirurgische Tätigkeiten anzuordnen.

Es war also nicht ohne weiteres möglich, eine bislang von einem Chirurgen besetzte Stelle durch einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie nachzubesetzen.

Am 20.09.2018 fasste nun der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) einen Beschluss zur Änderung der Bedarfsplanungsrichtlinie. Die Facharztgruppen der Chirurgen und Orthopäden werden zusammengelegt!

Künftig werden Chirurgen und Orthopäden eine gemeinsame Arztgruppe im Rahmen der Bedarfsplanung bilden. Dieser Arztgruppe gehören die Fachärzte für Chirurgie, Fachärzte für Allgemeine Chirurgie, die Fachärzte für Kinderchirurgie, die Fachärzte für Plastische Chirurgie, die Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie, die Fachärzte für Gefäßchirurgie, die Fachärzte für Visceralchirurgie, die Fachärzte für Orthopädie sowie die Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie an.

Dieser Beschluss zur Änderung der Bedarfsplanung knüpft an die Reform der Weiterbildungsordnung aus dem Jahr 2003 an, wo die bis dahin getrennten Gebiete der Orthopädie und Chirurgie zusammengefasst wurden. Bekanntlich wurde dort der bisherige Facharzt für Orthopädie und der bisherige Facharzt für Chirurgie mit Schwerpunkt Unfallchirurgie im Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie zusammengefasst. Eine Anpassung der Bedarfsplanung jedoch unterblieb zunächst.

Aufgrund zunehmender Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung von Fachärzten für Chirurgie und nicht zuletzt auch aufgrund der Hinweise des Bundessozialgerichtes in der Entscheidung vom 28.09.2016 sah sich der Gemeinsame Bundesausschuss nun zur Änderung der Bedarfsplanung veranlasst.

Die Orthopäden werden künftig gemeinsam mit den Chirurgen in einer gemeinsamen Arztgruppe zusammengefasst. Mit dieser Änderung geht eine Anpassung der Verhältniszahlen einher, wobei sich der Gemeinsame Bundesausschuss weiterhin an dem bisherigen Vorgehen orientiert und hierfür das Verhältnis der Einwohner zu der Zahl der niedergelassenen Orthopäden und Chirurgen heranzieht.

Damit hat aber die Zusammenfassung der Orthopäden und Chirurgen in einer Arztgruppe nicht nur Auswirkungen auf die mögliche Nachbesetzung von Stellen, die bislang von Fachärzten für Chirurgie besetzt sind. Vielmehr sind je nach regionaler Konstellation Änderungen bei den Versorgungsgraden der Chirurgen und Orthopäden zu erwarten. Es kann damit in bestimmten regionalen Konstellationen zur Feststellung von Überversorgung oder auch zu einer partiellen Entsperrung von Planungsbereichen im Rahmen der Bedarfsplanung kommen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss sieht in seinem Beschluss vor, dass die Zusammenfassung der Orthopäden und Chirurgen in einer gemeinsamen Arztgruppe 4 Jahre nach Inkrafttreten der Beschlussfassung nochmals auf den Prüfstand kommen soll. Sollten hierbei Verwerfungen innerhalb der Arztgruppe deutlich werden, wird der Gemeinsame Bundesausschuss sich dafür einsetzen, eine differenzierte Steuerungsmöglichkeit gesetzlich zu regeln.

Die Bundesärztekammer hat im Rahmen einer Stellungnahme gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Anpassung der Bedarfsplanungsrichtlinie begrüßt.

Der Beschluss mit den Änderungen der Bedarfsplanungsrichtlinie soll am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft treten. Eine vorsichtige Prognose ist, dass frühestens zum 2. Quartal 2019 mit einer entsprechenden Umsetzung gerechnet werden kann.

Thomas Oedekoven
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Medizinrecht

Über den Autor

  • Thomas Oedekoven

    Thomas Oedekoven ist zugelassen als Rechtsanwalt seit 2000 und Fachanwalt für Medizinrecht, Sozialrecht und für Versicherungsrecht. Zum Anwaltsprofil