Das „Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG)“ bringt mit zahlreichen neuen Regeln für Wohnungseigentümer und WEG-Verwalter deutliche Veränderungen.

Was ändert sich eigentlich?

1. Die Eigentümergemeinschaft
Künftig ist die Eigentümergemeinschaft Träger der gesamten Verwaltung, die durch ihre Organe mit der Eigentümerversammlung als Willensbildungsorgan und dem Verwalter als Vertretungsorgan handelt. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist nach § 9a Abs. 1 WEG-neu vollrechtsfähig.

2. Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Zur Harmonisierung von Miet- und Wohnungseigentumsrecht sind Mieter von Sondereigentumseinheiten nunmehr verpflichtet, Baumaßnahmen in der Wohnungseigentumsanlage zu dulden, § 15 WEG-neu.
Hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung sieht die WEG-Reform ebenfalls eine Harmonisierung vor. Bei vermieteten Eigentumswohnungen wird im Verhältnis zwischen dem vermietenden Eigentümer und dem Mieter die in der WEG geltende Kostenverteilung maßgeblich, § 556a Abs. 3 BGB-neu.

3. Sanierung und Modernisierung
Das Regime der Regelungen zum Themenkomplex Sanierung, Modernisierung und Vornahme baulicher Veränderungen von Wohnungseigentumsanlagen soll wesentlich vereinfacht werden. Nach § 20 Abs. 1 WEG-neu sind Beschlussfassungen über die Durchführung baulicher Veränderungen am Gemeinschaftseigentum oder die Gestattung baulicher Veränderungen mit einfacher Mehrheit möglich, ohne dass es auf die Zustimmung aller von einer Maßnahme beeinträchtigten Eigentümer ankommt. Dabei haben prinzipiell diejenigen Eigentümer die Kosten zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben. Jedoch haben alle Wohnungseigentümer die Kosten entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen, wenn die Maßnahme mit mehr als zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile beschlossen worden ist , § 21 Abs. 2 Nr. 1 WEG-neu.
Sollte die bauliche Veränderung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden sein, gilt die Kostentragung durch sämtliche Eigentümer nicht. Durch diese Einschränkung sollen einzelne Eigentümer vor einer finanziellen Überforderung geschützt werden. Eine Verteilung der Kosten auf sämtliche Eigentümer ist auch vorgesehen, wenn sich die Kosten der Maßnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren , § 21 Abs. 2 Nr. 2 WEG-neu. Was als angemessener Zeitraum zu verstehen ist, wird gesetzlich nicht festgeschrieben.
Jeder Wohnungseigentümer erhält zudem einen Anspruch darauf auf eigene Kosten den Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, einen barrierefreien Aus- und Umbau, Maßnahmen zum Einbruchsschutz sowie Zugang zu einem schnellen Internetanschluss zu schaffen, § 20 Abs. 2 WEG-neu.

4. Anspruch auf zertifizierten Verwalter
§ 19 Abs. 2 Nr. 6 WEG-neu gibt jedem Wohnungseigentümer das Recht, als Teil einer ordnungsmäßigen Verwaltung die Bestellung eines zertifizierten Verwalters – und damit einen Sachkundenachweis – zu verlangen. Nach § 26a Abs. 1 WEG-neu darf sich als zertifizierter Verwalter bezeichnen, wer vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Der Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters besteht erstmals zwei Jahre nach Inkrafttreten der WEG-Reform, damit das Zertifizierungsverfahren entwickelt und eingeführt werden kann.
Personen, die bei Inkrafttreten der WEG-Reform schon zum Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt sind, gelten gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft noch für weitere dreieinhalb Jahre als zertifizierter Verwalter. Verwaltern, die bereits über praktische Erfahrung verfügen, solle damit etwas Zeit eingeräumt werden, die Prüfung abzulegen.
Eine Ausnahme vom Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters besteht in kleineren Anlagen für Fälle der Eigenverwaltung. Diese Ausnahme setzt voraus, dass die Anlage aus weniger als neun Sondereigentumsrechten besteht und ein Wohnungseigentümer zum Verwalter bestellt wurde. Verlangt in einem solchen Fall wiederum ein Drittel der Wohnungseigentümer (nach Köpfen) die Bestellung eines zertifizierten Verwalters, muss ein solcher bestellt werden. Die im Jahr 2018 eingeführte Fortbildungspflicht für Verwalter bleibt von den Regelungen zum zertifizierten Verwalter unberührt, so dass Verwalter auch künftig 20 Stunden Fortbildung innerhalb von drei Jahren nachweisen müssen.

5. Verwalter erhalten mehr Befugnisse
Die Regelungen für den WEG-Verwalter werden grundlegend neu aufgestellt. Die Entscheidungs- und Vertretungsbefugnisse des Verwalters werden erweitert. Der Verwalter kann künftig in eigener Verantwortung ohne Beschlussfassung über Maßnahmen entscheiden, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen führen. Das sieht § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG-neu vor. Ein Maßstab für die Bedeutung einer Maßnahme und die Erheblichkeit daraus resultierender Verpflichtungen soll der Gesetzesbegründung zufolge die Größe der Anlage sein. Mit der Größe der Anlage wachse in der Regel der Kreis der Maßnahmen, die der Verwalter eigenverantwortlich treffen könne und müsse.
Neben kleineren Reparaturen soll auch der Abschluss von Versorgungs- und Dienstleistungsverträgen in beschränktem Umfang oder die gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen zum Kreis der Maßnahmen gehören können, die der Verwalter eigenverantwortlich und ohne Beschlussfassung durch die Eigentümer durchführen kann.
§ 27 Abs. 2 WEG-neu gibt den Wohnungseigentümern die Möglichkeit, selbst diejenigen Maßnahmen zu definieren, deren Erledigung sie in die Verantwortung des Verwalters legen wollen. Dazu können sie etwa Wertgrenzen oder Maßnahmenkataloge aufstellen. Möglich ist, einzelne Handlungen des Verwalters von der Zustimmung eines Wohnungseigentümers, des Verwaltungsbeirats oder eines Dritten abhängig zu machen.

6. Verwalter erhält Vertretungsmacht
Gemäß § 9b Abs. 1 WEG-neu besitzen Verwalter im Außenverhältnis nun eine Vertretungsmacht für die Gemeinschaft. Für den Abschluss eines Darlehensvertrages oder eines Grundstückskaufvertrages setzt dies allerdings einen Beschluss der Wohnungseigentümer voraus.

7. Vereinfachung von Eigentümerversammlungen und Beschlussfassung
Eigentümerversammlungen können künftig flexibler gestaltet werden und Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden. Nach § 23 Abs. 1 WEG-neu besteht eine Beschlusskompetenz, dass Eigentümer online an der Eigentümerversammlung teilnehmen können. Die Möglichkeit, Präsenzversammlungen per Mehrheitsbeschluss zugunsten reiner Online-Eigentümerversammlungen abzuschaffen, ist hiervon allerdings nicht umfasst.
Ferner ist zukünftig eine Eigentümerversammlung unabhängig von der Zahl der anwesenden oder vertretenen Eigentümer beziehungsweise Miteigentumsanteile beschlussfähig, denn § 25 Abs. 3 WEG in der bisherigen Form wird gestrichen. Damit sollen Aufwand und Kosten für Wiederholungsversammlungen vermieden werden.
In § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG-neu wird die Einberufungsfrist für Eigentümerversammlungen von zwei auf drei Wochen verlängert. Die Schriftform für Einberufungsverlangen ist durch Textform ersetzt worden, §24 Abs. 2 WEG-neu. Zudem wird es Wohnungseigentümern erleichtert, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, wenn eine Einberufung durch den Verwalter oder den Beiratsvorsitzenden nicht möglich ist.
Umlaufbeschlüsse bedürfen alsdann nur noch der Textform anstatt der Schriftform, § 23 Abs. 3 WEG-neu. Hierdurch soll die Möglichkeit eröffnet werden, elektronische Kommunikationsmittel zu nutzen, um einen Umlaufbeschluss zu fassen. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG-neu können die Wohnungseigentümer künftig bezüglich konkreter Beschlussgegenstände beschließen, dass hierüber im Umlaufverfahren mit Stimmenmehrheit entschieden werden kann.
In § 24 Abs. 6 Satz 1 WEG-neu wird ausdrücklich normiert, dass das Protokoll der Eigentümerversammlung unverzüglich nach deren Beendigung erstellt werden muss. Es bleibt bei der Pflicht eine Beschlusssammlung zu führen.

8. Recht auf Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen
Jeder Wohnungseigentümer erhält durch § 18 Abs. 4 WEG-neu gegenüber der Gemeinschaft ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen.

9. Flexiblere Entscheidung über Kostentragung
Die Wohnungseigentümer können künftig umfassender über die Kostenverteilung beschließen. § 16 Abs. 2 WEG-neu sieht vor, dass die Eigentümer künftig mit einfacher Stimmenmehrheit und losgelöst vom Einzelfall über die Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Kostenarten beschließen können.

10. Verwaltungsbeirat wird flexibler ausgestaltet
Auch die Regelungen zum Verwaltungsbeirat werden durch die WEG-Reform angepasst. Die Wohnungseigentümer können die Zahl der Beiratsmitglieder künftig flexibel durch Beschluss festlegen. Die in § 29 Abs. 1 WEG enthaltene Festlegung auf drei Beiratsmitglieder entfällt. Zudem beschränkt § 29 Abs. 3 WEG-neu die Haftung ehrenamtlicher Beiräte auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Der Verwaltungsbeirat erhält als Aufgabengebiet in § 29 Abs. 2 WEG-neu ausdrücklich die Überwachung des Verwalters.

11. Einfachere Abberufung des Verwalters
Wohnungseigentümergemeinschaften können sich aufgrund § 26 Abs. 3 WEG-neu einfacher von einem Verwalter trennen. Die Abberufung des Verwalters ist nicht mehr vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig, sondern die Wohnungseigentümer können den Verwalter jederzeit abberufen Spätestens sechs Monate nach der Abberufung endet der Verwaltervertrag.

12. Anfechtungsklage gegen die Gemeinschaft
Die Regelungen zu Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen werden neu ausgestaltet. Da allein die Gemeinschaft Träger der Verwaltung ist, richten sich derartige Klagen dementsprechend gegen die Gemeinschaft anstatt – wie nach aktueller Rechtslage – gegen die einzelnen Wohnungseigentümer.

13. Abschaffung Kostenentscheidung zulasten des Verwalters
§ 49 Abs. 2 WEG, wonach das Gericht dem Verwalter im Falle groben Verschuldens Prozesskosten auferlegen kann, wird im Zuge der WEG-Reform gestrichen.

14. Grundbucheintragung vereinbarungsändernder Beschlüsse
Um einen besseren Erwerberschutz zu gewährleisten, bedürfen Beschlüsse, die die Eigentümer auf Grundlage einer rechtsgeschäftlichen Öffnungsklausel gefasst haben, in Zukunft der Eintragung im Grundbuch, um gegenüber Rechtsnachfolgern zu wirken, § 10 Abs. 3 WEG-neu. Nicht unbeachtlich sind hier die zukünftig anfallenden Kosten einer solchen Eintragung.

15. Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft
Um Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Rechtsfigur der „werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft“ zu beseitigen, sieht die WEG-Reform vor, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer künftig schon mit Anlage der Wohnungsgrundbücher als Ein-Mann-Gemeinschaft entsteht. Ersterwerber von Wohnungseigentum können nun schon ab Besitzübergabe über die Verwaltung mitentscheiden, § 8 Abs. 3 WEG-neu. Damit findet die von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsfigur „werdender Wohnungseigentümer“ auch im Gesetz Niederschlag.

16. Sondereigentumsfähigkeit
Die WEG-Reform erweitert die Sondereigentumsfähigkeit auf Freiflächen wie Stellplätze und Terrassen, § 3 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WEG-neu. Die derzeitige Praxis sah die Begründung sondereigentumsähnlich ausgestaltete Sondernutzungsrechte an solchen Flächen vor.

17. Gegenstand und Inhalt der Jahresabrechnung
Das Recht zur Jahresabrechnung wird neu geregelt. Insbesondere beschränkt sich die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung auf die Abrechnungsspitze, § 28 Abs. 2 WEG-neu; das Rechenwerk selbst hingegen ist zukünftig nicht mehr Beschlussgegenstand.
Verwalter sind nun nach § 28 Abs. 4 WEG-neu verpflichtet, nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht aufzustellen, welcher die Darstellung der Instandhaltungsrückstellung sowie eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Die Instandhaltungsrückstellung/Instandhaltungsrücklage erhält den nuen Namen „Erhaltungsrücklage“, um zu verdeutlichen, dass es sich nicht lediglich um einen bilanziellen Posten, sondern um verfügbares Vermögen handelt.

18. Entziehung des Wohnungseigentums
Mit der WEG-Reform werden die Vorschriften zur Entziehung des Wohnungseigentums angepasst. So ist in § 17 Abs. 2 WEG-neu allgemein formuliert, dass eine Verletzung der Pflichten, die gegenüber der Gemeinschaft bestehen, eine Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen kann. Dies kann der Begründung zufolge etwa eine Verletzung der Pflicht zur Kostentragung sein.

Fazit
Die WEG Reform 2020 ist nach langem Hin und Her tatsächlich beschlossene Sache. Die vorliegende Gesetzesänderung versucht, einige der dringendsten Fragen zu klären, denn Praxis und die gesetzlichen Regelungen lagen oft weit voneinander entfernt. Dennoch werden durch das WEMoG ab Dezember in vielen Bereichen bedauerlicherweise neue Problem- und Streitpunkte für Wohnungseigentümer entstehen.

Über den Autor

  • Bianca M. Janßen

    Bianca M. Janßen ist seit 2005 als Rechtsanwältin zugelassen. Zudem ist sie Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Miet- und Wohneigentumsrecht. Anwaltsprofil