Wenn ich als Geschäfts­füh­rer einer GmbH zuguns­ten die­ser Gesell­schaft eine Patro­nats­er­klä­rung erhal­ten habe und die wirt­schaft­li­che Situa­ti­on schwie­rig ist, kann sich die­se vor­er­wähn­te Fra­ge stel­len. Da der Begriff der „Patro­nats­er­klä­rung“ eine Sam­mel­be­zeich­nung ist, muss zur Beant­wor­tung die­ser ein­gangs gestell­ten Fra­ge zwi­schen den ein­zel­nen Erklä­rungs­ar­ten unter­schie­den wer­den.

Mit einer Patro­nats­er­klä­rung gemeint sind Erklä­run­gen, mit denen der soge­nann­te Patron es über­nimmt, (für den soge­nann­ten Patro­nier­ten) etwas für die wirt­schaft­li­che Lage, ins­be­son­de­re die Kre­dit­wür­dig­keit zu tun und damit des­sen wirt­schaft­li­che Situa­ti­on zu stär­ken. Abge­ge­ben wer­den der­ar­ti­ge Erklä­run­gen bei­spiels­wei­se im Ver­hält­nis der Mut­ter­ge­sell­schaft als soge­nann­ter Patro­nin für eine Toch­ter­ge­sell­schaft.

I.

Um das Ergeb­nis vor­weg­zu­neh­men und anschlie­ßend zu erläu­tern: Hilf­reich zur Ver­mei­dung der Insol­venz kön­nen soge­nann­te har­te inter­ne Patro­nats­er­klä­run­gen sein. Wie die­sem Begriff zu ent­neh­men ist, gibt es dem­zu­fol­ge eine Dif­fe­ren­zie­rung und die­se betrifft die Begriffs­paa­re: „hart“ und „weich“ und „intern“ und „extern“.

Was ist damit gemeint?

1. Har­te und wei­che Patro­nats­er­klä­run­gen

Eine wei­che Patro­nats­er­klä­rung hat kei­ne recht­li­che Bin­dungs­wir­kung und ist dem­entspre­chend „weich” for­mu­liert, wie z.B.: „Wir ste­hen jeder­zeit hin­ter unse­rer Toch­ter­ge­sell­schaft“ oder „Wir sind mit der Kre­dit­auf­nah­me durch unse­re Toch­ter­ge­sell­schaft ein­ver­stan­den“. Hier­aus lässt sich für nie­man­den ein Anspruch her­lei­ten.

Die har­te Patro­nats­er­klä­rung ent­hält dage­gen eine Ver­pflich­tung der Patro­nin. Die­se kann bei­spiels­wei­se lau­ten, dass die Toch­ter­ge­sell­schaft mit den not­wen­di­gen finan­zi­el­len Mit­teln aus­ge­stat­tet wird, sodass sie ihre finan­zi­el­len Ver­pflich­tun­gen erbrin­gen kann.

2. Inter­ne und exter­ne Patro­nats­er­klä­run­gen

Im Wei­te­ren wird mit die­ser Unter­schei­dung zwi­schen intern und extern dif­fe­ren­ziert, wer den Anspruch aus der har­ten Patro­nats­er­klä­rung hat.

Bei einer exter­nen Patro­nats­er­klä­rung wird die Ein­stands­pflicht gegen­über den Gläu­bi­gern der Toch­ter­ge­sell­schaft abge­ge­ben. Im Fal­le der inter­nen Patro­nats­er­klä­rung ist der Adres­sat und damit der Anspruchs­in­ha­ber aus der Patro­nats­er­klä­rung die Toch­ter­ge­sell­schaft selbst. Sie hat aus der inter­nen Patro­nats­er­klä­rung ein eige­nes For­de­rungs­recht.

II.

 

Soweit es die exter­ne Patro­nats­er­klä­rung betrifft, hat der Bun­des­ge­richts­hof mit Urteil vom 19.05.2011 (AZ: IX ZR 9/10) ent­schie­den, dass die­se auf­grund des Umstan­des, dass aus ihr von der Toch­ter­ge­sell­schaft kei­ne eige­nen Rech­te her­ge­lei­tet wer­den kön­nen, weder eine Zah­lungs­un­fä­hig­keit noch eine Über­schul­dung der Toch­ter­ge­sell­schaft besei­tigt wer­den kann. Dies sei viel­mehr erst mög­lich, wenn die Patro­nin ihre gegen­über dem Gläu­bi­ger ein­ge­gan­ge­nen Ver­pflich­tun­gen durch eine Liqui­di­täts­aus­stat­tung der Toch­ter­ge­sell­schaft auch tat­säch­lich erfüllt habe.

 

III.

 

Damit ver­bleibt als Mög­lich­keit zur Ver­mei­dung der Insol­venz aus dem Spek­trum der unter­schied­li­chen Arten von Patro­nats­er­klä­run­gen die har­te inter­ne Patro­nats­er­klä­rung. Sie wird gegen­über der Toch­ter­ge­sell­schaft abge­ge­ben und kann bei­spiels­wei­se die­ser gegen­über die Ver­pflich­tung beinhal­ten,

„dafür zu sor­gen, dass die Toch­ter­ge­sell­schaft finan­zi­ell so aus­ge­stat­tet bleibt und gege­be­nen­falls von der Mut­ter­ge­sell­schaft so aus­ge­stat­tet wird, dass sie ihre finan­zi­el­len Ver­pflich­tun­gen erbrin­gen kann.“

Unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen kön­nen nun­mehr durch eine der­ar­ti­ge har­te inter­ne Patro­nats­er­klä­rung die Insol­venz­grün­de der Zah­lungs­un­fä­hig­keit und Über­schul­dung besei­tigt wer­den?

1. Insol­venz­grund der Zah­lungs­un­fä­hig­keit

Die­se posi­ti­ven Aus­wir­kun­gen bestehen, wenn der Anspruch aus die­ser Patro­nats­er­klä­rung in die Liqui­di­täts­pla­nung der Toch­ter­ge­sell­schaft mit einem ent­spre­chen­den zu erwar­ten­den Liqui­di­täts­zu­fluss ein­ge­stellt wer­den kann — und damit die Zah­lungs­un­fä­hig­keit besei­tigt wer­den kann.

Dies kann wie­der­um erfol­gen, wenn mit einer über­wie­gen­den Wahr­schein­lich­keit mit einem Zah­lungs­ein­gang aus der For­de­rung, die aus der Patro­nats­er­klä­rung resul­tiert, zu dem Zeit­punkt, zu dem sie in die Liqui­di­täts­pla­nung ein­ge­stellt wird, gerech­net wer­den kann. Die Vor­aus­set­zun­gen hier­für sind fol­gen­de:

  • Ein eige­nes For­de­rungs­recht aus der Absichts­er­klä­rung: Zu beja­hen auf­grund des Umstan­des, dass eine har­te inter­ne Patro­nats­er­klä­rung vor­liegt.
  • Die­se Erklä­rung muss zuguns­ten aller Gläu­bi­ger und damit aller Ver­bind­lich­kei­ten abge­ge­ben wor­den sein.
  • Der Anspruch gegen­über der Patro­nin muss voll­wer­tig sein. Hier­zu bedarf es einer Kennt­nis und Bewer­tung der wirt­schaft­li­chen Situa­ti­on des Erklä­ren­den im Hin­blick auf den gel­tend zu machen­den Betrag.
  • Die Bereit­schaft der Patro­nin, die Mit­tel kurz­fris­tig zur Ver­fü­gung zu stel­len. Denn nur unter die­ser Vor­aus­set­zung kann eine dro­hen­de Zah­lungs­un­fä­hig­keit abge­wen­det wer­den.
  • Im Wei­te­ren bedarf es einer Rege­lung im Zuge der Patro­nats­er­klä­rung, wel­che Rechts­fol­gen eine hier­aus resul­tie­ren­de Zah­lung mit sich bringt. Wenn aus der Inan­spruch­nah­me der Patro­nats­er­klä­rung ein Regress­an­spruch und damit eine For­de­rung auf Rück­zah­lung ver­bun­den ist, so wären die­se Rück­zah­lungs­ver­pflich­tun­gen eben­falls in die Liqui­di­täts­pla­nung ein­zu­stel­len. Wenn die­se Leis­tun­gen nicht als Gesell­schafts­ein­la­ge bewer­tet wer­den sol­len, so wird es sich um ein Dar­le­hen han­deln müs­sen, das als nach­ran­gig qua­li­fi­ziert wird, um das Ziel der Insol­venz­ver­mei­dung über eine Patro­nats­er­klä­rung zu errei­chen.

2. Insol­venz­grund der Über­schul­dung

Eine insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung besteht gemäß § 19 Abs. 2 InsO, wenn:

  • die Fort­füh­rungs­pro­gno­se nega­tiv ist;
  • und eine rech­ne­ri­sche Über­schul­dung vor­liegt.

Damit ist die Fra­ge, wel­che Aus­wir­kun­gen eine Patro­nats­er­klä­rung auf die insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung hat, jeweils im Hin­blick auf die­se bei­den Aspek­te zu beant­wor­ten.

a. Rech­ne­ri­sche Über­schul­dung

Da die har­te inter­ne Patro­nats­er­klä­rung einen Anspruch beinhal­tet, kann die­ser akti­viert wer­den. Die Vor­aus­set­zung hier­für ist die Voll­wer­tig­keit der For­de­rung.

Zudem muss aus der Erklä­rung her­aus die Fra­ge beant­wor­tet wer­den, ob es Gegen­an­sprü­che der Patro­nin im Fal­le der Inan­spruch­nah­me aus der Patro­nats­er­klä­rung gibt. Denn wenn der Akti­vie­rung auf der ande­ren Sei­te eine Pas­si­vie­rung von Regress­an­sprü­chen gegen­über­steht, ist im Hin­blick auf eine rech­ne­ri­sche Über­schul­dung nichts gewon­nen.

Not­wen­dig zur Zwecker­rei­chung der Insol­venz­ver­mei­dung und damit hier der Ver­mei­dung einer insol­venz­recht­li­chen Über­schul­dung ist eine Rege­lung, wonach es sich bei den Gegen­an­sprü­chen um ein Dar­le­hen han­delt, hin­sicht­lich des­sen der Rang­rück­tritt erklärt wor­den ist. Infol­ge­des­sen wäre die­ses Dar­le­hen im Zuge eines insol­venz­recht­li­chen Über­schul­dungs­sta­tus nicht zu pas­si­vie­ren.

b. Fort­füh­rungs­pro­gno­se

Liegt eine posi­ti­ve Fort­füh­rungs­pro­gno­se vor, besteht unab­hän­gig von der Fra­ge der rech­ne­ri­schen Über­schul­dung kei­ne insol­venz­recht­li­che Über­schul­dung. Eine Fort­füh­rungs­pro­gno­se ist in drei Stu­fen auf­zu­stel­len:

  • In der ers­ten Stu­fe ein aus­sa­ge­kräf­ti­ges und plau­si­bles Unter­neh­mens­kon­zept.
  • Im zwei­ten Schritt auf der Grund­la­ge des Unter­neh­mens­kon­zep­tes ein Finanz­plan, in dem die finan­zi­el­le Ent­wick­lung des Unter­neh­mens für einen Pro­gno­se­zeit­raum von zumin­dest 12 Mona­ten dar­ge­stellt wird. Die­ser Finanz­plan muss die Zah­lungs­fä­hig­keit des Unter­neh­mens dar­le­gen, nicht aber des­sen Ertrags­kraft bele­gen. Die­ser Aspekt ist wie­der­um für Start-Up Unter­neh­men von Rele­vanz.
  • In der drit­ten Stu­fe soll schließ­lich die Fort­füh­rungs­pro­gno­se aus dem Ergeb­nis des Finanz­pla­nes abge­lei­tet wer­den.

Die rele­van­te Vor­aus­set­zung für die Fort­füh­rungs­pro­gno­se ist dem­zu­fol­ge letzt­end­lich eine Liqui­di­täts­pla­nung für die nächs­ten 12 Mona­te, aus der ersicht­lich ist, dass allen fäl­li­gen Zah­lungs­pflich­ten nach­ge­kom­men wer­den kann. Und wenn es die­se Liqui­di­täts­pla­nung, resul­tie­rend aus einem Unter­neh­mens­kon­zept mit posi­ti­vem Ergeb­nis gibt, liegt auch der Insol­venz­grund der Zah­lungs­un­fä­hig­keit nicht vor.

Die Vor­aus­set­zun­gen, die für die Ein­stel­lung des Anspru­ches in die Liqui­di­täts­pla­nung vor­lie­gen müs­sen, sind bereits unter dem The­ma des Insol­venz­grun­des der Zah­lungs­un­fä­hig­keit benannt. Hier­auf ist zu ver­wei­sen.

IV.

 

Dies bedeu­tet für Sie als Geschäfts­füh­rung: Die Liqui­di­täts­pla­nung ist der Dreh- und Angel­punkt für die Fra­ge, ob die Insol­venz­grün­de der Zah­lungs­un­fä­hig­keit und Über­schul­dung vor­lie­gen. Hier­auf ist ein beson­de­res Augen­merk zu legen und ins­be­son­de­re der im Gesetz aus­drück­lich fest­ge­hal­te­ne Pla­nungs­zeit­raum von 12 Mona­ten (im Hin­blick auf die Fort­füh­rungs­pro­gno­se zur Ver­mei­dung der insol­venz­recht­li­chen Über­schul­dung) zu berück­sich­ti­gen.

Ergibt sich eine Liqui­di­täts­un­ter­de­ckung, so muss die Patro­nats­er­klä­rung und der dar­aus resul­tie­ren­de Anspruch die vor­er­wähn­ten Vor­aus­set­zun­gen erfül­len, um als zu erwar­ten­der Zah­lungs­ein­gang in die Liqui­di­täts­pla­nung auf­ge­nom­men wer­den zu kön­nen. Wenn die­se Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind und sich hier­aus ein posi­ti­ves Liqui­di­täts­er­geb­nis ergibt, hat die har­te inter­ne Patro­nats­er­klä­rung zur Ver­mei­dung der Insol­venz gehol­fen.

Soweit Sie zu die­ser The­ma­tik Fra­gen oder Anmer­kun­gen haben, mel­den Sie sich ger­ne bei mir unter lange@dhk-law.com oder tele­fo­nisch über mei­ne Mit­ar­bei­te­rin, Frau Koll, unter der Tele­fon­num­mer 0241/94621–138.

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Über den Autor

  • Carsten Lange

    Cars­ten Lan­ge ist zuge­las­se­ner Rechts­an­walt seit 1996 und Fach­an­walt für Insol­venz­recht und für Steu­er­recht, zudem ist er aus­ge­bil­de­ter Wirt­schafts­me­dia­tor und Coach. Zum Anwalts­pro­fil