Im Lich­te der Hono­rar­arzt-Ent­schei­dung des BGH und der Gesetz­ge­bung zur Bekämp­fung der Kor­rup­ti­on im Gesund­heits­we­sen (§§ 299a und 299b StGB)

I. Zuläs­sig­keit von Hono­rar­arzt­ver­trä­gen

Die durch das Psy­chEntgG erfolg­te Ergän­zung des § 2 Abs. 1 Kran­ken­haus­ent­gelt­ge­setz doku­men­tiert den Wil­len des Gesetz­ge­bers, eine hono­rar­ärzt­li­che Tätig­keit des nie­der­ge­las­se­nen Arz­tes im Kran­ken­haus zuzu­las­sen. An der grund­sätz­li­chen Zuläs­sig­keit der Tätig­keit nie­der­ge­las­se­ner Ärz­te im Kran­ken­haus im Rah­men von Hono­rar­arzt­ver­trä­gen besteht somit kein Zwei­fel mehr.

Dies bedeu­tet jedoch nicht, dass damit sämt­li­che Pro­ble­me der­ar­ti­ger Ver­trags­kon­stel­la­tio­nen besei­tigt sind.

1. Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht

Die Recht­spre­chung der inso­weit zustän­di­gen Sozi­al­ge­rich­te ist nicht ein­heit­lich. Es besteht durch­aus die Gefahr, dass sei­tens der sozi­al­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung bestehen­de Hono­rar­arzt­ver­trä­ge als sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­ge Beschäf­ti­gung des Arz­tes im Kran­ken­haus gedeu­tet wer­den.

Die bis­lang in die­sem Sin­ne ergan­ge­ne Recht­spre­chung argu­men­tiert, dass der Hono­rar­arzt in den Kran­ken­haus­be­trieb ein­ge­glie­dert ist. Fer­ner erfolgt eine Ver­gü­tung nach fes­ten Stun­den­sät­zen oder fes­ten Pau­scha­len, so dass der Hono­rar­arzt kein unter­neh­me­ri­sches Risi­ko tra­ge. Der Kran­ken­haus­trä­ger bestim­me den Ort der Tätig­keit und die Zeit der Tätig­keit des Hono­rar­arz­tes und sei dies auch nur durch bestimm­te OP-Zei­ten, die sei­tens des Kran­ken­haus­trä­gers zur Ver­fü­gung gestellt wer­den.

Da aber die Ein­glie­de­rung in den Betrieb des poten­ti­el­len Arbeit­ge­bers sowie die Fra­ge nach einem unter­neh­me­ri­schen Risi­ko die wesent­li­chen Abgren­zungs­kri­te­ri­en zwi­schen einer selb­stän­di­gen und einer abhän­gi­gen Tätig­keit sind, gelan­gen die Sozi­al­ge­rich­te je nach Wort­laut des zu Grun­de lie­gen­den Hono­rar­arzt­ver­tra­ges bei einer Bewer­tung die­ser Kri­te­ri­en als­dann zu einer abhän­gi­gen Beschäf­ti­gung des Hono­rar­arz­tes im Kran­ken­haus. Hier­aus resul­tiert als dann wie­der­um die Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht die­ser Tätig­keit in den gesetz­li­chen Sozi­al­ver­si­che­rungs­zwei­gen.

Für die Ver­trags­pra­xis bedeu­tet dies, dass idea­ler­wei­se Hono­rar­arzt­ver­trä­ge nicht mit ein­zel­nen Ärz­ten son­dern mit Per­so­nen­grup­pen abge­schlos­sen wer­den, wobei es als­dann die­sen Per­so­nen­grup­pen über­las­sen bleibt, dass mit dem Kran­ken­haus ver­ein­bar­te Auf­trags­vo­lu­men unter­ein­an­der zu ver­tei­len. Hier­durch lie­ße sich eine Ein­glie­de­rung eines ein­zel­nen Arz­tes in den Kran­ken­haus­be­trieb ver­mei­den.

Die Ver­ein­ba­rung einer fes­ten Ver­gü­tung des Hono­rar­arz­tes soll­te auf jeden Fall ver­mie­den wer­den. Soweit mög­lich, soll­te Ort und Zeit der Arbeits­aus­füh­rung wei­test­ge­hend der Ent­schei­dungs­be­fug­nis des Hono­rar­arz­tes über­las­sen wer­den.

Hier­durch lässt sich das Risi­ko einer sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­ti­gen Tätig­keit des Hono­rar­arz­tes im Kran­ken­haus zumin­dest erheb­lich redu­zie­ren wenn nicht gar besei­ti­gen.

2. Hono­rar­arzt-Ent­schei­dung des BGH vom 16.10.2014

Mit Urteil vom 16.10.2014, Az. III ZR 85/14, hat der Bun­des­ge­richts­hof (BGH) die Rah­men­be­din­gun­gen beschrie­ben, die zur Erbrin­gung von Wahl­leis­tun­gen im Kran­ken­haus ein­zu­hal­ten sind.

Ins­be­son­de­re wur­de die Fra­ge geklärt, ob Hono­rar­ärz­te berech­tigt sind, auf­grund einer blo­ßen Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung mit dem Kran­ken­haus­trä­ger ärzt­li­che Wahl­leis­tun­gen im Kran­ken­haus zu erbrin­gen.

Hono­rar­arzt im Sin­ne der Ent­schei­dung ist dabei der Arzt, der im sta­tio­nä­ren oder ambu­lan­ten Bereich des Kran­ken­hau­ses ärzt­li­che Leis­tun­gen für den Kran­ken­haus­trä­ger erbringt, ohne bei die­sem ange­stellt oder als Beleg­arzt oder Kon­si­li­ar­arzt tätig zu sein.

In der genann­ten Ent­schei­dung hat der BGH fest­ge­stellt, dass Hono­rar­ärz­te allein auf­grund einer Koope­ra­ti­ons­ver­ein­ba­rung mit dem Kran­ken­haus­trä­ger nicht berech­tigt sind, wahl­ärzt­li­che Leis­tun­gen im Kran­ken­haus zu erbrin­gen. Der BGH ver­weist auf § 17 Abs. 3 S. 1 Kran­ken­haus­ent­gelt­ge­setz. Dort sei abschlie­ßend gere­gelt, wer hin­sicht­lich der Erbrin­gung von Wahl­leis­tun­gen liqui­da­ti­ons­be­rech­tigt ist. Die­se Vor­schrift sei eine zwin­gen­de gesetz­li­che Rege­lung, die zum Schutz des Pri­vat­pa­ti­en­ten auch nicht durch indi­vi­du­el­le Hono­rar­ver­ein­ba­run­gen abge­än­dert wer­den kön­ne.

Der Kreis der liqui­da­ti­ons­be­rech­tig­ten Ärz­te sei nicht auf Hono­rar­ärz­te aus­zu­wei­ten, da mit der Wahl­leis­tungs­ver­ein­ba­rung und dem damit fäl­lig wer­den­den zusätz­li­chen Ent­gelt über den fach­ärzt­li­chen Behand­lungs­stan­dard hin­aus sei­tens des Pati­en­ten ein »Chef­arzt­stan­dard« ein­ge­kauft wer­de. Da nicht davon aus­ge­gan­gen wer­den kön­ne, dass sämt­li­che am Kran­ken­haus täti­ge Hono­rar­ärz­te die­sen »Chef­arzt­stan­dard« erbrin­gen kön­nen, son­dern im wesent­li­chen den übli­chen »Fach­arzt­stan­dard« erbrin­gen, sei die Ver­pflich­tung zur Zah­lung eines zusätz­li­chen Ent­gel­tes für den Pri­vat­pa­ti­en­ten nicht ange­mes­sen.

Fest­zu­hal­ten ist, dass nach der Ent­schei­dung des BGH vom 16.10.2014 der Hono­rar­arzt nicht zum Kreis der liqui­da­ti­ons­be­rech­tig­ten Ärz­te gehört, so dass ärzt­li­che Wahl­leis­tun­gen von ihm nicht erbracht und abge­rech­net wer­den kön­nen.

Wei­ter­hin mög­lich bleibt aller­dings nach der Ent­schei­dung des BGH die Ver­tre­tung des Wahl­arz­tes durch den Hono­rar­arzt.

Zu unter­schei­den ist dabei zwi­schen der Ver­tre­tung des Wahl­arz­tes durch den nament­lich benann­ten stän­di­gen ärzt­li­chen Ver­tre­ter bei unvor­her­ge­se­he­ner Abwe­sen­heit des Wahl­arz­tes und der von vor­ne­her­ein geplan­ten Ver­tre­tung des Wahl­arz­tes.

Im Fall der von vorn­her­ein bekann­ten Ver­tre­tung des Wahl­arz­tes kann die­se Ver­tre­tung nicht im Rah­men der Wahl­leis­tungs­ver­ein­ba­rung, son­dern nur über eine sepa­ra­te Ver­gü­tungs­ver­ein­ba­rung gere­gelt wer­den. Nach der Ent­schei­dung des BGH vom 16.10.2014 tritt dane­ben noch die Mög­lich­keit der Ver­tre­tung des Wahl­arz­tes durch den »gewünsch­ten Ver­tre­ter«. Emp­feh­lens­wert hier­für ist der Abschluss einer indi­vi­du­el­len Ver­tre­tungs­ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Pati­en­ten und dem Kran­ken­haus­trä­ger, wonach im Fall der vor­her­seh­ba­ren Ver­hin­de­rung des Wahl­arz­tes ein bestimm­ter Hono­rar­arzt als »gewünsch­ten Ver­tre­ter« die ärzt­li­chen Wahl­leis­tun­gen erbrin­gen kann.

Da der BGH aller­dings aus­drück­lich zwi­schen der Fach­arzt­qua­li­fi­ka­ti­on und der Chef­arzt­qua­li­fi­ka­ti­on unter­schei­det, wird man für den Hono­rar­arzt zumin­dest eine beson­de­re Qua­li­fi­ka­ti­on for­dern müs­sen, die die­sen über den übli­chen Fach­arzt­stan­dard stellt. Aus­rei­chend hier­für dürf­te auch eine gewach­se­ne Ver­trau­ens­be­zie­hung zwi­schen dem Hono­rar­arzt und dem Pati­en­ten sein.

Die­se zusätz­li­che Vor­aus­set­zung dürf­te aller­dings in den Anwen­dungs­be­reich einer mög­li­chen indi­vi­du­el­len Ver­tre­tungs­re­ge­lung, wonach der Hono­rar­arzt als »gewünsch­ter Ver­tre­ter« tätig wird, zusätz­lich ein­engen.

II. Gesetz zur Bekämp­fung der Kor­rup­ti­on im Gesund­heits­we­sen

Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die neu­en Straf­bar­keits­re­ge­lun­gen zur Bekämp­fung der Kor­rup­ti­on im Gesund­heits­we­sen im Juli oder August 2016 in Kraft tre­ten.

In der zuletzt ver­ab­schie­de­ten Fas­sung der Straf­bar­keits­re­ge­lun­gen wer­den der Aus­tausch von Vor­teil und unlau­te­rer Bevor­zu­gung im Wett­be­werb unter Stra­fe gestellt. Ein Vor­teil in die­sem Sin­ne ist jede Leis­tung, auf die der Emp­fän­ger kei­nen durch eine Gegen­leis­tung gedeck­ten Anspruch hat und die ihn in sei­ner wirt­schaft­li­chen oder per­sön­li­chen Lage objek­tiv bes­ser stellt.

Die Tätig­keit des nie­der­ge­las­se­nen Arz­tes als Hono­rar­arzt im Kran­ken­haus unter­liegt nicht auto­ma­tisch der Straf­bar­keit. Die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Ver­trags­ärz­ten und Kran­ken­häu­sern ist vom Gesetz­ge­ber aus­drück­lich gewünscht. Es ist auch nicht straf­bar, wenn ein nie­der­ge­las­se­ner Ver­trags­arzt einen Kran­ken­haus­pa­ti­en­ten über­weist, den er als­dann dort selbst gegen ein Ent­gelt ambu­lant ope­riert. Es müss­ten wei­te­re Umstän­de hin­zu­tre­ten, um eine Straf­bar­keit zu begrün­den.

Wesent­li­ches Kri­te­ri­um ist die Ange­mes­sen­heit von Leis­tung und Gegen­leis­tung. Erhält der Ver­trags­arzt als Hono­rar­arzt eine Ver­gü­tung, die ange­mes­sen gedeckt ist, so erhält der Hono­rar­arzt kei­nen Vor­teil im Sin­ne der neu­en Straf­ge­setz­ge­bung. Erhält jedoch der Ver­trags­arzt als Hono­rar­arzt ein unan­ge­mes­sen hohes Hono­rar, das nicht nur die ärzt­li­che Leis­tung son­dern auch die blo­ße Zuwei­sung des Pati­en­ten in das Kran­ken­haus hono­riert, so liegt eine die Straf­bar­keit begrün­den­de Unrechts­ver­ein­ba­rung vor.

Vor­sicht ist somit bei allen Ver­trags­kon­stel­la­tio­nen ange­zeigt, die dem Hono­rar­arzt einen höhe­ren Anteil an den DRG-Fall­pau­scha­len gewäh­ren, als der dar­in tat­säch­lich ent­hal­te­ne ärzt­lich kal­ku­lier­te Anteil.

Es emp­fiehlt sich, bestehen­de Hono­rar­arzt­ver­trä­ge im Hin­blick auf die Hono­rar­arzt-Ent­schei­dung des BGH vom 16.10.2014 einer­seits, ande­rer­seits aber auch vor dem Hin­ter­grund der aktu­el­len straf­recht­li­chen Ent­wick­lung zu über­prü­fen.

Tho­mas Oede­ko­ven,
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