Selb­stän­di­ge, Frei­be­ruf­ler und Mit­ar­bei­ter, die im Auf­trag eines Unter­neh­mens im Aus­land tätig wer­den, müs­sen die soge­nann­te A1-Beschei­ni­gung mit sich füh­ren, um bei Kon­trol­len vor Ort den Nach­weis zu füh­ren, dass die ent­sand­te Per­son der Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht im Ent­sen­dungs­staat unter­liegt.

Dies ist in aller Regel kein Pro­blem bei län­ge­ren oder lang­fris­tig geplan­ten Aus­lands­ein­sät­zen. Gera­de aber in Grenz­ge­bie­ten kommt es häu­fig zu sehr kurz­fris­ti­gen Ein­sät­zen, wo es prak­tisch aus­ge­schlos­sen ist, die Beschei­ni­gung recht­zei­tig zu erhal­ten. Man den­ke nur an Leis­tun­gen wie die des Dach­de­ckers nach einem Sturm, eines Hei­zungs­mon­teurs bei Aus­fall der Hei­zung, der grenz­über­schrei­ten­den Abho­lung eines PKWs, der eine Pan­ne hat oder nur die kurz­fris­ti­ge Ver­hand­lung von Ver­trä­gen…

Zwar ist eine nach­träg­li­che Beschei­ni­gung mög­lich, um die Sozi­al­ver­si­che­rungs­pflicht nach­zu­wei­sen. Dies gilt aller­dings nur dann, wenn im Ziel­land das natio­na­le Recht auch eine sol­che Hei­lungs­mög­lich­keit vor­sieht.

Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Sozia­les hat einen nütz­li­chen Hin­weis zur „Hand­ha­bung der Beschei­ni­gung A1 bei kurz­fris­tig anbe­raum­ten und kurz­zei­ti­gen Tätig­kei­ten im EU-Aus­land, den EWR-Staa­ten Island, Liech­ten­stein und Nor­we­gen sowie der Schweiz“ ver­öf­fent­licht.

Zusam­men­ge­fasst gilt dabei fol­gen­des:

Eine A1-Beschei­ni­gung für die vor­über­ge­hen­de Erwerbs­tä­tig­keit eines Selbst­stän­di­gen bzw. für die Ent­sen­dung einer abhän­gig beschäf­tig­ten Per­son in einen ande­ren Mit­glied­staat muss gem. der Ver­ord­nung (EG) Nr. 883/2004 zur Koor­di­nie­rung der Sozi­al­sys­te­me vor der Geschäfts­rei­se beim zustän­di­gen Ver­si­che­rungs­trä­ger bean­tragt und bei der Rei­se mit­ge­führt wer­den.

Antrag­stel­lung für eine A1-Beschei­ni­gung beim „zustän­di­gen Ver­si­che­rungs­trä­ger“

Gesetz­lich kran­ken­ver­si­cher­te Mit­glie­der eines Ver­sor­gungs­werks müs­sen ihren A1-Antrag bei der für sie zustän­di­gen Kran­ken­kas­se stel­len.

Pri­vat kran­ken­ver­si­cher­te Mit­glie­der eines Ver­sor­gungs­werks müs­sen ihren A1-Antrag an die Arbeits­ge­mein­schaft Berufs­stän­di­scher Ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen e.V. (ABV) rich­ten. Wei­te­re Infor­ma­tio­nen sind auf der Inter­net­sei­te der ABV zu fin­den.

Pri­vat kran­ken­ver­si­cher­te Frei­be­ruf­ler, die nicht Mit­glied eines berufs­stän­di­schen Ver­sor­gungs­werks sind, stel­len ihren A1-Antrag bei dem für sie zustän­di­gen Trä­ger der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung (DRV Bund, DRV Knapp­schaft Bahn-See oder dem zustän­di­gen Regio­nal­trä­ger der DRV).

Han­delt es sich nicht um eine Ent­sen­dung, son­dern um eine gewöhn­li­che Erwerbs­tä­tig­keit in meh­re­ren Mit­glied­staa­ten, so ist die zustän­di­ge Stel­le die DVKA (Deut­sche Ver­bin­dungs­stel­le Kran­ken­ver­si­che­rung-Aus­land).

Mög­lich­keit zur Hei­lung des Ver­sto­ßes nicht über­all gewähr­leis­tet

Das BMAS macht jedoch dar­auf auf­merk­sam, dass nach gel­ten­dem Recht nicht in jedem Fall einer kurz­fris­ti­gen oder kurz­zei­ti­gen Tätig­keit im Aus­land eine Beschei­ni­gung A1 zwin­gend erfor­der­lich ist und inso­weit ein Ermes­sen der Mit­glied­staa­ten besteht. Unter Hin­weis auf die Recht­spre­chung des EuGH führt das BMAS aus, dass A1-Beschei­ni­gun­gen auch nach­träg­lich und rück­wir­kend aus­ge­stellt wer­den kön­nen, ohne dass hier­für eine zeit­li­che Gren­ze bestimmt sei. Daher kön­ne auf der Grund­la­ge des euro­päi­schen Rechts nicht von einer Mit­füh­rungs­pflicht der A1-Beschei­ni­gung gespro­chen wer­den. Zudem sei mehr als zwei­fel­haft, ob dies mit der Dienst­leis­tungs­frei­heit und der Arbeit­neh­mer-Frei­zü­gig­keit ver­ein­bar ist. Aller­dings weist das BMAS auch dar­auf hin, dass – soweit eine Pflicht zur Bean­tra­gung einer A1-Beschei­ni­gung nach natio­na­lem Recht im Ziel­staat besteht – der Ver­zicht der vor­he­ri­gen Antrag­stel­lung auch in Aus­nah­me­fäl­len nicht emp­foh­len wer­den kön­ne. Dies betrifft nach aktu­el­lem Kennt­nis­stand des BMAS ins­be­son­de­re Öster­reich und Frank­reich.

Beschwer­de­mög­lich­kei­ten

Gera­de bei kurz­zei­ti­gen und kurz­fris­tig anbe­raum­ten grenz­über­schrei­ten­den Tätig­kei­ten kön­nen unter Umstän­den rigo­ro­se Maß­nah­men der Behör­den im Ziel­land bei feh­len­der Beschei­ni­gung A 1 oder feh­len­dem Antrags­nach­weis wie Behin­de­rung beim Betre­ten von Betriebs­ge­län­den, sofor­ti­gem Ein­zug von Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­gen oder Ver­hän­gung von Buß­gel­dern eine Über­schrei­tung des natio­na­len Ermes­sens und eine Ver­let­zung der euro­päi­schen Dienst­leis­tungs­frei­heit dar­stel­len. Besteht die Auf­fas­sung, dass das Recht der Euro­päi­schen Uni­on nicht ein­ge­hal­ten wur­de, kön­nen Sie auf fol­gen­der Web­site Infor­ma­tio­nen zu Hilfs­an­ge­bo­ten auf EU-Ebe­ne erhal­ten.

Gui­do Imfeld

Rechts­an­walt (DE)
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Über den Autor

  • Guido Imfeld

    Gui­do Imfeld ist zuge­las­se­ner Anwalt seit 1996 und Fach­an­walt für Inter­na­tio­na­les Wirt­schafts­recht, für Han­dels- und Gesell­schafts­recht. Seit dem Jah­re 2000 ist er auch in Bel­gi­en als Anwalt zuge­las­sen. Zum Anwalts­pro­fil