Mehr­kos­ten eines Deckungs­kau­fes sind nicht als Ver­zö­ge­rungs­scha­den ersatz­fä­hig – Grund­satz­ent­schei­dung des BGH vom 03.07.2013 (VIII ZR 169/12).

In sei­ner Ent­schei­dung beschäf­tigt sich der BGH mit dem Zusam­men­spiel bzw. der Kon­kur­renz von Rechts­be­hel­fen des Käu­fers bei ver­spä­te­ter Lie­fe­rung.

Dabei ging es um die in Lite­ra­tur und Instanz­ge­richts­recht­spre­chung lan­ge umstrit­te­ne Fra­ge, ob ein durch ver­spä­te­te Lie­fe­rung des Schuld­ners kau­sal ver­ur­sach­ter Deckungs­kauf in Höhe der Mehr­kos­ten als Ver­zö­ge­rungs­scha­den im Sin­ne des § 286 BGB gel­tend gemacht wer­den kann, wenn gleich­zei­tig die Erfül­lung des Kauf­ver­tra­ges durch Lie­fe­rung bean­sprucht wird.

1. Rechts­be­hel­fe des Käu­fers

Der Käu­fer hat meh­re­re Rechts­be­hel­fe zur Aus­wahl, wenn der Ver­käu­fer nicht zum ver­ein­bar­ten Lie­fer­ter­min leis­tet.

Der Käu­fer kann zunächst die ihm durch den Ver­zug des Ver­käu­fers ent­ste­hen­den Mehr­kos­ten als Ver­zugs­scha­den ersetzt ver­lan­gen. Er kann von dem Kauf­ver­trag zurück­tre­ten und die Zah­lung des Kauf­prei­ses ver­wei­gern bzw. bereits geleis­te­te Zah­lun­gen zurück­for­dern. Er kann auch anstel­le der Lie­fe­rung einen Deckungs­kauf vor­neh­men und even­tu­el­le Mehr­kos­ten zu Ersatz ver­lan­gen oder er kann schlicht­weg Scha­dens­er­satz für die ihm infol­ge des Aus­blei­bens der Lie­fe­rung ent­stan­de­nen Schä­den ver­lan­gen.

Der Ersatz des Ver­zugs­scha­dens gemäß § 286 BGB setzt Ver­zug des Schuld­ners vor­aus. Ver­zug des Schuld­ners wie­der­um bedingt grund­sätz­lich eine Mah­nung, die nach dem Ein­tritt der Fäl­lig­keit erfolgt.

Die Rechts­be­hel­fe Rück­tritt, Scha­dens­er­satz und Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung set­zen vor­aus, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer eine ange­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung gesetzt hat.

2. Die Ent­schei­dung des BGH vom 03.07.2013

In dem von dem BGH zu ent­schei­den­den Fall ging es um das Zusam­men­spiel zwi­schen Ver­zö­ge­rungs­scha­den und Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung nach vor­ge­nom­me­nem Deckungs­kauf.

Die Klä­ge­rin hat­te bei der Beklag­ten 2 Mio. Liter Bio­die­sel bestellt. Hier­von wur­de eine Teil­men­ge gelie­fert. Mit einer wei­te­ren Teil­men­ge kam die Schuld­ne­rin der Leis­tung in Ver­zug, weil ihr Vor­lie­fe­rant insol­vent wur­de.

Die Klä­ge­rin nahm die Ver­käu­fe­rin erfolg­reich auf Lie­fe­rung des Bio­die­sels zu dem ver­trag­lich aus­be­dun­ge­nen Preis in Anspruch, mach­te gleich­zei­tig jedoch die Kos­ten zwi­schen­zeit­li­cher Ein­de­ckung (soge­nann­ter Deckungs­kauf) bei Drit­ten in Höhe des Dif­fe­renz­kauf­prei­ses geson­dert als Scha­dens­er­satz gemäß § 286 BGB gel­tend.

Die­se Mehr­kos­ten des Deckungs­kau­fes konn­te die Klä­ge­rin in dem Fall des BGH nicht mehr auf der Grund­la­ge des § 281 BGB gel­tend machen, weil die­ser Ersatz­an­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung gerich­tet ist. Die Leis­tung – Lie­fe­rung des Treib­stof­fes – bean­spruch­te die Klä­ge­rin jedoch.

Der BGH hat mit sei­ner Ent­schei­dung jedoch klar­ge­stellt, dass Mehr­auf­wen­dun­gen eines Deckungs­kau­fes nur als Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt wer­den kön­nen.

Ein Anspruch auf Ersatz der Kos­ten des Deckungs­kaufs ste­he unter den Vor­aus­set­zun­gen der §§ 280 Abs. 1, Abs. 3 und 281 BGB. Der Anspruch auf Ersatz der Kos­ten des Deckungs­kaufs tre­te an die Stel­le der Erfül­lung des ursprüng­li­chen Ver­tra­ges und kön­ne somit nicht neben der Ver­trags­er­fül­lung bean­sprucht wer­den.

Tra­gen­de Begrün­dung des BGH war das Argu­ment der Dop­pel­kom­pen­sa­ti­on: Wären die Kos­ten des Deckungs­kaufs neben der Ver­trags­er­fül­lung als Scha­dens­er­satz­an­spruch denk­bar, wür­de die Käu­fe­rin so gestellt, als habe sie Anspruch auf die zwei­fa­che Men­ge des Bio­die­sels zu dem ursprüng­lich ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Preis. Dies sei unbil­lig.


Gui­do Imfeld
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Über den Autor

  • Guido Imfeld

    Gui­do Imfeld ist zuge­las­se­ner Anwalt seit 1996 und Fach­an­walt für Inter­na­tio­na­les Wirt­schafts­recht, für Han­dels- und Gesell­schafts­recht. Seit dem Jah­re 2000 ist er auch in Bel­gi­en als Anwalt zuge­las­sen. Zum Anwalts­pro­fil