Neu­lich berich­te­te die Aache­ner Zei­tung in ihrem Wirt­schafts­teil eupho­risch über die Mög­lich­kei­ten jun­ger, aber mög­li­cher­wei­se auch eta­blier­ter Unter­neh­men, Finan­zie­run­gen aus der Mit­te der Inter­net­ge­mein­de auf­zu­neh­men. Sol­che Finan­zie­run­gen, für die sich mitt­ler­wei­le der Begriff des Crowd Fun­ding eta­bliert hat, wer­den im Inter­net über ver­schie­de­ne Platt­for­men ange­bo­ten. Wäh­rend vor zwei Jah­ren ledig­lich drei Platt­for­men in Deutsch­land die­se The­ma­tik ver­folgt haben, ist die Zahl der Platt­for­men mitt­ler­wei­le explo­diert. Einen Über­blick über die vor­han­de­nen bun­des­weit oder regio­nal akti­ven Platt­form fin­det man unter www.crowdfunding.de.

Die Idee, die dahin­ter steckt ist, rela­tiv sim­pel. Ein Unter­neh­men stellt auf der Platt­form sein Busi­ness­kon­zept vor, erläu­tert den Kapi­tal­be­darf, den er ger­ne im Wege des Crowd Fun­ding decken möch­te, und initi­iert, nach­dem er eini­ge weni­ge Qua­li­täts­kri­te­ri­en der Platt­form durch­lau­fen hat, eine Art Bie­ter­ver­fah­ren. Wenn alles gut geht, betei­li­gen sich am Ende eine Anzahl von pri­va­ten oder auch insti­tu­tio­nel­len Inves­to­ren über die­se Platt­form. Die Betei­li­gung erfolgt in der Regel durch Abschluss eines Ver­tra­ges über die Grün­dung einer stil­len Gesell­schaft zwi­schen dem Inves­tor und dem Unter­neh­men. Der Ver­trag über die Grün­dung die­ser stil­len Gesell­schaft ist ein vor­for­mu­lier­tes Mus­ter der Platt­form und augen­schein­lich für die han­deln­den Per­so­nen in der Regel ein­fach zu bedie­nen.

Soweit – so gut.

Hin­ein in das Crowd Fun­ding scheint so ein­fach zu sein wie die Hei­rat in Las Vegas: der Gla­mour der neu­en Finan­zie­rungs­form, die Ein­fach­heit der Kapi­tal­be­schaf­fung, das gute Gefühl teil­zu­ha­ben an die­sem beson­ders moder­nen Pro­zess und die Aus­sicht, auch als Pri­vat­per­son lukra­ti­ve Unter­neh­mens­ren­di­ten statt Straf­zin­sen bei der Geld­an­la­ge ergat­tern zu kön­nen.

Aber wie bei fast jeder Hei­rat in Las Vegas folgt die Ernüch­te­rung dann doch spä­ter.

Die Wahl der gewähl­ten Betei­li­gungs­form der stil­len Gesell­schaft ist dabei noch nicht ein­mal das Pro­blem. Jeder der sich damit jedoch beschäf­tigt weiß, dass die stil­le Gesell­schaft zu den soge­nann­ten mez­za­ni­nen Betei­li­gungs­for­men gehört. Dies bedeu­tet, dass die Betei­li­gungs­form in ihren ein­zel­nen Bedin­gun­gen so aus­ge­stal­tet wer­den kann, dass sie han­dels-oder steu­er­recht­lich Eigen­ka­pi­tal oder Fremd­ka­pi­tal dar­stellt. Dies bedeu­tet aber auch, dass die­se Betei­li­gungs­form sehr rege­lungs­in­ten­siv sein kann. Ein­fa­che Mus­ter­ver­trä­ge in die­sem Bereich kann man viel­leicht zum Auto­kauf ver­wen­den, doch soll­te man die­se vor­her gut prü­fen, ob sie auch geeig­net sind, einen Gesell­schafts­part­ner an Bord zu holen.

Eini­ge Pro­blem­krei­se möch­te ich benen­nen:

Inves­to­ren stei­gen aus

Das Hin­ein in das Ver­trags­ver­hält­nis ist in der Regel rela­tiv ein­fach. Möch­te ein Inves­tor jedoch sei­ne Betei­li­gung kün­di­gen, fängt der Ärger an. Die Mus­ter­ver­trä­ge sehen häu­fig vor, dass der kün­di­gen­de Inves­tor eine Abfin­dung erhält, zu deren Bemes­sung eine Unter­neh­mens­be­wer­tung nach den Grund­sät­zen der Wirt­schafts­prü­fer zur Durch­füh­rung von Unter­neh­mens­be­wer­tun­gen (IDW S1) durch das Unter­neh­men zu erstel­len ist. Sol­che Bewer­tungs­gut­ach­ten kos­ten sel­ten einen vier­stel­lig, aber in der Regel einen fünf­stel­li­gen Betrag. Hat nun ein Inves­tor eine stil­le Betei­li­gung mög­li­cher­wei­se in Höhe eines drei­stel­li­gen Betra­ges, aber auch eines vier­stel­li­gen oder nied­ri­gen fünf­stel­li­gen Betra­ges erwor­ben, kann die Ein­ho­lung sol­cher anlass­be­zo­ge­nen Bewer­tungs­gut­ach­ten ein sehr teu­res Spiel für das Unter­neh­men wer­den. Denn das Gut­ach­ten ist jeweils auf den Anlass der Kün­di­gung auf­zu­stel­len. Jeder mag sich aus­ma­len was es bedeu­tet, wenn jeden Monat oder jedes Jahr ein Inves­tor kün­digt. Es emp­fiehlt sich daher zwin­gend, das Ver­trags­mus­ter der jewei­li­gen Platt­form dies­be­züg­lich zu prü­fen und die Kon­se­quen­zen durch­zu­spie­len. Manch einem droht hier bereits eine Ernüch­te­rung in der Erwar­tungs­hal­tung an die Inter­net­ge­mein­de.

Kei­ne Rela­ti­vie­run­gen der Betei­li­gun­gen

Die Betei­li­gungs­hö­hen wer­den in den Crowd Fun­ding Ver­trä­gen in der Regel nomi­nell aus­ge­wie­sen nach dem Mot­to, der Inves­tor gibt 100 € und erhält dafür eine Betei­li­gung von einem Pro­zent. Kei­ne Lösung bie­ten die Ver­trä­ge aber für die Fäl­le, in denen das Unter­neh­men viel­leicht eine zwei­te Finan­zie­rungs­run­de ein­ge­hen möch­te. Die nomi­nel­le Betei­li­gung aus der ers­ten Finan­zie­rungs­run­de bleibt erhal­ten, da es sich um eine rein schuld­recht­li­che und nicht gesell­schafts­recht­li­che Betei­li­gung han­delt. Es fin­den daher bei meh­re­ren Finan­zie­rungs­run­den kei­ne Rela­ti­vie­run­gen der Betei­li­gun­gen statt. Dies kann schnell dazu füh­ren, dass das gesam­te Ergeb­nis eben­falls nicht aus­reicht um die ver­spro­che­nen Betei­li­gun­gen zu decken. An die­ser Stel­le droht dann Ärger mit allen Inves­to­ren.

Feh­len­de steu­er­li­che Daten

Nicht sel­ten füh­ren die Betei­li­gungs­ver­trä­ge zur Grün­dung so genann­ter aty­pisch-stil­ler Gesell­schaf­ten, in dem die Inves­to­ren auch an den Ver­lus­ten des Unter­neh­mens, sei­nen stil­len Reser­ven und einem mög­li­chen Liqui­da­ti­ons­er­lös betei­ligt wer­den. Steu­er­lich führt dies aber dazu, dass zwi­schen den Unter­neh­men und den Inves­to­ren eine soge­nann­te Mit­un­ter­neh­mer­schaft begrün­det wird. Die­se ist selbst­stän­dig gewer­be­steu­er­pflich­tig und ein eige­nes Gewinn­ermitt­lungs­sub­jekt für Zwe­cke der Ertrag­steu­ern. Für die rich­ti­ge Ver­an­la­gung die­ser Mit­un­ter­neh­mer­schaft bedarf es aber der Erhe­bung eini­ger steu­er­li­cher Daten der Inves­to­ren, die meis­tens im Rah­men des Cowd Fun­ding gar nicht erho­ben wer­den. Es schlie­ßen sich daher erheb­li­che steu­er­li­che Durch­füh­rungs­pro­ble­me an, deren Ent­ste­hung häu­fig simp­le dadurch ver­mie­den wer­den könn­te, dass die Platt­for­men bes­ser auf­klä­ren und eine deut­lich brei­te­re Daten­ba­sis erhe­ben.

Dies sind eini­ge der Bei­spie­le, die im Rah­men der moder­nen Finan­zie­rungs­form auf­tre­ten kön­nen. Die Pro­ble­me tref­fen in der Regel nicht den Inves­tor, son­dern viel­mehr das Unter­neh­men, das glaubt auf ein­fa­chem Wege den Finan­zie­rungs­be­darf decken zu kön­nen. So ver­lo­ckend die Ange­bo­te auch sein mögen ist es nicht zu emp­feh­len, dass die Unter­neh­men ohne vor­her­ge­hen­de Bera­tung auf die­se Art und Wei­se ihren Kapi­tal­be­darf decken. Je nach Pro­blem­ty­pus kann die­se Art der Finan­zie­rung näm­lich letzt­end­lich auch den Ruin des Unter­neh­mens bedeu­ten.

 

Chris­toph Schmitz-Schun­ken
Rechts­an­walt
Steu­er­be­ra­ter
Fach­an­walt für Steu­er­recht
Mit­glied im Vor­stand der Rechts­an­walts­kam­mer Köln

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Über den Autor

  • Christoph Schmitz-Schunken

    Chris­toph Schmitz-Schun­ken ist zuge­las­se­ner Rechts­an­walt seit 2005, Steu­er­be­ra­ter, Fach­an­walt für Han­dels- und Gesell­schafts­recht, Fach­an­walt für Steu­er­recht, zert. Bera­ter Steu­er­straf­recht (DAA) und Mit­glied im Vor­stand der Rechts­an­walts­kam­mer Köln. Zum Anwalts­pro­fil