Die Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung erbringt Leis­tun­gen, wenn eine vor­aus­sicht­lich dau­ern­de, voll­stän­di­ge oder teil­wei­se Unfä­hig­keit des Ver­si­cher­ten, sei­nem Beruf oder eine ande­re ver­gleich­ba­re Tätig­keit aus­zu­üben, vor­liegt und die­se durch Krank­heit, Kör­per­ver­let­zung oder Kräf­te­ver­fall ent­stan­den ist.

Der Ver­si­che­rungs­neh­mer muss zur Gel­tend­ma­chung der Leis­tun­gen sei­ner Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung dar­le­gen, dass er infol­ge einer Erkran­kung sei­nen bis­he­ri­gen Beruf vor­aus­sicht­lich dau­ernd nicht mehr aus­üben kann und er dar­über hin­aus aber auch kei­ne ande­re sei­ner bis­he­ri­gen Lebens­stel­lung ent­spre­chen­de Tätig­keit aus­üben kann.

Dies ist jedoch bei einem mit­ar­bei­ten­den Betriebs­in­ha­ber (Selbst­stän­di­gen) nicht unpro­ble­ma­tisch.

Eine Berufs­un­fä­hig­keit eines mit­ar­bei­ten­den Betriebs­in­ha­bers setzt vor­aus, dass er zu sei­ner kon­kre­ten beruf­li­chen Tätig­keit, die er zuletzt in sei­nem Betrieb aus­ge­übt hat­te, nicht mehr im Stan­de ist. Dar­über hin­aus muss der mit­ar­bei­ten­de Betriebs­in­ha­ber jedoch auch dar­le­gen und gege­be­nen­falls bewei­sen, dass ihm eine zumut­ba­re Betriebsum­or­ga­ni­sa­ti­on kei­ne gesund­heit­lich noch zu bewäl­ti­gen­de Tätig­keit ermög­licht.

Der selbst­stän­dig täti­ge Ver­si­che­rungs­neh­mer, ins­be­son­de­re der mit­ar­bei­ten­de Betriebs­in­ha­ber, der nicht fremd­be­stimmt auf Anwei­sung eines Arbeit­ge­bers arbei­tet, son­dern grund­sätz­lich selbst ent­schei­den kann, was er wann und wie tut, ist erst dann außer Stan­de, sei­nen Beruf aus­zu­üben, wenn er auch unter Aus­nut­zung die­ses (Arbeit­ge­ber-) Frei­raums kei­ne noch zu bewäl­ti­gen­de Betä­ti­gungs­mög­lich­keit in sei­nem Betrieb hat.

Dem selbst­stän­di­gen Hand­wer­ker und Unter­neh­mer steht gegen­über sei­nen Ange­stell­ten und Mit­ar­bei­tern das Direk­ti­ons­recht des Arbeit­ge­bers zu. Die­ses Direk­ti­ons­recht ermög­licht es ihnen, die bis­her selbst aus­ge­üb­ten Tätig­kei­ten im Betrieb teil­wei­se auf ande­re zu über­tra­gen. Sofern eine sol­che Umor­ga­ni­sa­ti­on ohne nen­nens­wer­te Ein­kom­mens­ein­bu­ßen mög­lich und zumut­bar ist, liegt kei­ne Berufs­un­fä­hig­keit vor, auch wenn die zuletzt im eige­nen Betrieb aus­ge­üb­te Tätig­keit nicht mehr erbracht wer­den kann.
Die beruf­li­che Tätig­keit des mit­ar­bei­ten­den Betriebs­in­ha­bers wird einer­seits durch ein bestimm­tes betrieb­li­ches Arbeits­feld sei­ner eige­nen Tätig­keit gekenn­zeich­net. Zum ande­ren ist auch das betrieb­li­che Direk­ti­ons­recht gegen­über den Mit­ar­bei­tern prä­gend für die Tätig­keit des mit­ar­bei­ten­den Betriebs­in­ha­bers. Sein »Beruf« ist da er ins­be­son­de­re die Lei­tung des Betriebs unter sei­ner Mit­ar­beit bei einer von ihm bestimm­ten Stel­le. Der Betriebs­in­ha­ber übt sei­nen Beruf grund­sätz­lich auch dann noch aus, wenn er eine bis­her aus­ge­üb­te betrieb­li­che Tätig­keit gesund­heits­be­dingt nicht mehr aus­füh­ren kann, er statt­des­sen aber eine ande­re betrieb­li­che Tätig­keit ohne gesund­heit­li­che Ein­schrän­kun­gen aus­üben kann.

Dar­aus folgt, dass der zuvor bei­spiels­wei­se kör­per­lich mit­ar­bei­ten­de Betriebs­in­ha­ber sei­ne beruf­li­che Tätig­keit — sofern dies mög­lich ist — so umge­stal­ten muss, dass er künf­tig nicht kör­per­li­che Arbei­ten aus­führt und bei­spiels­wei­se den kauf­män­ni­schen Bereich aus­füllt, Akqui­se­tä­tig­kei­ten über­nimmt oder die Betriebs­auf­sicht führt.

Blo­ße Ver­le­gen­heits­be­schäf­ti­gun­gen
und wirt­schaft­lich unsin­ni­ge Maß­nah­men oder wesent­li­che Ände­rung des Betrie­bes sind jedoch nicht zumut­bar und ste­hen daher einer Berufs­un­fä­hig­keit nicht im Wege.

Der bis­lang mit­ar­bei­ten­de Betriebs­in­ha­ber muss also zur Erlan­gung von Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen sei­ner Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung dar­le­gen, dass er sei­ne kon­kre­te beruf­li­che Tätig­keit, wie sie zuletzt aus­ge­übt hat, in einem bedin­gungs­ge­mä­ßen Aus­maß nicht mehr aus­füh­ren kann. Außer­dem muss der mit­ar­bei­ten­de Betriebs­in­ha­ber dar­le­gen und erfor­der­li­chen­falls auch bewei­sen, dass ihm eine zumut­ba­re Betriebs­or­ga­ni­sa­ti­on kei­ne gesund­heit­lich noch zu bewäl­ti­gen­de Betä­ti­gungs­mög­lich­keit eröff­net, die eine bedin­gungs­ge­mä­ße Berufs­un­fä­hig­keit aus­schlie­ßen wür­de.

In der Pra­xis schei­tern Umor­ga­ni­sa­ti­ons­mög­lich­keit in klei­ne­ren Betrie­ben dar­an, dass für den Ver­si­cher­ten kei­ne sinn­vol­len Tätig­kei­ten mehr ver­blei­ben, die eine min­des­tens fünf­zig­pro­zen­ti­ge Berufs­un­fä­hig­keit aus­schlie­ßen.

In der Regel sehen die Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen der Unfä­hig­keits­ver­si­che­rer vor, dass zumin­dest eine 50 pro­zen­ti­ge Berufs­un­fä­hig­keit fest­ge­stellt sein muss, um eine vol­le Leis­tungs­pflicht des Ver­si­che­rers zu begrün­den. Bei der Fra­ge, ob eine mehr als 50 pro­zen­ti­ge Berufs­un­fä­hig­keit vor­liegt, ist nicht allein auf die medi­zi­ni­sche Beur­tei­lung abzu­stel­len. Ent­schei­dend ist auf die prä­gen­den Tätig­kei­ten des bis­her aus­ge­üb­ten Berufs abzu­stel­len.

Der selbst­stän­dig täti­ge Betriebs­in­ha­ber hat also im Rah­men der Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung einen höhe­ren Begrün­dungs­auf­wand, als dies bei einem Ange­stell­ten der Fall ist. Zusätz­lich zu den »übli­chen Vor­aus­set­zun­gen« einer pri­va­ten Berufs­un­fä­hig­keits­ver­si­che­rung muss der Selbst­stän­di­ge dar­le­gen, dass er auch nach einer Umor­ga­ni­sa­ti­on sei­ner Fir­ma kei­ne aus­rei­chen­de sinn­vol­le Tätig­keit mehr in sei­nem Betrieb aus­üben kann.


Tho­mas Oede­ko­ven, Rechts­an­walt

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