In das Recht der Arbeit­neh­mer­über­las­sung ist durch aktu­el­le Recht­spre­chung und Geset­zes­vor­ha­ben Bewe­gung gekom­men. Zwei aus­ge­wähl­te Aspek­te sol­len in die­sem und im nach­fol­gen­den Stand­punkt dar­ge­stellt wer­den.

Der vor­über­ge­hen­de Cha­rak­ter der Arbeit­neh­mer­über­las­sung

I. Aus­gangs­la­ge und Pro­blem­stel­lung

Das Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­setz (AÜG) sieht in § 1 vor, dass die Arbeit­neh­mer­über­las­sung nur vor­über­ge­hend erfolgt. Dies ist Aus­druck der beschäf­ti­gungs­po­li­ti­schen Inten­ti­on des Gesetz­ge­bers. Danach soll die Zeit­ar­beit dazu die­nen, Arbeit­neh­mer für einen begrenz­ten Zeit­raum einem Unter­neh­men zu über­las­sen mit dem Ziel, dass anschlie­ßend zwi­schen dem Leih­ar­beit­neh­mer und dem Arbeit­ge­ber des Ent­lei­her­be­triebs dau­er­haft ein Arbeits­ver­hält­nis begrün­det wird. Die­ses beschäf­ti­gungs­po­li­ti­sche Ziel muss in der betrieb­li­chen Pra­xis aller­dings als ver­fehlt ange­se­hen wer­den. Regel­mä­ßig wer­den Leih­ar­beit­neh­mer für lang­fris­ti­ge Zeit­räu­me oder sogar dau­er­haft dem Ent­lei­her­be­trieb über­las­sen, ohne dass ein Arbeits­ver­trag zwi­schen dem Ent­lei­her und dem Leih­ar­beit­neh­mer geschlos­sen wird.

So stellt sich die zunächst die Fra­ge, wie lan­ge eine Arbeit­neh­mer­über­las­sung andau­ern darf, um noch als vor­über­ge­hend im Sin­ne von § 1 AÜG zu gel­ten. Das AÜG selbst gibt hier kei­ne Aus­kunft. Auch höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung liegt bis­lang nicht vor. Genau so wenig war bis­lang die Fol­ge­fra­ge höchst­rich­ter­lich geklärt, wel­che Rechts­fol­gen eine dau­er­haf­te und nicht mehr vor­über­ge­hen­de Arbeit­neh­mer­über­las­sung hat. Nach der Recht­spre­chung eini­ger Lan­des­ar­beits­ge­rich­te soll die ent­ge­gen § 1 AÜG dau­er­haf­te Arbeit­neh­mer­über­las­sung bewir­ken, dass zwi­schen dem Leih­ar­beit­neh­mer und dem ent­lei­hen­den Unter­neh­men ein Arbeits­ver­hält­nis zu Stan­de kommt. Begrün­det wird dies mit einer ana­lo­gen Anwen­dung der §§ 10 Abs. (1) und 9 Nr. 1 AÜG. Die­se Vor­schrif­ten sehen eine sol­che Rechts­fol­ge vor, wenn der Ver­lei­her nicht über eine Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­er­laub­nis ver­fügt.

II. Aktu­el­le Ent­wick­lun­gen

Zumin­dest zu der Fra­ge, ob die dau­er­haf­te Arbeit­neh­mer­über­las­sung zu einem Arbeits­ver­hält­nis zwi­schen Ent­lei­her und Leih­ar­beit­neh­mer führt, liegt jetzt eine Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vor. Mit Urteil vom 10.12.2013 hat das BAG die­se Fra­ge ver­neint und damit der anders lau­ten­den Recht­spre­chung ver­schie­de­ner Lan­des­ar­beits­ge­rich­te eine Absa­ge erteilt.

Zu der Fra­ge, ab wann eine Arbeit­neh­mer­über­las­sung als dau­er­haft anzu­se­hen ist, brauch­te das BAG in die­sem Urteil aller­dings kei­ne Stel­lung zu neh­men, weil die Dau­er­haf­tig­keit der Über­las­sung in dem zu ent­schei­den­den Fall offen­sicht­lich und unstrei­tig war. Hier­zu gibt aber ein Blick in den Koali­ti­ons­ver­trag der aktu­el­len gro­ßen Koali­ti­on Auf­schluss. Danach ist beab­sich­tigt, durch eine Geset­zes­än­de­rung den Begriff vor­über­ge­hend in § 1 AÜG zu erset­zen durch eine Höchst­über­las­sungs­dau­er von 18 Mona­ten, wobei alter­na­tiv auch ein Zeit­raum von 2 Jah­ren dis­ku­tiert wird.

Dar­über hin­aus steht zu erwar­ten, dass der Gesetz­ge­ber auch im Hin­blick auf die Rechts­fol­gen einer dau­er­haf­ten bzw. die zuläs­si­ge Höchst­dau­er über­schrei­ten­den Arbeit­neh­mer­über­las­sung Klar­heit schaf­fen wird. Nach einem Gesetz­ent­wurf des Bun­des­ra­tes zur Ände­rung des Arbeit­neh­mer­über­las­sungs­ge­set­zes soll eine Arbeit­neh­mer­über­las­sung, die die nach dem AÜG zuläs­si­ge Höchst­dau­er über­schei­tet, dazu füh­ren, dass ein Arbeits­ver­hält­nis zwi­schen dem Leih­ar­beit­neh­mer und dem Ent­lei­her als zu Stan­de gekom­men gilt.

III. Fazit und Aus­blick

Nach der­zei­ti­ger Rechts­la­ge muss ein Unter­neh­men, dass ent­ge­gen § 1 AÜG dau­er­haft einen Leih­ar­beit­neh­mer auf einem bestimm­ten Arbeits­platz beschäf­tigt, nicht damit rech­nen, durch die­se Beschäf­ti­gung ein Arbeits­ver­hält­nis mit dem Leih­ar­beit­neh­mer zu begrün­den. Grund zur Sorg­lo­sig­keit besteht in Anbe­tracht der aktu­el­len Geset­zes­vor­ha­ben aller­dings nicht. Es ist damit zu rech­nen, dass die zuläs­si­ge Höchst­über­las­sungs­dau­er auf einen Zeit­raum zwi­schen 18 und 24 Mona­ten begrenzt wird und bei Über­schrei­ten die­ses Zeit­rau­mes ein Arbeits­ver­hält­nis zwi­schen Leih­ar­beit­neh­mer und Ent­lei­her als begrün­det gilt.

Ob die­se Ände­run­gen aller­dings der ein­gangs erwähn­ten gesetz­ge­be­ri­schen Inten­ti­on dien­lich sind, näm­lich den Ent­lei­her dazu zu bewe­gen, nach Ende der Über­las­sungs­dau­er einen Arbeits­ver­trag mit dem (dann ehe­ma­li­gen) Leih­ar­beit­neh­mer zu schlie­ßen, dürf­te frag­lich sein. Es besteht eine gewis­se Wahr­schein­lich­keit, dass der Ent­lei­her nach Aus­lauf der Höchst­über­las­sungs­dau­er einen ande­ren Leih­ar­beit­neh­mer auf dem betrof­fe­nen Arbeits­platz ein­setzt.

Die­sem Effekt könn­te man nur durch eine kla­re gesetz­li­che Rege­lung begeg­nen, nach der die Höchst­über­las­sung­dau­er nicht personen‑, son­dern arbeits­platz­be­zo­gen ist. Dann wäre es dem Ent­lei­her unter­sagt, einen Arbeits­platz, den er für die Höchst­über­las­sungs­dau­er bereits mit einem Leih­ar­beit­neh­mer besetzt hat­te, nach Ablauf der Höchst­über­las­sungs­dau­er mit einem ande­ren Leih­ar­beit­neh­mer nach­zu­be­set­zen. Auch eine sol­che Rege­lung wird dis­ku­tiert.

So oder so steht zu erwar­ten, dass die Zeit­ar­beits­un­ter­neh­men ver­stärkt auf die Höchst­über­las­sungs­dau­er befris­te­te Ver­trä­ge mit ihren Arbeit­neh­mern abschlie­ßen wer­den, um deren Arbeits­ver­hält­nis­se bei Bedarf nach Ende der Höchst­über­las­sungs­dau­er pro­blem­los been­den zu kön­nen.

Letzt­lich kann man nur abwar­ten und darf gespannt sein, was die geplan­te Geset­zes­än­de­rung im Detail brin­gen wird.


Dr. Jörg Wer­nery
Rechts­an­walt
Fach­an­walt für Arbeits­recht

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Über den Autor

  • Dr. Joerg Wernery

    Dr. Jörg Wer­nery ist zuge­las­sen als Rechts­an­walt seit 1999 und Fach­an­walt für Arbeits­recht. Wei­te­re Fach­ge­bie­te sind Erbrecht, Ver­mö­gens­nach­fol­ge und Stif­tun­gen sowie Ver­trags­ge­stal­tung. Zum Anwalts­pro­fil