Ver­trä­ge kom­men durch Ange­bot und Annah­me zu Stan­de. Der Grund­satz ist dabei, dass das Ange­bot so prä­zi­se sein und Kauf­ge­gen­stand und des­sen Preis so prä­zi­se bezeich­nen muss, dass das Ange­bot mit einem ein­fa­chen „Ja“ ange­nom­men wer­den kann. Gegen­stand des Kauf­ver­tra­ges und Preis müs­sen daher zumin­dest ein­deu­tig bestimm­bar sein.

1. Deut­sches Recht des BGB/HGB

Im deut­schen BGB gilt gemäß § 146, dass ein Antrag erlischt, wenn er dem Antra­gen­den gegen­über abge­lehnt oder wenn er nicht die­sem gegen­über nach den §§ 147 bis 149 BGB recht­zei­tig ange­nom­men wird.

§ 147 BGB prä­zi­siert Letz­te­res: Der einem Anwe­sen­den gemach­te Antrag kann nur sofort ange­nom­men wer­den. Der einem Abwe­sen­den gemach­te Antrag – dies betrifft Fäl­le, in denen der Ver­trag über Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel geschlos­sen wird – kann nur bis zu dem Zeit­punkt ange­nom­men wer­den, in wel­chem der Antra­gen­de den Ein­gang der Ant­wort unter regel­mä­ßi­gen Umstän­den erwar­ten darf.

Das Erlö­schen des Ange­bots bedeu­tet, dass die­ses wir­kungs­los wird. Man kann auch sagen, es ver­fällt und es kann schlicht­weg nicht mehr ange­nom­men wer­den.

Des­halb ist es in aller Regel sinn­voll, ob per AGB oder in dem Ange­bot, gemäß § 148 BGB eine Annah­me­frist zu bestim­men. Dabei gilt gemäß § 150 BGB die ver­spä­te­te Annah­me eines Antra­ges als neu­er Antrag. Die ver­spä­te­te Annah­me eines Ange­bots wird dar­auf­hin wie­der­um zu einem Ange­bot, das von der ande­ren Par­tei ange­nom­men wer­den kann, jedoch nicht muss.

Glei­ches gilt, und dies ist der häu­fi­ge­re Fall, bei der soge­nann­ten abän­dern­den Annah­me im Sin­ne von § 150 Abs. 2 BGB. Eine Annah­me unter Erwei­te­run­gen, Ein­schrän­kun­gen oder sons­ti­gen Ände­run­gen gilt als Ableh­nung ver­bun­den mit einem neu­en Antrag. Eine Annah­me des Ange­bots unter „Ja, aber …“, d.h. unter Ände­rung der Lie­fer­be­din­gun­gen, viel­leicht des Prei­ses, jeden­falls aber durch Hin­weis, nicht die AGB des Anbie­ters, son­dern die­je­ni­gen des Anneh­men­den sol­len Gel­tung haben, ist eine sol­che Abän­de­rung. Auch hier greift wie­der der vor­ste­hend beschrie­be­ne Mecha­nis­mus: Die abän­dern­de Abnah­me gilt als Ableh­nung des Ange­bo­tes und stellt gleich­zei­tig ein neu­es Ange­bot dar, das die ande­re Par­tei anneh­men kann.

Des­halb ist bei Ver­trags­ver­hand­lun­gen Vor­sicht gebo­ten: Denn ent­ge­gen dem, was vie­le Kauf­leu­te glau­ben, gibt es kei­ne soge­nann­ten Schnitt­men­gen­theo­rie in der Wei­se, dass bei Zurück­wei­sung der Abän­de­rung dann das ursprüng­li­che Ange­bot wie­der gilt. In dem Sin­ne z.B., dass bei einem Vor­schlag, die Ware zu einem Preis von 50,00 Euro pro Ton­ne zu ver­kau­fen und einem Gegen­vor­schlag des Kauf­in­ter­es­sen­ten, die­se zu 48,00 Euro pro Ton­ne zu kau­fen, nach Ableh­nung des Gegen­an­ge­bo­tes wie­der das ursprüng­li­che Ange­bot auf­lebt und ange­nom­men wer­den kann. Vie­le Geschäf­te sind hier­an schon geschei­tert, nicht unbe­dingt am Preis, aber auch und ins­be­son­de­re an der Fra­ge der Ein­be­zie­hung von AGB.

2. Bel­gi­sches Recht (Code Civil)

Auch im bel­gi­schen Recht gilt, dass der Ver­trag durch Annah­me und Ange­bot zu Stan­de gekom­men ist, wobei gemäß Arti­kel 1129 Code Civil der Ver­trags­ge­gen­stand zumin­dest sei­ner Gat­tung nach bestimm­bar sein muss. Glei­ches gilt für den Preis.

Der Mecha­nis­mus ist iden­tisch wie im deut­schen Recht: Eine Annah­me unter Ände­run­gen stellt die Ableh­nung des ursprüng­li­chen Ange­bo­tes und ein Gegen­an­ge­bot dar.

3. UN-Kauf­recht (CISG)

Im UN-Kauf­recht gilt grund­sätz­lich der­sel­be Mecha­nis­mus. Es muss dem Adres­sa­ten ein Ange­bot zuge­hen, das bestimmt sein muss. Ein Vor­schlag ist bestimmt genug, wenn er die Ware bezeich­net und aus­drück­lich oder still­schwei­gend die Men­ge und den Preis fest­setzt oder deren Fest­set­zung ermög­licht.

Gemäß Arti­kel 17 CISG erlischt das Ange­bot, sobald dem Anbie­ten­den eine Ableh­nung zugeht, selbst wenn das Ange­bot unwi­der­ruf­lich ist.

Eine Annah­me außer­halb einer ver­ein­bar­ten, gesetz­ten oder ander­wei­tig bestimm­ba­ren ange­mes­se­nen Frist ist eben­falls eine Ableh­nung.

Gemäß Arti­kel 19 CISG ist eine Ant­wort auf ein Ange­bot, die eine Annah­me dar­stel­len soll, aber Ergän­zun­gen, Ein­schrän­kun­gen oder sons­ti­ge Ände­run­gen ent­hält, eine Ableh­nung des Ange­bots und stellt ein Gegen­an­ge­bot dar.

Jedoch gibt es hier eine nicht unwe­sent­li­che Aus­nah­me: Eine Ant­wort auf ein Ange­bot, die eine Annah­me dar­stel­len soll, aber Ergän­zun­gen oder Abwei­chun­gen ent­hält, wel­che die Bedin­gun­gen des Ange­bots nicht wesent­lich ändern, stellt eine Annah­me dar, wenn der Anbie­ten­de das Feh­len der Über­ein­stim­mung nicht unver­züg­lich münd­lich bean­stan­det oder eine ent­spre­chen­de Mit­tei­lung absen­det.

Unter­lässt er dies, so bil­den die Bedin­gun­gen des Ange­bots mit den in der Annah­me ent­hal­te­nen Ände­run­gen den Ver­trags­in­halt.

Was eine unwe­sent­li­che Ver­trags­än­de­rung dar­stellt, prä­zi­siert Arti­kel 19 Abs. 3 CISG: Ergän­zun­gen oder Abwei­chun­gen, die sich ins­be­son­de­re auf Preis, Bezah­lung, Qua­li­tät und Men­ge der Ware, auf Ort und Zeit der Lie­fe­rung, auf den Umfang der Haf­tung der einen Par­tei gegen­über der ande­ren oder auf die Bele­gung von Strei­tig­kei­ten bezie­hen, wer­den so ange­se­hen, als änder­ten sie die Bedin­gun­gen des Ange­bots wesent­lich.

Ansons­ten kommt ein Ver­trag zu Stan­de, wenn davon aus­zu­ge­hen ist, dass ein ver­nünf­ti­ger Kauf­mann den Ver­trag auch nach Maß­ga­be der Ände­rung geschlos­sen hät­te. Im deut­schen Recht ist es umge­kehrt: Im Zwei­fel gilt der Ver­trag als nicht geschlos­sen.

Häu­fi­ger kom­men Ver­trä­ge zu Stan­de, in denen zwar Ange­bot und Annah­me von­ein­an­der abwei­chen, in denen aber die Gegen­leis­tung erbracht wur­de, d.h. es wur­de ent­we­der gelie­fert oder bezahlt, nach­dem ein Dis­sens auf­trat.

In dem Fal­le der abän­dern­den Annah­me eines Ange­bo­tes des Ver­käu­fers durch den Käu­fer – das dann ein Gegen­an­ge­bot dar­stellt – akzep­tiert der Ver­käu­fer die Ände­rung, indem er z.B. die Lie­fe­rung aus­führt oder den Käu­fer bezahlt. Denn dies ist eine still­schwei­gen­de Annah­me des Gegen­an­ge­bo­tes. Auch hier gilt Auf­merk­sam­keit im Ver­trags­ma­nage­ment.

4. Exkurs: Schwei­gen im Rechts­ver­kehr

Ver­trä­ge kön­nen aber auch zu Stan­de kom­men, wenn eine gesetz­li­che Erklä­rungs­pflicht besteht, oder anders aus­ge­drückt: Wenn Schwei­gen im Rechts­ver­kehr Bedeu­tung hat und der hier­von Betrof­fe­ne nicht reagiert.

Schwei­gen im Rechts­ver­kehr hat grund­sätz­lich kei­ne Bedeu­tung. Arti­kel 18 Abs. 2 CISG stellt dies aus­drück­lich fest: Schwei­gen oder Untä­tig­keit allei­ne stel­len kei­ne Annah­me dar.

Es gibt jedoch hier­von Aus­nah­men. Die ers­te ist bereits im CISG ange­legt: In dem Fall, in dem die Annah­me eine unwe­sent­li­che Ver­trags­än­de­rung ent­hält, muss der Anbie­ten­de unver­züg­lich hier­auf reagie­ren und dem wider­spre­chen, will er den Ver­trags­schluss ver­hin­dern (Arti­kel 19 CISG).

Im deut­schen Recht gibt es das soge­nann­te kauf­män­ni­sche Bestä­ti­gungs­schrei­ben: Unter Rück­griff auf den Rechts­ge­dan­ken des § 362 HGB muss der Kauf­mann, der ein kauf­män­ni­sches Bestä­ti­gungs­schrei­ben ent­hält, des­sen Inhalt unver­züg­lich wider­spre­chen, will er ver­mei­den, dass der Ver­trag mit die­sem Inhalt zu Stan­de kommt. Das kauf­män­ni­sche Bestä­ti­gungs­schrei­ben ist anwend­bar bei allen (fern-) münd­lich geschlos­se­nen Ver­trä­gen, die sodann von einer der Par­tei­en schrift­lich zur Doku­men­ta­ti­ons­zwe­cken bestä­tigt wer­den.

Ent­ge­gen einem weit ver­brei­te­ten Irr­glau­ben kann das kauf­män­ni­sche Bestä­ti­gungs­schrei­ben daher nur einen bereits münd­lich geschlos­se­nen Ver­trag bestä­ti­gen, nicht aber die Annah­me erset­zen. Die häu­fi­ge Pra­xis, ein Ange­bot mit einem kauf­män­ni­schen Bestä­ti­gungs­schrei­ben anzu­neh­men, ent­spricht nicht dem Grund­ge­dan­ken des kauf­män­ni­schen Bestä­ti­gungs­schrei­bens. In die­sem Fall ist das kauf­män­ni­sche Bestä­ti­gungs­schrei­ben ledig­lich eine schrift­li­che Annah­me, ggf. ein Gegen­an­ge­bot.

Das kauf­män­ni­sche Bestä­ti­gungs­schrei­ben ent­fal­tet dann aller­dings kei­ne Wirk­sam­keit, wenn es dolos genutzt wird, wenn also dem Absen­den­den klar sein muss­te, dass der Ver­trags­part­ner mit einer Ände­rung, die in sei­nem Schrei­ben ent­hal­ten ist, nicht ein­ver­stan­den sein konn­te. Grund­sätz­lich gilt aber in jedem Fall bei Emp­fang eines kauf­män­ni­schen Bestä­ti­gungs­schrei­bens, ob also sol­ches über­schrie­ben oder nicht, erhöh­te Auf­merk­sam­keit.

Im bel­gi­schen Recht gibt es den Rechts­ge­dan­ken des Arti­kel 25 Code de Com­mer­ce, der noch wei­ter geht: Hier muss jed­we­der Erklä­rung, mit der man nicht ein­ver­stan­den ist, wider­spro­chen wer­den. Das geht sogar so weit, dass die Über­sen­dung einer Rech­nung unter Hin­weis auf nicht abge­spro­che­ne Ver­trags­be­din­gun­gen, z.B. AGB ein­schließ­lich Gerichts­stand­ver­ein­ba­run­gen wider­spro­chen wer­den muss. Häu­fig wird die­ser Rechts­ge­dan­ken sogar bei dem Erhalt unrich­ti­ger Rech­nun­gen ange­wandt und das Schwei­gen als Aner­kennt­nis gedeu­tet.

Man soll­te daher bei bel­gi­schen (oder fran­zö­si­schen) Absen­dern sol­che Schrei­ben nicht unkom­men­tiert las­sen. Denn ist bel­gi­sches natio­na­les Recht unter Aus­schluss des UN-Kauf­rechts anwend­bar, kann sogar der Erhalt einer Rech­nung oder eine Ver­trags­be­stä­ti­gung, die unrich­tig sind, einen recht­li­chen Anspruch des Absen­ders die­ses Bestä­ti­gungs­schrei­bens begrün­den. Vor­sicht ist aller­dings selbst dann gebo­ten, wenn deut­sches oder UN-Kauf­recht anwend­bar ist: Denn die Gerichts­pra­xis vie­ler bel­gi­scher Gerich­te ist, den Rechts­ge­dan­ken des Arti­kel 25 Code de Com­mer­ce anzu­wen­den, obwohl des­sen Anwen­dungs­be­reich bei Anwend­bar­keit des UN-Kauf­rechts oder bei einer Rechts­wahl zu Guns­ten des deut­schen Rechts gar nicht eröff­net ist.

Der Arti­kel 25 Code de Com­mer­ce ist eine der größ­ten Fal­len im deutsch-bel­gi­schen Rechts­ver­kehr, weil vie­le Instanz­ge­rich­te trotz ein­deu­ti­ger Rechts­la­ge nach UN-Kauf­recht con­tra legem zu Guns­ten und nach Maß­ga­be des bel­gi­schen Rechts ent­schei­den.

5. The last shot

Im Hin­blick auf die Ein­be­zie­hung von AGB ist bei Anwend­bar­keit des UN-Kauf­rechts zu beach­ten, dass wohl die mehr­heit­li­che Mei­nung in Recht­spre­chung und Lite­ra­tur davon aus­ge­hen, dass im Anwen­dungs­be­reich des UN-Kauf­rechts die soge­nann­te last-shot-Theo­rie gilt. Im deut­schen und im bel­gi­schen unver­ein­heit­lich­ten Recht gilt bei wech­sel­sei­ti­ger Bezug­nah­me auf sich wider­spre­chen­de AGB-Klau­seln, dass die­se sich gegen­sei­tig annul­lie­ren und die ohne AGB zur Anwen­dung beru­fe­ne gesetz­li­che Rege­lung an deren Stel­le tritt.

Im UN-Kauf­recht gilt hin­ge­gen sehr häu­fig, dass der­je­ni­ge, der den „letz­ten Schuss“ abge­feu­ert hat (des­halb last-shot) gewinnt. Das ist meis­tens der­je­ni­ge, der noch kurz vor Lie­fe­rung auf sei­ne AGB hin­ge­wie­sen hat, wäh­rend die ande­re Par­tei die Lie­fe­rung ohne erneu­ten Wider­spruch ent­ge­gen­nimmt.

Inter­es­sant ist die Fra­ge, wel­ches Recht anwend­bar ist in dem Fall, dass ein Ver­trag nach dem Vor­ste­hen­den nicht zu Stan­de kommt. Kommt ein Ver­trag nicht zu Stan­de, gilt grund­sätz­lich nach der Rom-I-VO das Recht, das im Fal­le des Zustan­de­kom­mens auf den Ver­trag anwend­bar gewe­sen wäre. Da z.B. aber eine Rechts­wahl­klau­sel man­gels Ver­trags­schlus­ses nicht wirk­sam zwi­schen den Par­tei­en zu Stan­de gekom­men ist, dürf­te in aller Regel im inter­na­tio­na­len Han­dels­ge­schäft die Fra­ge nach dem Zustan­de­kom­men des Ver­tra­ges und des­sen Wir­kung nach dem UN-Kauf­recht zu ent­schei­den sein.

 

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