Nach­trag

 

In unse­rem Stand­punkt vom 05.11.2013 hat­ten wir über eine wich­ti­ge Ände­rung im Bereich des Mehr­wert­steu­er­rechts, betref­fend die Über­las­sung von Fir­men­wa­gen an Mit­ar­bei­ter berich­tet.

Zur Erin­ne­rung: Das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Finan­zen hat­te mit Schrei­ben vom 12.09.2013 mit­ge­teilt, dass der Leis­tungs­ort bei lang­fris­ti­ger Ver­mie­tung von Fahr­zeu­gen der (Wohn-) Sitz des Leis­tungs­emp­fän­gers sei.

Da ein Fir­men­wa­gen in aller Regel als (Teil der) Gegen­leis­tung für die Erbrin­gung der Arbeits­leis­tung des Arbeit­neh­mers zur Ver­fü­gung gestellt wird, liegt nach dem Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Finan­zen eine ent­gelt­li­che Ver­mie­tung im Sin­ne vor­ge­nann­ter mehr­wert­steu­er­recht­li­cher Vor­schrift vor, wenn der Arbeit­ge­ber dem Arbeit­neh­mer ein Dienst­fahr­zeug zur Ver­fü­gung stellt.

Kon­se­quenz des­sen ist bei der Über­las­sung von Dienst­fahr­zeu­gen an einen in den Nie­der­lan­den oder Bel­gi­en wohn­haf­ten Arbeit­neh­mer, dass eine mehr­wert­steu­er­recht­li­che Regis­trie­rung des Arbeit­ge­bers in dem betref­fen­den Land not­wen­dig und Mehr­wert­steu­er im Wohn­sitz­land des Arbeit­neh­mers zu ent­rich­ten ist.

Dies führt in der Pra­xis zu eini­gen Pro­ble­men:

 

Pro­blem 1: Wo ist das Pro­blem?

Die bel­gi­schen Behör­den haben von der Ände­rung noch gar kei­ne effek­ti­ve Kennt­nis.

Wir haben uns für eini­ge Man­dan­ten mit den bel­gi­schen Behör­den in Ver­bin­dung gesetzt. Die­sen war das Pro­blem noch gar nicht bewusst. Wir war­ten seit meh­re­ren Wochen auf eine Rück­ant­wort der Mehr­wert­steu­er­be­hör­den aus Ver­viers und Lüt­tich. Effek­tiv wird die Steu­er noch gar nicht erho­ben bzw. bean­sprucht.

Pro­blem 2: Bemes­sungs­grund­la­ge und Dop­pel­be­steue­rung I.

Die Besteue­rung der Gebrauchs­vor­tei­le in Bel­gi­en ist ein Kapi­tel für sich. Es ist eine Mischung zwi­schen dem Ansatz des Lis­ten­prei­ses, einer CO2-abhän­gi­gen gestaf­fel­ten Abschrei­bung etc. Die­ses Sys­tem hier im Ein­zel­nen dar­zu­stel­len, wür­de den vor­lie­gen­den Bei­trag spren­gen. In Deutsch­land wer­den die pri­va­ten Nut­zungs­vor­tei­le (auf Fran­zö­sisch: avan­ta­ges en natu­re) durch die soge­nann­te 1 %-Rege­lung abge­gol­ten. Der Besteue­rung in mehr­wert­steu­er­recht­li­cher Hin­sicht unter­liegt die pri­va­te Nut­zung, d.h. die Fahr­ten Woh­nung-Arbeits­stät­te sowie die Pri­vat­fahr­ten mit dem Fahr­zeug.

Eine voll­stän­di­ge Besteue­rung der Gebrauchs­vor­tei­le in Bel­gi­en dürf­te aus­schei­den, da bei aus­schließ­li­cher Tätig­keit des Arbeit­neh­mers in Deutsch­land (Lohn-) Steu­er in Deutsch­land zu erhe­ben ist. Was also ist dann die Bemes­sungs­grund­la­ge in Bel­gi­en für die Erhe­bung der Mehr­wert­steu­er? Wahr­schein­lich nicht die deut­sche 1 %-Rege­lung. Aber auch nicht die bel­gi­sche Rege­lung, da der jeweils voll­stän­di­ge Ansatz der Gebrauchs­vor­tei­le in bei­den Län­dern zu einer effek­ti­ven Dop­pel­be­steue­rung füh­ren könn­te.

Pro­blem 3: Dop­pel­be­steue­rung II.

Bel­gi­en hat im Gegen­satz zu Deutsch­land von der Opti­on des Arti­kel 168bis der Mehr­wert­steu­er-Richt­li­nie Gebrauch gemacht und die Abzugs­fä­hig­keit der Mehr­wert­steu­er bei Fahr­zeu­gen auf die Hälf­te der Mehr­wert­steu­er beschränkt. Bekannt­lich beträgt die Mehr­wert­steu­er in Bel­gi­en 21%. Bei Erwerb eines Pkw in Bel­gi­en wer­den daher z.B. nur 10,5% zurück­er­stat­tet, wäh­rend in Deutsch­land voll­stän­di­ger Abzug der Mehr­wert­steu­er besteht. Die Mehr­wert­steu­er auf Gebrauchs­vor­tei­le dürf­te daher auch nur zur Hälf­te abzugs­fä­hig sein.

Grund­sätz­lich wäre davon aus­zu­ge­hen, dass die auf die pri­va­te Nut­zung der Mit­ar­bei­ter ent­rich­te­te Mehr­wert­steu­er in Bel­gi­en mit Mehr­wert­steu­er­gut­ha­ben des Unter­neh­mens in Bel­gi­en ver­rech­net oder zurück­er­stat­tet wer­den müss­te, wenn kei­ne Mehr­wert­steu­er in Bel­gi­en zu zah­len ist.

Jedoch wird even­tu­ell nur die Hälf­te der Mehr­wert­steu­er zurück­er­stat­tet. Dies erhöht schlicht­weg die Kos­ten der Über­las­sung eines dienst­li­chen Pkw und führt ggf., so die Ansicht des bel­gi­schen Steu­er­ex­per­ten Chris­ti­an Armand, zu einer effek­ti­ven Dop­pel­be­steue­rung.

Pro­blem 4: Arbeit­neh­mer, Selb­stän­di­ger, Frei­be­ruf­ler

Soweit eine ent­gelt­li­che Gebrauchs­über­las­sung eines Fir­men­fahr­zeugs vor­liegt, ist dies nach Oben­ste­hen­dem eine lang­fris­ti­ge Ver­mie­tung. Ent­gelt­li­che Gebrauchs­über­las­sung bedeu­tet hier, dass der Fir­men­wa­gen als Teil der Gegen­leis­tung des Arbeit­ge­bers über­las­sen wird. Wie ver­hält es sich aber bei Selb­stän­di­gen? Der Selb­stän­di­ge, der ein Fahr­zeug im Betriebs­ver­mö­gen hält, über­lässt sich das Fahr­zeug nicht als Ent­gelt für sei­ne Arbeits­leis­tung, son­dern stellt ein Fahr­zeug in das Betriebs­ver­mö­gen ein. Glei­ches dürf­te für Gesell­schaf­ter einer Per­so­nen­ge­sell­schaft gel­ten. Bei­de bezah­len den Pkw letzt­lich selbst.

Nach einer unver­bind­li­chen Aus­kunft des Aache­ner Finanz­am­tes ist in dem Fall, dass ein Frei­be­ruf­ler (Rechts­an­walt, Archi­tekt etc.) ein Fahr­zeug im Betriebs­ver­mö­gen hält und pri­vat in Bel­gi­en wohnt, kei­ne Mehr­wert­steu­er­re­gis­trie­rungs­pflicht in Bel­gi­en gege­ben, da es sich um eine unent­gelt­li­che Gebrauchs­über­las­sung han­delt.

Wie aber ver­hält es sich mit dem Mehr­heits­ge­sell­schaf­ter bzw. Geschäfts­füh­rer, der zwar nicht als Ange­stell­ter im Sin­ne des (deut­schen) Sozi­al­ver­si­che­rungs­rechts geführt wird, jedoch Bezü­ge als Geschäfts­füh­rer in eige­ner Anstel­lung erhält? Ist das Fahr­zeug hier ent­gelt­li­che Gegen­leis­tung? Gute Grün­de spre­chen hier­für. Geklärt ist dies noch nicht.

Wie Sie sehen, gibt es hier Fra­gen über Fra­gen und wir sind mit der etwas selt­sa­men Situa­ti­on kon­fron­tiert, dass durch die Ände­rung bezüg­lich der Mehr­wert­steu­er­ver­an­la­gung bei ent­gelt­li­cher Gebrauchs­über­las­sung einem Land die Besteue­rungs­ho­heit zuge­wie­sen wird, das hier­von gar nichts weiß oder nichts wis­sen möch­te.

Wir blei­ben am Ball und wer­den wei­ter berich­ten.


Gui­do Imfeld
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