1. Gegen­stand der Dar­stel­lung

Auf­grund der Glo­ba­li­sie­rung, der fort­schrei­ten­den digi­ta­len Ver­net­zung der Pro­duk­ti­on der Rechts­har­mo­ni­sie­rung in der Euro­päi­schen Uni­on und nicht zuletzt durch das Inter­net sind inter­na­tio­na­le Kauf­ver­trä­ge, ob mit Kon­su­men­ten oder im Bereich B2B, all­täg­lich gewor­den.

In unse­re Beratungs‑, aber auch ins­be­son­de­re Pro­zess­pra­xis stel­len wir aller­dings häu­fig fest, dass die­ser Umstand in Unter­neh­men und deren Ver­trags­ma­nage­ment häu­fig nicht sys­te­ma­tisch ange­gan­gen oder in Ver­ken­nung des anwend­ba­ren (euro­päi­schen und inter­na­tio­na­len) Rechts sowie der in Fra­ge kom­men­den Rechts­ord­nun­gen gehan­delt wird.

Die­ser Bei­trag beschäf­tigt sich mit inter­na­tio­na­len Kauf­ver­trä­gen im Bereich B2B unter Berück­sich­ti­gung des deut­schen und des bel­gi­schen Rechts.

Maß­geb­lich beschäf­tigt sich die­ser Bei­trag mit dem, was zwi­schen der Ent­ste­hung eines Gewähr­leis­tungs­an­spru­ches und des­sen Ver­fris­tung, noch vor der Ver­jäh­rung gesche­hen kann, anders gesagt: Wie schnell man, obwohl die Ver­jäh­rungs­frist noch gar nicht abge­lau­fen ist, fest­stel­len muss, dass man sicher­ge­glaub­te Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che bereits ver­lo­ren hat oder nicht mehr durch­set­zen kann.

2. Die Ermitt­lung des anwend­ba­ren Rechts in inter­na­tio­na­len Ver­trä­gen

Bei Sach­ver­hal­ten mit Aus­lands­be­zug ver­drän­gen euro­päi­sche Ver­ord­nun­gen natio­na­les Recht. Das soge­nann­te Inter­na­tio­na­le Pri­vat­recht der ein­zel­nen Staa­ten ist in der EU durch die Rom-I- und Rom-II-Ver­ord­nun­gen voll­stän­dig ver­drängt wor­den.

Das Inter­na­tio­na­le Pri­vat­recht bezeich­net dabei die Rechts­in­sti­tu­te, die es erlau­ben, bei Fäl­len, die Bezug zu zwei oder mehr Rechts­ord­nun­gen haben, das auf den kon­kre­ten Sach­ver­halt anwend­ba­re Recht zu bestim­men.

Die soge­nann­te Rom-I-Ver­ord­nung bezieht sich auf ver­trag­li­che Ansprü­che, wäh­rend die Rom-II-Ver­ord­nung sich auf außer­ver­trag­li­che Rechts­ver­hält­nis­se, also Delikts­recht bezieht. Letz­te­res ist hier nicht Gegen­stand der Dar­stel­lung.

Die Rom-I-Ver­ord­nung (mit vol­lem Titel: Ver­ord­nung (EG) Nr. 593/2008 des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates über das auf ver­trag­li­che Schuld­ver­hält­nis­se anzu­wen­den­de Recht vom 17 Juni 2008) kennt zunächst den Grund­satz der frei­en Rechts­wahl gemäß Arti­kel 3 der Ver­ord­nung. Gemäß Arti­kel 3 Abs. 1 Satz 1 unter­liegt der Ver­trag dem von den Par­tei­en gewähl­ten Recht. Grund­sätz­lich besteht daher Ver­trags­frei­heit, die jedoch zwei Aus­nah­men kennt.

Die ers­te Aus­nah­me, die hier nicht wei­ter von Inter­es­se ist, ist die­je­ni­ge, dass durch eine Recht­wahl bei B2C-Geschäf­ten dem Kon­su­men­ten nicht der Schutz ent­zo­gen wer­den kann, der ihm bei Ver­brau­cher­ver­trä­gen nach sei­nem Hei­mat­recht gewährt wür­de. Die zwei­te Aus­nah­me ist die­je­ni­ge, dass die Rechts­wahl nicht will­kür­lich sein darf, d.h., es müs­sen zumin­dest nach­voll­zieh­ba­re Anhalts­punk­te für die Wahl einer Rechts­ord­nung vor­lie­gen. Sind z.B., so der Wort­laut des Arti­kel 3 Abs. 3, alle ande­ren Ele­men­te des Sach­ver­halts zum Zeit­punkt der Rechts­wahl in einem ande­ren als dem­je­ni­gen Staat bele­gen, des­sen Recht gewählt wur­de, berührt die Rechts­wahl nicht die Anwen­dung der­je­ni­gen Bestim­mung des Rechts die­ses ande­ren Staa­tes, die zwin­gend sind, d.h., von denen nicht durch Ver­ein­ba­rung abge­wi­chen wer­den kann.

Tref­fen die Par­tei­en kei­ne Rechts­wahl, ergibt sich das anzu­wen­den­de Recht aus Arti­kel 4 der Rom-I-Ver­ord­nung. Gemäß Arti­kel 4 Abs. 1 lit. a) ist das bei Kauf­ver­trä­gen über beweg­li­che Sachen anzu­wen­den­de Recht das Recht des Staa­tes, in dem der Ver­käu­fer sei­nen gewöhn­li­chen Auf­ent­halt hat. Der gewöhn­li­che Auf­ent­halt ist ent­we­der der per­sön­li­che Auf­ent­halt der natür­li­chen Per­son oder, gemäß Arti­kel 19 Abs. 1 der Ver­ord­nung, der Sitz von juris­ti­schen Per­so­nen im Sin­ne im Sin­ne ihrer Haupt­ver­wal­tung. Eine Aus­nah­me hier­von besteht wie­der­um dann, wenn eine Filia­le oder Nie­der­las­sung han­delt. Dann gilt im Zwei­fel das Recht des Staa­tes, in dem sich die Nie­der­las­sung befin­det.

Der Voll­stän­dig­keit hal­ber sei erwähnt, dass gemäß Arti­kel 4 Abs. 1 lit. b) bei Dienst­ver­trä­gen (dies bedeu­tet nach euro­päi­schen Dik­ti­on „Dienst­ver­trä­ge ein­schließ­lich von Werk­ver­trä­gen“) das Recht des Staa­tes Anwen­dung fin­det, in dem der Dienst­leis­ter sei­nen gewöhn­li­chen Auf­ent­halt hat.

Häu­fig wer­den in län­ger­fris­tig ange­leg­ten ver­trag­li­chen Bezie­hun­gen Rah­men­ver­trä­ge ver­wen­det, ins­be­son­de­re im Fal­le von Ver­triebs­ver­trä­gen. Ver­triebs­ver­trä­ge unter­lie­gen dem Recht des Staa­tes, in dem der Ver­triebs­mit­t­ler sei­nen gewöhn­li­chen Auf­ent­halt hat. Dies ist ins­be­son­de­re bei Ver­trags­händ­ler- und Fran­chise­ver­trä­gen von Bedeu­tung.

Zu unter­schei­den ist jedoch dann der Rah­men­ver­trag und der im Ein­zel­nen inner­halb des Rah­men­ver­tra­ges abge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag. Der Lie­fe­rant des Ver­trags­händ­lers ist bei Abschluss eines Lie­fer­ver­tra­ges dann Ver­käu­fer, so dass bezo­gen auf den Kauf­ver­trag das Recht des Lie­fe­ran­ten gilt.

Sinn­voll wäre nach unse­rer Auf­fas­sung, die Ver­trä­ge ein­heit­lich zu gestal­ten und Rah­men- und Ein­zel­kauf­ver­trag einer ein­heit­li­chen Rechts­ord­nung zu unter­stel­len.

Gemäß Arti­kel 12 der Rom-I-VO ist das nach Maß­ga­be einer Rechts­wahl gemäß Arti­kel 3 oder des gemäß Arti­kel 4 anwend­ba­ren Rechts, maß­ge­bend für

  • die Aus­le­gung eines Ver­tra­ges,
  • die Erfül­lung der durch ihn begrün­de­ten Ver­pflich­tun­gen,
  • die Fol­gen der voll­stän­di­gen oder teil­wei­sen Nicht­er­fül­lung die­ser Ver­pflich­tun­gen, ein­schließ­lich der Scha­dens­be­mes­sung,
  • die ver­schie­de­nen Arten des Erlö­schens der Ver­pflich­tun­gen,
  • die Ver­jäh­rung und die Rechts­ver­lus­te, die sich aus dem Ablauf einer Frist erge­ben,
  • die Fol­gen der Nich­tig­keit des Ver­tra­ges.

3. Unver­ein­heit­lich­tes und ver­ein­heit­lich­tes Kauf­recht

Die­se juris­ti­schen Begrif­fe sind den meis­ten Kauf­leu­ten unbe­kannt. Unver­ein­heit­lich­tes Recht bedeu­tet natio­na­les Recht, also hier deut­sches Recht des BGB und HGB, bel­gi­sches Recht des Code Civil und des Code de Com­mer­ce.

Es gibt hin­ge­gen das soge­nann­te ver­ein­heit­lich­te Kauf­recht. Die­ses bezeich­net das Wie­ner-UN-Über­ein­kom­men über Ver­trä­ge über den inter­na­tio­na­len Waren­kauf vom 11. April 1980 (United Nati­ons Con­ven­ti­on on con­tracts for the Inter­na­tio­nal Sale of Goods – CISG).

Die­ses inter­na­tio­na­le Kauf­recht ist mitt­ler­wei­le von 83 Ver­trags­staa­ten rati­fi­ziert wor­den. In Euro­pa gehö­ren hier­zu alle Län­der der EU mit Aus­nah­me von Eng­land, Por­tu­gal und Mal­ta. Außer­halb der EU sind als maß­geb­li­che Signa­tar­staa­ten z.B. die Ver­ei­nig­ten Staa­ten, Chi­na, Kana­da, die Rus­si­sche Föde­ra­ti­on und die Schweiz zu nen­nen. Deutsch­land hat das UN-Kauf­recht im Jah­re 1990 rati­fi­ziert, Bel­gi­en im Jah­re 1991.

Das UN-Kauf­recht ist auf Kauf­ver­trä­ge über Waren zwi­schen Par­tei­en anzu­wen­den, die ihre Nie­der­las­sung in ver­schie­de­nen Staa­ten haben, wenn die­se Staa­ten Ver­trags­staa­ten sind oder wenn die Regeln des inter­na­tio­na­len Pri­vat­rechts zur Anwen­dung des Rechts eines Ver­trags­staats füh­ren.

Dies bedeu­tet, dass vor­be­halt­lich einer ander­wei­ti­gen ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung sämt­li­che Export­ver­trä­ge der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land dem UN-Kauf­recht unter­lie­gen! Ange­sichts der Viel­zahl der Signa­tar­staa­ten ist auch davon aus­zu­ge­hen, dass ca. 80 % der Impor­te Deutsch­land dem UN-Kauf­recht unter­fal­len. Von den 20 wich­tigs­ten Han­dels­part­nern Deutsch­land haben 19 das UN-Kauf­recht rati­fi­ziert.

Im Anwen­dungs­be­reich des UN-Kauf­rechts ist das UN-Kauf­recht als ver­ein­heit­lich­tes inter­na­tio­na­les Recht auch ohne aus­drück­li­che Rechts­wahl anwend­bar, da näm­lich jeweils Bestand­teil des natio­na­len Rechts. Da das UN-Kauf­recht Bestand­teil des natio­na­len Rechts ist, führt die Ver­ein­ba­rung deut­schen oder bel­gi­schen Rechts, ent­ge­gen der Erwar­tung der meis­ten Kauf­leu­te, daher nicht zu dem erstreb­ten Ziel der Anwend­bar­keit des ver­trau­ten natio­na­len Rechts, son­dern gera­de­wegs zum UN-Kauf­recht. Möch­te man dies ver­mei­den, muss man, aus­drück­lich oder still­schwei­gend, das UN-Kauf­recht aus­schlie­ßen (vgl. Arti­kel 6 CISG). Der aus­drück­li­che Aus­schluss befin­det sich in vie­len, rich­tig gemach­ten AGB in der Wei­se, dass bestimmt wird: „Die­ser Ver­trag unter­liegt dem mate­ri­el­len deut­schen Recht des BGB und HGB. Die Anwend­bar­keit des UN-Kauf­rechts wird aus­ge­schlos­sen.“

Ein still­schwei­gen­der Aus­schluss kann dann vor­lie­gen, wenn z.B. zwar auf das deut­sche Recht rekur­riert wird, jedoch im Ver­trag auf ein­zel­ne Bestim­mung z.B. des unver­ein­heit­lich­ten deut­schen Gewähr­leis­tungs­rechts Bezug genom­men wird. Eine kla­re Fest­le­gung ist jedoch im Fal­le von Strei­tig­kei­ten von nicht zu unter­schät­zen­der Bedeu­tung.

Es ist in der Lite­ra­tur umstrit­ten, ob der Vor­rang der Anwend­bar­keit des UN-Kauf­rechts auf dem Vor­rang des inter­na­tio­na­len Völ­ker­rechts vor dem EU-Recht basiert (so Arti­kel 25 der Rom I‑Verordnung) oder das UN-Kauf­recht über Arti­kel 1 CISG gemäß den Regeln des Inter­na­tio­na­len Pri­vat­rechts zur Anwen­dung kommt. Die­se Fra­ge ist jedoch eher von aka­de­mi­schem Inter­es­se.

Die Anknüp­fung über die Rom-I-Ver­ord­nung erlaubt jedoch, das Recht gemäß Arti­kel 3 oder 4 der Rom-I-Ver­ord­nung zu bestim­men, das für die Berei­che (sub­si­di­är) Anwen­dung fin­det, die das UN-Kauf­recht nicht regelt. Die­se Berei­che sind Geschäfts­fä­hig­keit, Stell­ver­tre­tung, Auf­rech­nung, Inhalts­kon­trol­le von AGB und Über­gang des Eigen­tums sowie Ver­jäh­rung.

4. Aus­schluss des UN-Kauf­rechts?

Soll­te man das UN-Kauf­recht aus­schlie­ßen?

In den meis­ten Ver­trä­gen, auch gro­ßer Unter­neh­men, fin­det sich ein Aus­schluss des UN-Kauf­rechts. Häu­fig erfolgt der Aus­schluss unre­flek­tiert. Man kann jedoch grob, da nicht eigent­li­ches The­ma die­ser Dar­stel­lung, sagen, dass das UN-Kauf­recht durch Über­nah­me der im Com­mon Law vor­herr­schen­den ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen Haf­tung für Män­gel der Kauf­sa­che eher käu­fer­freund­lich ist. Der Unter­schied wird bedeut­sam bei der Fra­ge des Scha­dens­er­sat­zes. Scha­dens­er­satz­an­sprü­che auf­grund von Män­geln, ins­be­son­de­re für Fol­ge­schä­den setzt im deut­schen Recht Ver­schul­den vor­aus. Dies wirkt sich ins­be­son­de­re bei Zwi­schen­händ­ler­ver­trä­gen aus, wenn von einem Vor­lie­fe­ran­ten erwor­be­ne Ware man­gel­haft ist, dies aber im Rah­men der Unter­su­chungs- und Rüge­pflicht von Käu­fer und Wie­der­ver­käu­fer nicht erkannt wer­den konn­te. Die Wei­ter­lie­fe­rung eines inso­weit nicht zu ver­tre­ten­den Man­gels begrün­det daher kei­ne Scha­dens­er­satz­ver­pflich­tung des Wie­der­ver­käu­fers.

Glei­ches gilt im bel­gi­schen Code Civil, wonach grund­sätz­lich die Haf­tung des Ver­käu­fers auf Nach­er­fül­lung, Min­de­rung oder Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses geht, jedoch nicht dar­über hin­aus, falls mög­li­che Fol­ge­schä­den den Ver­trags­wert über­stei­gen (Arti­kel 1644 Code Civil). Eine Aus­nah­me gilt jedoch dann, wenn es sich bei dem Ver­käu­fer um einen Spe­zia­lis­ten han­delt, d.h., jemand, der einen Wis­sens­vor­sprung vor dem Käu­fer hat. In die­sem Fall wird im bel­gi­schen Recht wider­leg­bar (im fran­zö­si­schen Recht sogar unwi­der­leg­bar) ver­mu­tet, dass der Ver­käu­fer einer man­gel­haf­ten Sache bei Abschluss des Kauf­ver­tra­ges Kennt­nis von die­sem Man­gel hat­te und sich inso­weit auf Scha­dens­er­satz haf­tet, sich ins­be­son­de­re nicht auf eine ver­ein­bar­te Haf­tungs­be­gren­zun­gen oder –aus­schlüs­se beru­fen kann (Arti­kel 1645 Code Civil).

Dies muss man wis­sen, wenn man sich in Unkennt­nis des UN-Kauf­rechts in Ver­trä­gen auf bel­gi­sches (oder fran­zö­si­sches) unver­ein­heit­lich­tes Recht ein­lässt. Denn anders als im deut­schen Recht, wo sich die Pro­ble­ma­tik der Haf­tungs­be­schrän­kung im Bereich des AGB-Rechts stellt, das dann kei­ne Anwen­dung fin­det, wenn es sich um einen soge­nann­ten Indi­vi­du­al­ver­trag han­delt, ist es auf­grund des Vor­ste­hen­den im Anwen­dungs­be­reich des Code Civil schlicht­weg fast unmög­lich, wirk­sa­me Haf­tungs­be­schrän­kun­gen zu ver­ein­ba­ren. Da sich der aus­län­di­sche Ver­trags­part­ner häu­fig nicht auf deut­sches Recht ein­lässt (mit Aus­nah­me von Fall­ge­stal­tun­gen, in denen der deut­sche Ver­trags­part­ner ein­deu­tig markt­stär­ker ist), kann in den Ver­hand­lun­gen nur der Hin­weis auf das bei­den Rechts­ord­nun­gen inne­woh­nen­de UN-Kauf­recht zur Lösung bei­tra­gen.

Aber: Das UN-Kauf­recht ist dis­po­si­tiv und nichts hin­dert die Ver­trags­par­tei­en dar­an, die ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­ge Garan­tie­haf­tung im Hin­blick auf Fol­ge­schä­den, ins­be­son­de­re Scha­dens­er­satz für Pro­duk­ti­ons­aus­fall und ent­gan­ge­nen Gewinn aus­zu­schlie­ßen, ein­zu­schrän­ken oder dem Vor­be­halt des Ver­schul­dens zu unter­stel­len. Vor­sicht aber, wenn auf­grund einer Recht­wahl oder auf­grund von Arti­kel 4 Rom-I-Ver­ord­nung sub­si­di­är deut­sches Recht Anwen­dung fin­det. Dann gilt näm­lich das im UN-Kauf­recht nicht gere­gel­te deut­sche AGB-Recht, das Haf­tungs­be­schrän­kun­gen und –aus­schlüs­se nur ein­ge­schränkt zulässt. Ob es für eine Export­na­ti­on sinn­voll ist, aus­län­di­sche Ver­trags­part­ner, die in aller Regel, ins­be­son­de­re im Bereich des Com­mon Law, Ver­trags­frei­heit haben, vor deut­schen Lie­fe­ran­ten auf die­se Wei­se zu schüt­zen, steht auf einem ande­ren Blatt und ist ein wei­tes Feld.

Aber auch auf Käu­fer­sei­te ist ein Nach­teil zu benen­nen. Das UN-Kauf­recht ist genu­in inter­na­tio­na­les Recht. Im inter­na­tio­na­len Recht besteht ein Vor­rang vor Ver­trags­durch­füh­rung vor Ver­trags­rück­ab­wick­lung, um kost­spie­li­ge Rück­trans­por­te zu ver­mei­den. Des­halb erlaubt das UN-Kauf­recht den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag nur bei wesent­li­chen Ver­trags­män­geln, wäh­rend das deut­sche Recht bereits nicht uner­heb­li­che Män­gel zum Anlass nimmt, das Recht zur Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges zu gewäh­ren, wenn die Nach­er­fül­lung schei­tert oder ver­wei­gert wird. Aber auch dies kann ver­trag­lich gestal­tet wer­den.

Der Vor­teil des UN-Kauf­rechts liegt aber ganz klar in des­sen fast uni­ver­sel­ler Anwend­bar­keit. Selbst Gerich­te der Län­der, die nicht Signa­tar­staa­ten sind, wie z.B. Eng­land, ken­nen sich bes­tens mit dem UN-Kauf­recht aus, weil es eben häu­fig zur Anwen­dung kommt. Bevor man daher die Schwie­rig­keit unter­nimmt, einem Rich­ter in Lüt­tich oder Ant­wer­pen die Grund­zü­ge des deut­schen Rechts zu erklä­ren und der Man­dant bei jedem Zitat einer deut­schen Geset­zes­stel­le oder eines Urteils des BGH hor­ren­de Über­set­zungs­kos­ten zu gewär­ti­gen hat, kön­nen Ansprü­che aus Kauf­ver­trä­gen, die dem UN-Kauf­recht unter­lie­gen, in aller Regel pro­blem­los vor den meis­ten Gerich­ten plä­diert wer­den. Die Rechts­durch­set­zung wird damit ganz erheb­lich ver­ein­facht. Denn es ist nicht immer gewähr­leis­tet, dass das anwend­ba­re Recht und der Gerichts­stand zusam­men­fal­len.

5. Gerichts­stän­de

Wäh­rend sich das anwend­ba­re Recht aus der Rom I‑Verordnung ergibt, wer­den in Euro­pa die Gerichts­stän­de aus der Brüs­sel-I-Ver­ord­nung ent­wi­ckelt. Dies war bis zum 15. Janu­ar die Ver­ord­nung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gericht­li­che Zustän­dig­keit und die Aner­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dun­gen in Zivil- und Han­dels­sa­chen vom 22. Dezem­ber 2000, nun­mehr seit dem 15. Janu­ar 2015 abge­löst durch die Ver­ord­nung (EU) Nr. 1215/2012 des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates vom 12. Dezem­ber 2012 über die gericht­li­che Zustän­dig­keit und die Aner­ken­nung und Voll­stre­ckung von Ent­schei­dung in Zivil- und Han­dels­sa­chen.

Gemäß Arti­kel 1 Abs. 1 Brüs­sel I‑VO ist die Ver­ord­nung in Zivil- und Han­dels­sa­chen anzu­wen­den. Sie ist nicht auf Kon­kur­se, Ver­glei­che und ähn­li­che Ver­fah­ren, also auch das deut­sche Insol­venz­ver­fah­ren, und die Schieds­ge­richts­bar­keit anzu­wen­den.

Gemäß Arti­kel 4 Brüs­sel I‑VO ist zumin­dest der all­ge­mei­ne Gerichts­stand einer Par­tei, d.h., das inter­na­tio­nal, ört­lich und funk­tio­nal zustän­di­ge Gericht am Sitz der beklag­ten Par­tei, für Rechts­strei­tig­kei­ten zustän­dig.

Alter­na­tiv besteht die Mög­lich­keit, auf beson­de­re Zustän­dig­kei­ten zu rekur­rie­ren. Gemäß Arti­kel 7 Abs. 1 lit. b) 1. Spie­gel­strich Brüs­sel I‑Verordnung ist dies bei dem Ver­kauf beweg­li­cher Sachen der Ort in einem Mit­glieds­staat, an dem sie nach dem Ver­trag gelie­fert wor­den sind oder hät­ten gelie­fert wer­den müs­sen; bei der Erbrin­gung von Dienst­leis­tun­gen ist es der Ort in einem Mit­glied­staat, an dem sie nach dem Ver­trag erbracht wor­den sind oder hät­ten erbracht wer­den müs­sen. Arti­kel 7 bezeich­net damit den soge­nann­ten Gerichts­stand des Erfül­lungs­or­tes und es wird an die­ser Stel­le viel­leicht deut­lich, wie wich­tig es sein kann, den Lie­fer­ort stra­te­gisch rich­tig zu bestim­men.

Im inter­na­tio­na­len Rechts­ver­kehr soll­te man sich daher durch aus mit den Inco­terms ver­traut machen, um im Zwei­fel an dem Gerichts­stand des Erfül­lungs­or­tes vor­ge­hen zu kön­nen, falls der all­ge­mei­ne Gerichts­stand der beklag­ten Par­tei die Rechts­durch­set­zung erschwe­ren wür­de.

Denn, und dies mag viel­leicht eine Über­ra­schung sein, es ist nicht so ein­fach, im inter­na­tio­na­len Rechts­ver­kehr einen Gerichts­stand wirk­sam zu ver­ein­ba­ren.

Dies rührt daher, dass gemäß Arti­kel 25 Brüs­sel I‑Verordnung Ver­ein­ba­run­gen über die Zustän­dig­keit, die soge­nann­te Pro­ro­ga­ti­on, schrift­lich erfol­gen müs­sen. Eine Gerichts­stand­ver­ein­ba­rung muss ent­we­der schrift­lich oder münd­lich mit schrift­li­cher Bestä­ti­gung geschlos­sen wer­den.

Schrift­lich oder mit schrift­li­cher Bestä­ti­gung heißt letzt­lich, dass die von der Gerichts­stand­ver­ein­ba­rung betrof­fe­ne Par­tei, d.h. zu deren Nach­teil von ihrem all­ge­mei­nen Gerichts­stand abge­wi­chen wird, ihre Unter­schrift oder Gegen­be­stä­ti­gung auf ein Doku­ment gesetzt haben muss, das aus­drück­lich auf die Gerichts­stand­ver­ein­ba­rung ver­weist.

AGB wer­den jedoch in aller Regel nicht gegen­ge­zeich­net. Im inter­na­tio­na­len Han­del rei­chen weder der Hin­weis auf anwend­ba­re AGB noch die Mög­lich­keit, die­se mit zumut­ba­ren Mit­teln abzu­ru­fen, — anders als im natio­na­len deut­schen, bel­gi­schen oder fran­zö­si­schen Recht –, um die­se in den Ver­trag ein­zu­be­zie­hen. Die AGB müs­sen vor oder bei Abschluss des Kauf­ver­tra­ges nach­weis­lich bei­gefügt wer­den. Dabei kommt erschwe­rend hin­zu, dass die AGB dann ent­we­der in der Lan­des­spra­che des Adres­sa­ten oder bes­ser in der gewähl­ten Kor­re­spon­denz -, d.h. der gewähl­ten Ver­trags­spra­che abge­fasst sein müs­sen. Gera­de in Län­dern wie Luxem­burg, Bel­gi­en oder der Schweiz ist es manch­mal schwie­rig, die in Fra­ge kom­men­de Lan­des­spra­che zu iden­ti­fi­zie­ren, die am Ort des Sit­zes der ande­ren Ver­trags­par­tei gespro­chen wird. Und es ist erstaun­lich, wie schnell ein Ver­trags­part­ner Sprach­kennt­nis­se ver­ges­sen kann, wenn es in einem Pro­zess auf die Kennt­nis der strei­ti­gen AGB-Klau­sel ankommt.

Man muss daher von dem weit ver­brei­te­ten Irr­glau­ben Abstand neh­men, im inter­na­tio­na­len Wirt­schafts­recht durch Hin­weis auf AGB oder durch Bei­fü­gung von AGB, ohne die­se gegen­zeich­nen zu las­sen, einen Gerichts­stand zu sei­nen Guns­ten ver­ein­ba­ren zu kön­nen.

Bezo­gen auf das deut­sche-bel­gi­sche Geschäft bedeu­tet dies, dass für den Fall der Lie­fe­rung einer Kauf­sa­che nach Lüt­tich das UN-Kauf­recht, sub­si­di­är das deut­sche Recht Anwen­dung fin­det, jedoch sowohl der all­ge­mei­ne Gerichts­stand des Käu­fers gemäß Arti­kel 4 wie auch der Gerichts­stand des Erfül­lungs­orts (Lie­fer­ort) gemäß Arti­kel 7 Brüs­sel-I-Ver­ord­nung zur Zustän­dig­keit des Han­dels­ge­richts Lüt­tich (Tri­bu­nal de Com­mer­ce de Liè­ge) ver­wei­sen. Dies kann die Rechts­durch­set­zung im Ein­zel­fall unge­mein erschwe­ren.

Daher soll­te in die­sem Punkt auf das Ver­trags­ma­nage­ment aller größ­ter Wert gelegt wer­den.

 

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