Vom Ent­ste­hen des Gewähr­leis­tungs­an­spruchs bis zur Ver­jäh­rung

Der Gewähr­leis­tungs­an­spruch ent­steht in dem Zeit­punkt, in dem eine man­gel­haf­te Sache an den Käu­fer gelie­fert wird.

Auf dem Weg zur Ver­jäh­rung kann jedoch eini­ges gesche­hen, was dazu führt, dass Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che nicht mehr durch­setz­bar sind.

1. Unter­su­chungs- und Rüge­pflicht

a) Das deut­sche unver­ein­heit­lich­te Recht des BGB und HGB

Ist der Kauf für bei­de Tei­le ein Han­dels­ge­schäft, so hat der Käu­fer die Ware gemäß § 377 HGB unver­züg­lich nach der Ablie­fe­rung durch den Ver­käu­fer, soweit dies nach ord­nungs­ge­mä­ßem Geschäfts­gang tun­lich ist, zu unter­su­chen und, wenn sich ein Man­gel zeigt, dem Ver­käu­fer unver­züg­lich Anzei­ge zu machen. Unter­lässt der Käu­fer die Anzei­ge, so gilt die Ware als geneh­migt, es sei denn, dass es sich um einen Man­gel han­delt, der bei der Unter­su­chung nicht erkenn­bar war. Zeigt sich spä­ter ein sol­cher Man­gel, so muss die Anzei­ge unver­züg­lich nach der Ent­de­ckung gemacht wer­den, andern­falls gilt die Ware auch in Anse­hung die­ses Man­gels als geneh­migt.

377 HGB sta­tu­iert daher bei dem Han­dels­ge­schäft eine Unter­su­chungs- und Rüge­o­b­lie­gen­heit. Oblie­gen­heit, weil es sich nicht um eine Pflicht des Käu­fers han­delt, son­dern um eine Sorg­falts­ob­lie­gen­heit, bei deren Ver­let­zung der Käu­fer sei­ne Gewähr­leis­tungs­rech­te des­halb ver­liert, weil die gelie­fer­te man­gel­haf­te Ware als ange­nom­men gilt.

Die gelie­fer­te Ware ist unver­züg­lich zu unter­su­chen. Unver­züg­lich bedeu­tet nach der Legal­de­fi­ni­ti­on „ohne schuld­haf­tes Zögern“. Dies bedingt einen objek­ti­vier­ba­ren Begriff, der von den per­sön­li­chen Gege­ben­hei­ten des Unter­neh­mens des Käu­fers abs­tra­hiert. Ein­ge­gan­ge­ne Ware muss daher so schnell wie dies objek­tiv mög­lich wäre, unter­sucht wer­den.

Selbst­ver­ständ­lich gibt es Unter­schie­de je nach Waren­gat­tung. Fri­sche Ware, ins­be­son­de­re Lebens­mit­tel etc. müs­sen unge­mein schnel­ler unter­sucht wer­den als z.B. eine Maschi­ne. Wäh­rend man im ers­ten Fall sicher nicht mehr als 24 bis 48 Stun­den zur Unter­su­chung gewäh­ren wird, kann die Unter­su­chungs­frist in Ein­zel­fäl­len auch mal ein bis zwei Wochen oder mehr betra­gen, wenn es sich um eine kom­ple­xe Maschi­ne han­delt.

377 HGB wird von den Gerich­ten streng aus­ge­legt. Der Ein­wand man­geln­den Per­so­nals, kran­ker Mit­ar­bei­ter, der hohen Kos­ten einer unver­züg­li­chen Unter­su­chung wer­den von den Gerich­ten regel­mä­ßig nicht beach­tet. Es han­delt sich eben um eine Oblie­gen­heit: Ver­zich­tet der Käu­fer z.B. aus Wirt­schaft­lich­keits­er­wä­gun­gen, eine Waren­ein­gangs­kon­trol­le durch­zu­füh­ren, muss er die­sen Vor­teil im Gewähr­leis­tungs­fall mit dem Nach­teil des Ver­lus­tes von Gewähr­leis­tungs­an­sprü­chen bezah­len.

Die Unter­su­chung muss stich­pro­ben­haft erfol­gen, und zwar mit einer gewis­sen Unter­su­chungs­dich­te. Es reicht nicht aus, bei einer Sach­ge­samt­heit nur einen Gegen­stand zu unter­su­chen, z.B. die vor­ders­te Lage Schin­ken in einem nicht abge­la­de­nen Lkw. Es soll­te z.B. min­des­tens jede Palet­te im Ein­zel­nen unter­sucht wer­den.

Man muss dabei auch wis­sen, dass die Unter­su­chung auch unter Inkauf­nah­me der Ver­nich­tung von Ware statt­fin­den muss: Kauft ein Maler­un­ter­neh­men 1000 Eimer Far­be, so müs­sen hier­von eini­ge geöff­net wer­den und es muss eine Pro­be­ver­ar­bei­tung statt­fin­den. Der Ein­wand, ins­be­son­de­re bei Lebens­mit­teln, dass dann ein Teil der Ware nicht mehr ver­kehrs­fä­hig ist, ist irrele­vant.

Eine Gren­ze fin­det die Unter­su­chung in dem ord­nungs­ge­mä­ßen Geschäfts­gang. Der Käu­fer von Far­be hat die­se nicht in einem Labor, also durch Rück­griff auf drit­te Dienst­leis­ter, auf die che­mi­sche Zusam­men­set­zung unter­su­chen zu las­sen. Der Motor eines Lkw muss auch nicht demon­tiert wer­den.

Wer­den Män­gel spä­ter erkannt, müs­sen die­se unver­züg­lich gerügt wer­den. Auch hier gilt wie­der ein objek­ti­ver Begriff des „as soon as pos­si­ble“.

Der Man­gel muss so genau bezeich­net wer­den, dass der Ver­käu­fer sich ein mög­lichst genau­es Bild über Art und Umfang des Man­gels und die Mög­lich­kei­ten sei­ner Behe­bung machen kann. Mit­tei­lun­gen der Art „die Ware ist schlecht“, „der­ar­ti­ge Ware kann ich nicht gebrau­chen“ rei­chen nicht aus. Ist die Ursa­che des Man­gels nicht erkenn­bar, reicht eine genaue Beschrei­bung der Sym­pto­me.

Wie auch die Unter­su­chung der Ware, soll­te die Rüge in geeig­ne­ter Wei­se doku­men­tiert wer­den. Es stellt sich in vie­len Pro­zes­sen her­aus, dass sich der Ver­käu­fer an über die Män­gel geführ­te unver­züg­li­che Tele­fo­na­te nicht mehr erin­nern kann. Einer münd­lich geführ­ten Rüge soll­te daher min­des­tens eine unver­züg­li­che schrift­li­che Bestä­ti­gung fol­gen. Mit­ar­bei­ter des Unter­neh­mens soll­ten Tele­fo­na­te über Män­gel­rü­gen in einem Akten­ver­merk fest­hal­ten.

Bei ord­nungs­ge­mä­ßer Unter­su­chung nicht ent­deck­te, weil nicht erkenn­ba­re ver­steck­te Män­gel füh­ren nicht zum Ver­lust von Gewähr­leis­tungs­an­sprü­chen. Bei ver­steck­ten Män­geln, die sich erst spä­ter her­aus­stel­len, ist die Rüge aber sofort nach Ent­de­cken der Män­gel gegen­über dem Ver­käu­fer aus­zu­spre­chen.

Gemäß § 377 Abs. 4 HGB reicht die recht­zei­ti­ge Absen­dung der Anzei­ge. Das Über­sen­dungs­ri­si­ko trägt der Käu­fer daher nicht.

Gemäß § 377 Abs. 4 HGB kann der Ver­käu­fer, der arg­lis­tig gehan­delt, d.h. in Kennt­nis eines Man­gels gelie­fert hat, sich auf § 377 Abs. 1 HGB nicht beru­fen. Der Nach­weis dolo­si­ven Han­dels ist jedoch im Ein­zel­fall nur sehr schwer zu füh­ren.

Die Unter­su­chungs- und Rüge­pflicht kann ver­trag­lich gestal­tet wer­den, jedoch nicht durch AGB voll­stän­dig abbe­dun­gen wer­den. Es emp­fiehlt sich jedoch, in AGB ggf. ange­mes­se­ne Aus­schluss­fris­ten zu ver­ein­ba­ren oder einen Zeit­raum zu defi­nie­ren, inner­halb des­sen der Käu­fer, wenn er die AGB stellt, die Mög­lich­keit hat, die Ware zu unter­su­chen. Die Beto­nung liegt aller­dings bei den durch AGB ver­ein­bar­ten Fris­ten auf „Ange­mes­sen­heit“, da der wesent­li­che Kern des § 377 HGB nicht aus­ge­höhlt oder umgan­gen wer­den darf.

b) UN-Kauf­recht

Das UN-Kauf­recht kennt in Arti­keln 38 und 39 CISG eine Unter­su­chungs- und Rüge­pflicht, die dem deut­schen Recht ent­spricht.

Gemäß Arti­kel 38 Abs. 1 CISG hat der Käu­fer die Ware inner­halb einer so kur­zen Frist zu unter­su­chen oder unter­su­chen zu las­sen, wie es die Umstän­de erlau­ben.

Dem inter­na­tio­na­len Cha­rak­ter geschul­det, prä­zi­siert Arti­kel 38 Abs. 2 CISG, dass für den Fall, dass der Ver­trag eine Beför­de­rung der Ware erfor­dert, die Unter­su­chung bis nach dem Ein­tref­fen der Ware am Bestim­mungs­ort auf­ge­scho­ben wer­den kann. Aller­dings gilt gemäß Arti­kel 38 Abs. 3 CISG bei Stre­cken­ge­schäf­ten: Ist der Käu­fer Wie­der­ver­käu­fer und wird die Ware direkt an den End­kun­den gelie­fert, so kann die Unter­su­chung bis zu die­sem Zeit­punkt auf­ge­scho­ben wer­den, wenn dem Ver­käu­fer die­ser Umstand bekannt war oder hät­te bekannt sein müs­sen.

Gemäß Arti­kel 39 CISG ver­liert der Käu­fer das Recht, sich auf die Ver­trags­wid­rig­keit der Ware zu beru­fen, wenn er sie dem Ver­käu­fer nicht inner­halb einer ange­mes­se­nen Frist nach dem Zeit­punkt, in dem er sie fest­ge­stellt hat oder hät­te fest­stel­len müs­sen, anzeigt und dabei die Art der Ver­trags­wid­rig­keit genau bezeich­net.

Gemäß Arti­kel 39 Abs. 2 CISG gilt eine abso­lu­te Aus­schluss­frist von zwei Jah­ren.

Der Ver­käu­fer kann sich, wie im deut­schen Recht, nicht auf Arti­kel 38 und 39 CISG beru­fen, so Arti­kel 40 CISG, wenn er die Ver­trags­wid­rig­keit kann­te oder hier­über nicht in Unkennt­nis sein konn­te und sie dem Käu­fer nicht offen­bart.

c) Das bel­gi­sche Recht

Das bel­gi­sche Recht kennt kei­ne Oblie­gen­heit zur unver­züg­li­chen Unter­su­chung von Han­dels­wa­re und die anschlie­ßen­de Rüge­pflicht.

Aller­dings tem­pe­riert das bel­gi­sche Recht die zehn­jäh­ri­ge gesetz­li­che Ver­jäh­rung durch Arti­kel 1648 Code Civil: Der Käu­fer muss im Fal­le der Kennt­nis von einem Ver­trags­man­gel inner­halb einer kur­zen Frist (bref délai) gericht­li­che Schrit­te ein­lei­ten, um sei­ne Gewähr­leis­tungs­rech­te durch­zu­set­zen. Die­se ange­mes­se­ne Frist hängt wie­der­um von dem Kauf­ge­gen­stand ab, soll­te aller­dings zur Vor­sicht zwei Mona­te nicht über­schrei­ten. Zu beach­ten ist auch, dass die Vor­schrift aus­drück­lich vor­sieht, dass Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che durch ein gericht­li­ches Ver­fah­ren durch­ge­setzt wer­den müs­sen, eine Anzei­ge des Man­gels an den Ver­käu­fer reicht also nicht aus.

Anders als bei der Ver­jäh­rung hem­men jedoch ernst­haf­te Ver­hand­lun­gen den Lauf der ange­mes­se­nen Frist.

 

2. Vor­rang der Nach­er­fül­lung

a) Deut­sches Recht

437 BGB zählt die Rech­te des Käu­fers auf, wenn die Vor­aus­set­zun­gen der Gewähr­lei­tungs­haf­tung vor­lie­gen. Der Käu­fer kann Nach­er­fül­lung ver­lan­gen, von dem Ver­trag zurück­tre­ten, den Kauf­preis min­dern und/oder Scha­dens­er­satz oder Ersatz ver­geb­li­cher Auf­wen­dun­gen ver­lan­gen. Von wesent­li­cher Bedeu­tung ist dabei die Nach­er­fül­lung.

439 Abs. 1 BGB defi­niert die Nach­er­fül­lung. Nach­er­fül­lung ist nach Wahl des Käu­fers die Besei­ti­gung des Man­gels oder die Lie­fe­rung einer man­gel­frei­en Sache. Die zum Zwe­cke der Nach­er­fül­lung erfor­der­li­chen Auf­wen­dun­gen, ins­be­son­de­re Transport‑, Wege‑, Arbeits- und Mate­ri­al­kos­ten, muss der Ver­käu­fer tra­gen.

Anders als der Wort­laut § 439 Abs. 2 BGB jedoch ver­mu­ten lässt, han­delt es sich bei der Nach­er­fül­lung nicht nur um ein Recht des Käu­fers, son­dern auch um ein Recht des Ver­käu­fers. Denn gemäß § 323 Abs. 1 BGB kann der Käu­fer von dem Ver­trag nur zurück­tre­ten, wenn er dem Ver­käu­fer erfolg­los eine ange­mes­se­ne Frist zur Leis­tung oder Nach­er­fül­lung bestimmt hat.

Dies gilt dann auch für nach­fol­gen­de Scha­dens­er­satz­an­sprü­che in Form der Kos­ten der Beschaf­fung von Ersatz­wa­re oder Dritt­vor­nah­me. § 323 BGB wird häu­fig über­se­hen. Oder der Käu­fer geht vor­ei­lig davon aus, dass die Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung ent­behr­lich ist. Dies ist näm­lich nur dann der Fall, so § 323 Abs. 2 BGB, wenn der Schuld­ner die Leis­tung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert, der Schuld­ner die Leis­tung bis zu einem im Ver­trag bestimm­ten Ter­min oder inner­halb einer im Ver­trag bestimm­ten Frist nicht bewirkt, obwohl die ter­min- oder frist­ge­rech­te Leis­tung nach einer Mit­tei­lung des Gläu­bi­gers an den Schuld­ner vor Ver­trags­schluss wesent­lich ist (soge­nann­tes Fix­ge­schäft) oder im Fal­le einer nicht ver­trags­ge­mäß erbrach­ten Leis­tung beson­de­re Umstän­de vor­lie­gen, die unter Abwä­gung der bei­der­sei­ti­gen Inter­es­sen den sofor­ti­gen Rück­tritt recht­fer­ti­gen.

Viel zu schnell wird in der Pra­xis auf die­se letzt­ge­nann­te Alter­na­ti­ve des § 323 Abs. 2 Zif­fer 3 BGB rekur­riert, der soge­nann­te Ver­trau­ens­ver­lust. Dabei muss man wis­sen, dass weder die Lie­fe­rung man­gel­haf­ter Ware noch das Fehl­schla­gen einer Män­gel­be­sei­ti­gung per se einen sol­chen Ver­trau­ens­ver­lust recht­fer­ti­gen. Dies ergibt sich ins­be­son­de­re aus der Vor­schrift des § 440 Satz 2 BGB, wonach eine Nach­bes­se­rung erst nach dem erfolg­lo­sen zwei­ten Ver­such als fehl­ge­schla­gen gilt, wenn sich nicht aus der Art der Sache oder des Man­gels oder den sons­ti­gen Umstän­den etwas ande­res ergibt.

Vor­sicht ist daher in die­sem Fall gebo­ten, weil eine feh­len­de, jedoch erfor­der­li­che Nach­frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung zum Ver­lust ganz wesent­li­cher Rechts­be­hel­fe, näm­lich des Rück­tritts und/oder des Scha­dens­er­sat­zes füh­ren kann.

b) UN-Kauf­recht

Im Fal­le einer Ver­trags­ver­let­zung wegen eines Sach­man­gels kann der Käu­fer gemäß Arti­kel 45 CISG die in Arti­kel 46 bis 52 und 74 bis 77 CISG auf­ge­führ­ten Rechts­be­hel­fe aus­üben.

Die Rechts­be­hel­fe sind, wie im deut­schen Recht, Auf­he­bung des Ver­tra­ges (im deut­schen Recht: Rück­tritt), Scha­dens­er­satz oder Min­de­rung.

Vor dem Scha­dens­er­satz steht, wie im deut­schen Recht, Arti­kel 48 CISG: Dem Ver­käu­fer ist die Mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung zu geben, es sei denn, dies ist im Ein­zel­fall ent­behr­lich.

Gemäß Arti­kel 48 Abs. 2 CISG hat der Ver­käu­fer das Recht, den Käu­fer auf­zu­for­dern, dass die­ser dem Ver­käu­fer mit­teilt, ob er die Lie­fe­rung als Erfül­lung anneh­men will. Hier muss der Ver­käu­fer inner­halb einer ange­mes­se­nen Frist reagie­ren, so dass der Ver­käu­fer inner­halb der in sei­ner Auf­for­de­rung ange­bo­te­nen Frist erfül­len kann. Der Käu­fer kann vor Ablauf die­ser Frist kei­nen Rechts­be­helf aus­üben, der mit der Erfül­lung durch den Ver­käu­fer unver­ein­bar ist, d.h. Auf­he­bung des Ver­tra­ges und Scha­dens­er­satz bzw. Ersatz­vor­nah­me.

Hier gilt es dann für den Käu­fer, in Kennt­nis die­ser Vor­schrift zu han­deln und sei­ner­seits eine ihm ange­mes­se­ne erschei­nen­de Frist zur Nach­er­fül­lung zu set­zen, bevor er ggf. durch eine von dem Ver­käu­fer gesetz­te Frist in sei­ner Hand­lungs­frei­heit ein­ge­schränkt wird.

 

3. Ver­fris­tung des Rück­tritts

Eine wei­te­re, dem deut­schen Recht unbe­kann­te Frist ent­hält der Arti­kel 49 CISG:

Arti­kel 49 CISG betrifft die Auf­he­bung des Ver­tra­ges. Dies befreit den Käu­fer von sei­ner Gegen­leis­tungs­pflicht, der Kauf­preis­zah­lung. Er wird dadurch in sei­ner Dis­po­si­ti­on frei, weil er von dem Geschäft Abstand neh­men bzw. ein Ersatz­ge­schäft vor­neh­men kann. Hin­sicht­lich die­ses Ersatz­ge­schäfts kann er für die ihm dadurch ent­ste­hen­den Mehr­kos­ten, z.B. höhe­rer Ein­kaufs­preis für die Ersatz­be­schaf­fung, Scha­dens­er­satz ver­lan­gen.

Der Ver­käu­fer ver­liert jedoch die­ses Recht, wenn er die Auf­he­bung nicht inner­halb einer ange­mes­se­nen Frist erklärt, nach­dem er die Ver­trags­ver­let­zung kann­te oder ken­nen muss­te bzw. nach­dem eine von ihm gesetz­te Nach­frist abge­lau­fen ist.

Die­se ange­mes­se­ne Frist liegt weit vor der Ver­jäh­rungs­frist. Erklärt der Ver­käu­fer daher nicht inner­halb die­ser ange­mes­se­nen Frist die Auf­he­bung des Ver­tra­ges, muss der die Ware behal­ten und kann ledig­lich die Min­de­rung des Kauf­prei­ses bean­spru­chen, ggf., sofern er den Rechts­be­helf ord­nungs­ge­mäß aus­ge­übt hat, den Ver­zö­ge­rungs­scha­den regu­lie­ren. Die­se Vor­schrift wird sehr häu­fig in der Pra­xis über­se­hen, da dem deut­schen Recht fremd.

 

4. Ver­lust des Rechts zur Spe­zi­fi­ka­ti­on der Kauf­sa­che

Eine wei­te­re Frist sei der Voll­stän­dig­keit hal­ber genannt: Arti­kel 65 CISG betrifft den Fall, dass dem Käu­fer nach dem Ver­trag obliegt, die Form, die Maße oder ande­re Merk­ma­le der Ware näher zu bestim­men.

Nimmt der Käu­fer die Spe­zi­fi­zie­rung nicht zu dem ver­ein­bar­ten Zeit­punkt oder inner­halb einer ange­mes­se­nen Frist nach Ein­gang einer Auf­for­de­rung durch den Ver­käu­fer vor, so hat der Ver­käu­fer nach dem CISG unbe­scha­det aller ihm zuste­hen­den sons­ti­gen Rech­te die Spe­zi­fi­zie­run­gen nach den Bedürf­nis­sen des Käu­fers, soweit ihm die­ses bekannt sind, selbst vor­zu­neh­men.

Der Ver­käu­fer muss dies dem Käu­fer mit­tei­len und ihm eine ange­mes­se­ne Frist set­zen, inner­halb derer der Käu­fer eine abwei­chen­de Spe­zi­fi­zie­rung vor­neh­men kann. Macht der Käu­fer nach Ein­gang einer sol­chen Mit­tei­lung von die­ser Mög­lich­keit inner­halb der so gesetz­ten Frist kei­nen Gebrauch, so ist die vom Ver­käu­fer vor­ge­nom­me­ne Spe­zi­fi­zie­rung ver­bind­lich.

 

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