1. Der Abschluss des Kauf­ver­tra­ges

Das bel­gi­sche Kauf­recht wird durch das Kon­sen­sual­prin­zip und weit­ge­hen­de Ver­trags­frei­heit geprägt. Die gesetz­li­chen Rege­lun­gen zum Kauf­ver­trag fin­den sich in den Arti­keln 1582 ff. des bel­gi­schen Zivil­ge­setz­buchs (Code Civil/Burgerlijk Wet­boek).

Der Kauf­ver­trag ist geschlos­sen, wenn die Par­tei­en sich über den Gegen­stand des Kauf­ver­tra­ges und den Preis einig sind (Arti­kel 1583). Anders als im deut­schen Recht geht das Eigen­tum mit Abschluss des Kauf­ver­tra­ges unmit­tel­bar auf den Käu­fer über. Das bel­gi­sche Recht kennt das deut­sche Abs­trak­ti­ons­prin­zip nicht. Eine Ver­ein­ba­rung, wonach das Eigen­tum erst bei Zah­lung des Kauf­prei­ses über­geht, ist jedoch zuläs­sig.

Üblich ist der Abschluss eines Kauf­vor­ver­tra­ges (pro­mes­se de ven­te oder com­pro­mis de vente/verkoopbelofte) mit anschlie­ßen­der nota­ri­el­ler Beur­kun­dung. Der auf den Abschluss eines Kauf­ver­tra­ges gerich­te­te Vor­ver­trag steht gemäß Arti­kel 1589 Abs. 1 dem Kauf­ver­trag in der Wirk­sam­keit gleich (La pro­mes­se de ven­te vaut vente./Verkoopbelofte geldt als koop.). Der Kauf­vor­ver­trag bin­det die Par­tei­en daher bereits abschlie­ßend. Arti­kel 1584 erlaubt jedoch, den Ver­trag auf­lö­send oder auf­schie­bend bedingt zu schlie­ßen. Häu­fig wird z.B. der Erhalt einer Finan­zie­rungs­zu­sa­ge oder die nota­ri­el­le Beur­kun­dung inner­halb eines bestimm­ten Zeit­raums als Bedin­gung ver­ein­bart.

Anders als im deut­schen Recht unter­liegt der Kauf­ver­trag kei­nen Form­vor­schrif­ten. Auch wenn Arti­kel 1582 von sei­nem Wort­laut her bestimmt, dass die­ser nota­ri­ell oder pri­vat­schrift­lich geschlos­sen wer­den kann, ist auch ein münd­lich geschlos­se­ner Ver­trag zwi­schen den Par­tei­en wirk­sam. Das bel­gi­sche Zivil­ge­setz­buch ent­hält jedoch in Arti­keln 1341 ff. Beweis­re­geln. Arti­kel 1341 schreibt bei einem Ver­trag, des­sen Gegen­stands­wert einen Betrag von 375,00 Euro über­schrei­tet, vor, dass der Beweis über sein Zustan­de­kom­men grund­sätz­lich nur mit einer zumin­dest pri­vat­schrift­li­chen Urkun­de geführt wer­den kann. Der Zeu­gen­be­weis wird durch die Vor­schrift aus­ge­schlos­sen. In der Pra­xis bedeu­tet dies, dass die Ver­ein­ba­rung schrift­lich zu doku­men­tie­ren ist, es sei denn, die Ver­trags­par­tei­en sind Kauf­leu­te. Arti­kel 1347 erlaubt aber, den Beweis für das Zustan­de­kom­men eines Ver­tra­ges zu füh­ren, wenn aus einem ander­wei­ti­gen Schrift­stück auf die Exis­tenz eines Kauf­ver­tra­ges geschlos­sen wer­den kann (com­mence­ment de preuve par écrit/begin van bew­ijs door geschrift), z.B. Schrei­ben des Käu­fers, in dem die­ser mit­teilt, von dem Ver­trag Abstand neh­men zu wol­len oder Quit­tung über eine Anzah­lung. Der deut­sche Käu­fer kann sich nicht auf eine Form- und Schutz­vor­schrift wie § 311b BGB beru­fen.

Inner­halb von vier Mona­ten nach Abschluss eines pri­vat­schrift­li­chen Kauf­ver­tra­ges oder Vor­ver­tra­ges muss von Geset­zes wegen des­sen nota­ri­el­le Beur­kun­dung erfol­gen. Die nota­ri­el­le Beur­kun­dung und die Ein­tra­gung des Eigen­tums­über­gangs in das Katas­ter gewähr­leis­ten, dass der Eigen­tums­über­gang im Ver­hält­nis zu Drit­ten wirk­sam ist (Arti­kel 1328). Inso­fern ist schluss­end­lich auch in Bel­gi­en der Abschluss eines nota­ri­el­len Kauf­ver­tra­ges not­wen­dig, er ist nur nicht Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung inter par­tes wie im deut­schen Recht.

Der Käu­fer hat das Recht, den Notar zu bestim­men. Er trägt gewöhn­lich die Kos­ten der Beur­kun­dung. Der bel­gi­sche Notar ist befugt, in sei­nem Amts­be­zirk Beur­kun­dun­gen für Lie­gen­schaf­ten im gesam­ten Land vor­zu­neh­men, so dass ein deutsch­spra­chi­ger Notar in der Deutsch­spra­chi­gen Gemein­schaft (Ost­bel­gi­en) einen Kauf­ver­trag auch über eine in der nie­der­län­disch- oder fran­zö­sisch­spra­chi­gen Regi­on bele­ge­ne Immo­bi­lie beur­kun­den kann.

Der Notar über­nimmt dabei die umfas­sen­de Bera­tung der Ver­trags­par­tei­en. Er nimmt Ein­sicht in das Grund­buch­re­gis­ter, die Katas­ter­un­ter­la­gen und Plä­ne. Er prüft, ob even­tu­ell Grund­dienst­bar­kei­ten oder ver­trag­li­che bzw. gesetz­li­che Vor­kaufs­rech­te bestehen oder sons­ti­ge Hin­der­nis­se der Eigen­tums­über­tra­gung ent­ge­gen­ste­hen. Nach Abschluss des Kauf­ver­tra­ges lässt der Notar den Kauf­ver­trag über das Ein­re­gis­trie­rungs­bü­ro im Grund­stücks­re­gis­ter regis­trie­ren. Die­se Ein­re­gis­trie­rung führt zur Erhe­bung der Ein­re­gis­trie­rungs­steu­er, die der Käu­fer zu tra­gen hat. Der Notar ver­an­lasst die Til­gung von Hypo­the­ken und Steu­er­schul­den, die auf der ver­kauf­ten Immo­bi­lie noch las­ten, sowie die Umschrei­bung der Kauf­ur­kun­de inner­halb von zwei Mona­ten beim zustän­di­gen Hypo­the­ken­amt. Der Ein­tra­gung in das Grund­stücks­re­gis­ter beim Ein­re­gis­trie­rungs­bü­ro folgt dann auto­ma­tisch die Ein­tra­gung beim Hypo­the­ken­be­wah­rer (con­ser­va­teur des hypothèques/hypotheekbewaarder) im Hypo­the­ken­amt. Der Hypo­the­ken­be­wah­rer ist auch für die Ein­tra­gung von im Zuge des Erwer­bes gewähr­ten Hypo­the­ken zustän­dig.

2. Ver­trag­li­che Pflich­ten der Par­tei­en

2.1. Pflich­ten des Käu­fers

Der Käu­fer hat die Pflicht, den Kauf­preis zu zah­len. Der Kauf­preis wird auf Ander­kon­to des Notars ent­rich­tet und die­sem wird die Wei­sung erteilt, auf dem Grund­stück ruhen­de Hypo­the­ken löschen zu las­sen und erst danach dem Ver­käu­fer den Rest­be­trag aus­zu­zah­len.

2.2. Pflich­ten und Haf­tung des Ver­käu­fers

Vor Abschluss des Kauf­ver­tra­ges ist der Ver­käu­fer ver­pflich­tet, dem Käu­fer den Kon­troll­be­richt über den Zustand der Elek­tro­in­stal­la­tio­nen, eine Ener­gie­ex­per­ti­se sowie einen Bericht bezüg­lich des Boden­zu­stan­des und zum Zustand des Heiz­öl­tanks, soweit vor­han­den, zu über­ge­ben.

Der Ver­käu­fer schul­det die Über­tra­gung des Eigen­tums und die Gewäh­rung stö­rungs­frei­en Besit­zes. Wid­ri­gen­falls haf­tet er gemäß Arti­kel 1625 ff. für Rechts­män­gel. Der Käu­fer kann gemäß Arti­kel 1630 Besei­ti­gung der Rechts­män­gel ver­lan­gen, die den Käu­fer ent­ge­gen den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen in sei­ner Rechts­po­si­ti­on ein­schrän­ken, oder vom Ver­trag zurück­tre­ten. Der Ver­käu­fer haf­tet dane­ben auf Scha­dens­er­satz.

Der Ver­käu­fer haf­tet nicht für offen­sicht­li­che Sach­män­gel der Immo­bi­lie, von denen der Käu­fer bei Anwen­dung gehö­ri­ger Auf­merk­sam­keit Kennt­nis hät­te haben kön­nen (Arti­kel 1642). Der Aus­schluss der Haf­tung für offen­sicht­li­che Män­gel geht wei­ter als im deut­schen Recht. Der Käu­fer muss die Kauf­sa­che daher unter­su­chen. Lie­gen Män­gel vor, kann er die Kauf­sa­che als nicht ver­trags­ge­mäß zurück­wei­sen. Dies hat zur Fol­ge, dass der Ver­käu­fer den Kauf­ver­trag nicht erfüllt hat und die Regeln über die Nicht­er­fül­lung anstel­le der Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che grei­fen.

Aus Arti­kel 1643 haf­tet der Ver­käu­fer für ver­steck­te Män­gel (vices cachés/verborgen gebre­ken), wobei es auch in Bel­gi­en üblich ist, bei gebrauch­ten Immo­bi­li­en die Haf­tung für ver­steck­te Män­gel aus­zu­schlie­ßen. Ein Gewähr­leis­tungs­aus­schluss für ver­steck­te Män­gel ist aller­dings nicht wirk­sam, wenn dem Ver­käu­fer nach­ge­wie­sen wer­den kann, dass er bei Abga­be der Erklä­rung arg­lis­tig gehan­delt hat. Übli­cher­wei­se ent­hält der Ver­trag eine Klau­sel, wonach der Ver­käu­fer zusi­chert, zum Zeit­punkt des Abschlus­ses des Kauf­ver­tra­ges kei­ne Kennt­nis von ver­steck­ten Män­geln zu haben.

Die Haf­tung für ver­steck­te Män­gel ist auf die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges und damit Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses, alter­na­tiv und nach Wahl des Käu­fers auf Min­de­rung des Kauf­prei­ses beschränkt. Wei­ter haf­tet der Ver­käu­fer dem Käu­fer auf Ersatz der zum Erwerb auf­ge­wen­de­ten Kos­ten (z.B. Notar­kos­ten). Die­se Ansprü­che müs­sen gericht­lich gel­tend gemacht wer­den. Arti­kel 1645 ver­pflich­tet den Ver­käu­fer dar­über hin­aus zum Scha­dens­er­satz, wenn der Käu­fer nach­wei­sen kann, dass der Ver­käu­fer einen ver­steck­ten, ihm bekann­ten Man­gel ver­schwie­gen hat.

Die Gewähr­leis­tungs­frist für die Män­gel­haf­tung beträgt im bel­gi­schen Recht gemäß Arti­kel 2262bis zehn Jah­re. Die­se lan­ge Gewähr­leis­tungs­frist wird tem­pe­riert durch Arti­kel 1648, wonach Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che für ver­steck­te Män­gel inner­halb der soge­nann­ten kur­zen Frist (bref délai/korte tijd) gericht­lich gel­tend gemacht wer­den müs­sen. Erfolgt dies nicht inner­halb eines ange­mes­se­nen Zeit­raums, der tat­rich­ter­li­cher Über­prü­fung unter­liegt und aus Grün­den der Vor­sicht zwei bis drei Mona­te nicht über­schrei­ten soll­te, kann der Käu­fer sei­ne Män­gel­ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che nicht mehr durch­set­zen.

Dane­ben gibt es die beson­de­re zehn­jäh­ri­ge Haf­tung der Arti­kel 1792, 1799 und 2270 (garan­tie décennale/tienjarige aans­pra­ke­li­jk­heid). Danach haf­ten Archi­tek­ten und (Bau-) Unter­neh­mer zehn Jah­re lang für wesent­li­che Män­gel, die die Sta­bi­li­tät und Soli­di­tät des Bau­wer­kes beein­träch­ti­gen. In der Recht­spre­chung ist eine Ten­denz fest­zu­stel­len, den Begriff der wesent­li­chen Män­gel aus­zu­wei­ten (z.B. durch feh­ler­haf­te Abdich­tung her­vor­ge­ru­fe­ne Feuch­tig­keits­schä­den im Kel­ler, die die Sta­bi­li­tät und Soli­di­tät des Mau­er­wer­kes beein­träch­ti­gen kön­nen). Da die Haf­tung auch dritt­schüt­zend ist, kann sie weder ein­ge­schränkt noch aus­ge­schlos­sen wer­den. Die­se Haf­tung gibt dem Gläu­bi­ger das Recht, Besei­ti­gung der Män­gel zu for­dern, was im Rah­men der all­ge­mei­nen Gewähr­leis­tung wegen ver­steck­ter Män­gel nicht der Fall ist. Auf­grund des dritt­schüt­zen­den Cha­rak­ters besteht auch eine Haf­tung wegen offen­sicht­li­cher Män­gel, wenn die­se wesent­lich sind und der Bau­herr nicht grob fahr­läs­sig war. Anders als im fran­zö­si­schen Recht kennt das bel­gi­sche Recht jedoch kei­ne zehn­jäh­ri­ge Haf­tung des Bau­herrn, falls der Bau­herr inner­halb der zehn­jäh­ri­gen Garan­tie ein neu errich­te­tes, mit einem sol­chen, dem Ver­käu­fer nicht bekann­ten Man­gel behaf­te­tes Bau­werk ver­äu­ßert (vgl. Arti­kel 1792 – I Code Civil fran­çais). Der Kauf­ver­trag beinhal­tet aber von Rechts wegen die Abtre­tung von Gewähr­leis­tungs­an­sprü­chen des Ver­käu­fers gegen­über den an der Errich­tung der Immo­bi­lie betei­lig­ten Unter­neh­mern und Archi­tek­ten an den Käu­fer.

Bei Feh­len zuge­si­cher­ter Eigen­schaf­ten greift nicht die all­ge­mei­ne Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung. Der­ar­ti­ge Zusi­che­run­gen wer­den als beson­de­rer, selb­stän­di­ger Garan­tie­ver­trag auf­ge­fasst. Es han­delt sich um eine rechts­ge­schäft­li­che Ver­schär­fung der gesetz­li­chen Haf­tung. Die Wer­tung von Zusi­che­run­gen als selb­stän­di­ges Garan­tie­ver­spre­chen hat zur Fol­ge, dass die Frist gemäß Arti­kel 1648 sowie die ande­ren Beschrän­kun­gen der Sach­män­gel­an­sprü­che – Aus­schluss von Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen bei Abwe­sen­heit posi­ti­ver Kennt­nis von ver­steck­ten Män­geln – nicht ein­grei­fen.

3. Beson­der­hei­ten beim Kauf einer zu errich­ten­den Immo­bi­lie

Der Ver­kauf eines Grund­stü­ckes mit Bau­ver­pflich­tung oder einer schlüs­sel­fer­ti­gen Immo­bi­lie sowie der Umbau einer Immo­bi­lie ab einem bestimm­ten Auf­trags­wert sind in Bel­gi­en durch ein Woh­nungs­bau­ge­setz vom 09.06.1971 gere­gelt (Loi Breyne/Breyne wet). Die­ses Gesetz hat zwin­gen­den Cha­rak­ter und kann zum Nach­teil des Käu­fers nicht abbe­dun­gen wer­den. Es betrifft die Errich­tung von Gebäu­den, die dem Auf­trag­ge­ber zu min­des­tens 50% zu pri­va­ten Wohn­zwe­cken die­nen.

Das Gesetz ver­langt Schrift­form für das wirk­sa­me Zustan­de­kom­men des Ver­tra­ges. Neben der Ver­pflich­tung, den Käu­fer umfäng­lich über den Kauf­ge­gen­stand zu infor­mie­ren, ver­bie­tet das Gesetz, vom Käu­fer bei Ver­trags­schluss eine Anzah­lung zu ver­lan­gen, die einen Betrag von 5 % des Gesamt­kauf­prei­ses über­steigt. Der Ver­käu­fer kann aller­dings vor­ab Zah­lung des Kauf­prei­ses, der auf das Grund­stück ent­fällt, ver­lan­gen. Das Eigen­tum an die­sem geht unmit­tel­bar auf den Käu­fer über. Das Gesetz ver­bie­tet, unab­hän­gig vom Bau­fort­schritt Akon­to­zah­lun­gen zu ver­lan­gen. Die Zah­lun­gen müs­sen zwin­gend mit dem Bau­fort­schritt kor­re­spon­die­ren. Der Ver­käu­fer muss eine Erfül­lungs­ga­ran­tie hin­ter­le­gen.

Das Gesetz sieht, wie in Bel­gi­en üblich, eine zwei­pha­si­ge Abnah­me vor, die soge­nann­te vor­läu­fi­ge Abnah­me (récep­ti­on provisoire/voorlopige ople­ve­ring), die die Gewähr­leis­tungs­fris­ten in Gang setzt und die Sach­ge­fahr auf den Käu­fer über­lei­tet, und sodann die defi­ni­ti­ve Abnah­me (récep­ti­on définitive/eindoplevering) frü­hes­tens ein Jahr nach der vor­läu­fi­gen Abnah­me. Die­se hat zur Funk­ti­on, die Geneh­mi­gung des Kauf­ge­gen­stan­des als ver­trags­ge­mäß zu erklä­ren und schließt den Ver­käu­fer von Män­gel­an­sprü­chen aus, die bei defi­ni­ti­ver Abnah­me vor­han­den waren und die sich der Käu­fer in Kennt­nis der­sel­ben nicht vor­be­hal­ten hat.

Der Ver­käu­fer kann sei­ne Haf­tung für ver­steck­te Män­gel nicht aus­schlie­ßen. Für schwer­wie­gen­de Män­gel haf­tet er, selbst wenn die­se zum Zeit­punkt der defi­ni­ti­ven Abnah­me erkenn­bar waren.

Das Gesetz ist aller­dings nicht anwend­bar, wenn die Immo­bi­lie von ver­schie­de­nen Auf­trag­neh­mern errich­tet wird und hier­zu geson­der­te Ver­trä­ge geschlos­sen wer­den.

4. Real­las­ten

Grund­stü­cke kön­nen im bel­gi­schen Recht mit Grund­pfand­rech­ten belas­tet wer­den. Dies ist bei finan­zier­tem Erwerb regel­mä­ßig der Fall in Form von Hypo­the­ken. Das bel­gi­sche Recht kennt hin­ge­gen kei­ne Grund­schul­den.

Die Hypo­thek ist streng akzes­so­risch. Sie muss durch einen bel­gi­schen Notar bestellt wer­den, wobei der nota­ri­el­le Akt kon­sti­tu­ti­ve Wir­kung hat. Die Ein­tra­gung ist nur von Bedeu­tung hin­sicht­lich der Dritt­wirk­sam­keit. Die Rang­fol­ge meh­re­rer Hypo­the­ken und ding­li­cher Rech­te bestimmt sich nach der zeit­li­chen Fol­ge der Ein­tra­gun­gen. Die Hypo­the­ken­lauf­zeit beträgt 30 Jah­re. Nach Ablauf von 30 Jah­ren erlöscht die Hypo­thek, es sei denn, sie wird vor Zeit­ab­lauf recht­zei­tig erneu­ert.

Eine zwei­te Form der ding­li­chen Siche­rung an unbe­weg­li­chen Sachen ist das soge­nann­te Pri­vi­leg. Hier­bei han­delt es sich um ein bevor­rech­tig­tes Befrie­di­gungs­recht, das kraft Gesetz ent­steht. Ein sol­ches Pri­vi­leg betrifft z.B. die Ver­pflich­tung des Käu­fers, den Kauf­preis zu zah­len. Die­ses Pri­vi­leg wird gleich­zei­tig mit der Ein­tra­gung des Kauf­ver­tra­ges in das Hypo­the­ken­re­gis­ter ein­ge­tra­gen.

Das Eigen­tum kann des wei­te­ren mit ding­li­chen Nut­zungs­rech­ten (droits d’usage et d’habitation/gebruik en bewo­ning), Erb­bau­rech­ten (droit de superficie/erfbouwrecht) oder Dienst­bar­kei­ten (ser­vi­tu­des, ser­vices fonciers/erfdienstbarkeiten, grond­las­ten) belas­tet wer­den.

5. Kos­ten und Steu­ern

Die mit einem Immo­bi­li­en­er­werb ver­bun­de­nen Kos­ten machen in Bel­gi­en ca. 15 % des Kauf­prei­ses inklu­si­ve der nota­ri­el­len Beur­kun­dung aus.

Die Ein­re­gis­trie­rungs­steu­er, die der Grund­er­werb­steu­er ent­spricht, beträgt 12,5 % in Wal­lo­ni­en und der Regi­on Brüs­sel und 10 % in Flan­dern. Die­se Steu­er kann auf 6 bzw. 5 % redu­ziert wer­den, wenn und soweit ein bestimm­ter Katas­ter­wert nicht über­schrit­ten wird. Die Redu­zie­rung greift aller­dings nur bei Nut­zung der Immo­bi­lie als pri­va­tem Erst­wohn­sitz.

Beim Kauf einer neu erbau­ten Immo­bi­lie fal­len vor­ste­hen­de Ein­re­gis­trie­rungs­kos­ten auf das Grund­stück an. Die hier­auf errich­te­ten Gebäu­de wer­den mit der Mehr­wert­steu­er von 21 % belegt, wobei unter bestimm­ten Umstän­den eine Redu­zie­rung auf 6 % für die ers­ten 50.000,00 Euro mög­lich ist.

Dane­ben fal­len bei Immo­bi­li­en jähr­li­che Steu­ern gemäß dem Katas­ter­ein­kom­men an. Die­se sind struk­tu­rell der deut­schen Grund­steu­er ver­wandt, gel­ten jedoch als Ein­kom­men (revenu cadastral/kadastraal inko­men). Es han­delt sich um ein Pau­schal­ein­kom­men, wobei dies nicht unmit­tel­bar im Ver­hält­nis zum tat­säch­li­chen (Nut­zungs-) Wert der Immo­bi­lie steht, ähn­lich wie bei dem deut­schen Ein­heits­wert.

Bei Erwerb einer Immo­bi­lie in Bel­gi­en zum Zwe­cke der Wei­ter­ver­mie­tung in nicht gewerb­li­chem Umfang, dient ledig­lich das Katas­ter­ein­kom­men als Besteue­rungs­grund­la­ge. Dies ist von Vor­teil z.B. bei dem Erwerb von Immo­bi­li­en ohne Finan­zie­rung, da die zu ver­steu­ern­den Ein­künf­te aus Katas­ter­ein­kom­men im Regel­fall nied­ri­ger sind als die Erträ­ge aus Miet­ein­nah­men. Sind hin­ge­gen erheb­li­che Auf­wen­dun­gen bei Erwerb der Immo­bi­lie im Wege der Finan­zie­rung (Zin­sen) und Sanie­rung zu leis­ten, ist das Prin­zip des Katas­ter­ein­kom­mens grund­sätz­lich nach­tei­li­ger. Bei gewerb­lich ver­mie­te­ten Immo­bi­li­en ist hin­ge­gen das tat­säch­li­che Miet­ein­kom­men maß­geb­lich.

Die Ein­künf­te aus Ver­mie­tung und Ver­pach­tung bel­gi­scher Immo­bi­li­en sind gemäß Arti­kel 23 Abs. 1 Nr. 1 Dop­pel­be­steue­rungs­ab­kom­men Bel­gi­en-Deutsch­land in Bel­gi­en steu­er­pflich­tig und wer­den in Deutsch­land unter Pro­gres­si­ons­vor­be­halt frei­ge­stellt. Die Wei­ter­ver­äu­ße­rung von unbe­bau­ten Grund­stü­cken inner­halb von 8 Jah­ren und von bebau­ten Grund­stü­cken inner­halb von 5 Jah­ren nach Erwerb führt zu einer Besteue­rung des Mehr­wer­tes, es sei denn, es han­delt sich um die vom Eigen­tü­mer pri­vat genutz­te Wohn­im­mo­bi­lie. Unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen (Par­zel­lie­rung von hier­zu erwor­be­nen Grund­stü­cken; zeit­lich unmit­tel­ba­re Wei­ter­ver­äu­ße­rung einer Immo­bi­lie) wird Spe­ku­la­ti­ons­steu­er erho­ben.

6. Mak­ler

Über­wie­gend wer­den Immo­bi­li­en in Bel­gi­en über Mak­ler ange­bo­ten. Die Mak­ler­tä­tig­keit ist gemäß den König­li­chen Erläs­sen vom 03.08.2007 und 06.09.1993 ein zulas­sungs­pflich­ti­ger Beruf und setzt die Ein­tra­gung bei dem IPI/BIV (Berufs­in­sti­tut für Immobilienmakler/Institut pro­fes­si­on­nel des agents immobiliers/Beroepsinstituut van vast­goed­ma­kel­a­ars) vor­aus. Mitt­ler­wei­le kön­nen auch im Aus­land ansäs­si­ge Mak­ler ohne fes­ten Betriebs­sitz in Bel­gi­en im Wege der gele­gent­li­chen Berufs­aus­übung Immo­bi­li­en in Bel­gi­en anbie­ten. Auch die­se gele­gent­li­che Tätig­keit setzt eine Ein­tra­gung bei dem IPI/BIV vor­aus.

Gewohn­heits­recht­lich trägt in Bel­gi­en der Ver­käu­fer die Kos­ten des Mak­lers. Ander­wei­ti­ge Ver­ein­ba­run­gen sind zuläs­sig, aber sel­ten.

Die Mak­ler unter­lie­gen einem stren­gen Stan­des­recht (Code de déontologie/Reglement van plich­ten­leer), das über ein König­li­ches Dekret vom 27.09.2006 Geset­zes­kraft erlangt hat.

Der Mak­ler hat mit sei­nem Kun­den zwin­gend einen schrift­li­chen Ver­trag abzu­schlie­ßen und ihn vor­ab über den Umfang der Ver­gü­tungs­pflicht zu infor­mie­ren. Geschieht dies nicht in ord­nungs­ge­mä­ßer Wei­se, ist der Mak­ler­ver­trag nich­tig und der Ver­trags­part­ner schul­det kei­ne Ver­gü­tung. Glei­ches gilt, wenn ein Mak­ler tätig wird, der nicht die Geneh­mi­gung zur Berufs­aus­übung in Bel­gi­en hat.

Der Mak­ler wird übli­cher­wei­se auf Erfolgs­ba­sis in Höhe eines pro­zen­tua­len Anteils vom Kauf­preis zzgl. Mehr­wert­steu­er ver­gü­tet. Die Ver­gü­tung beträgt regel­mä­ßig zwi­schen 3 % und 5 % des Kauf­prei­ses zzgl. 21 % Mehr­wert­steu­er. Nach­dem die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on am 24.06.2004 dem IPI/BIV ein Buß­geld wegen der vom IPI/BIV ver­öf­fent­lich­ten Regel­sät­ze zur Ver­gü­tung der Mak­ler auf­er­legt hat, gibt es kei­ne offi­zi­el­len Emp­feh­lun­gen hin­sicht­lich der Ver­gü­tung des Mak­lers mehr.

7. Erb­recht­li­che Aspek­te

Im Inter­na­tio­na­len Pri­vat­recht des Erb­rechts gibt es in Bel­gi­en die soge­nann­te Nach­lass­spal­tung. Arti­kel 79 des Code de Droit inter­na­tio­nal privé/Wetboek van inter­na­tio­naal pri­vat­recht bestimmt, dass sich das auf beweg­li­che Gegen­stän­de anzu­wen­den­de Recht nach dem Wohn­sitz des Erb­las­sers bestimmt, wäh­rend eine Immo­bi­lie nach dem Recht der Bele­gen­heit ver­erbt wird. Das deut­sche Inter­na­tio­na­le Pri­vat­recht knüpft hin­ge­gen ein­heit­lich an die Staats­an­ge­hö­rig­keit des Erb­las­sers an.

Bei Erwerb von Immo­bi­li­en in Bel­gi­en durch in Deutsch­land ansäs­si­ge Per­so­nen mit deut­scher Staats­an­ge­hö­rig­keit kann es daher im Erb­fall zu einer Nach­lass­spal­tung kom­men. Zwar könn­te Arti­kel 25 EGBGB die Ver­mu­tung nahe legen, dass eine Ver­wei­sung in das bel­gi­sche Recht bei einem in Deutsch­land domi­zi­lier­ten Erb­las­ser nicht erfolgt. Aller­dings ist hier­bei Arti­kel 3 a Abs. 2 EGBGB zu berück­sich­ti­gen. Die bel­gi­schen Nota­re, die von Amts wegen die Nach­läs­se abwi­ckeln und für die Fest­set­zung der Erb­schaft­steu­er ver­ant­wort­lich sind, neh­men den Vor­rang des Ein­zel­sta­tuts gemäß die­ser Vor­schrift auf­grund des in Bel­gi­en herr­schen­den Prin­zips der lex rei sitae in Anspruch.

Infol­ge des­sen ist dem bel­gi­schen Erbrecht in sol­chen Fall­ge­stal­tun­gen mög­lichst im Vor­hin­ein Rech­nung zu tra­gen, z.B. durch tes­ta­men­ta­ri­sche Ver­fü­gun­gen oder die Opti­on, den Nach­lass zur Ver­mei­dung der Nach­lass­spal­tung ein­heit­lich einer Rechts­ord­nung, näm­lich dem Recht der Staats­an­ge­hö­rig­keit oder des Wohn­sit­zes des Erb­las­sers zu unter­stel­len (Arti­kel 78), zumin­dest bis ab 2015 die Ver­ord­nung (EU) Nr. 650/2012 vom 04.07.2012 über grenz­über­schrei­ten­de Erb­fäl­le zu einer Regel­an­knüp­fung an den Wohn­ort des Erb­las­sers führt.

Die Erb­schaft- und Schen­kung­steu­er wird in Bel­gi­en von den Regio­nen (Wal­lo­ni­en und Flan­dern) in jeweils unter­schied­li­cher Höhe erho­ben. Eine Ver­mö­gen­steu­er gibt es hin­ge­gen nicht.


Gui­do Imfeld
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