Durch­griffs­an­sprü­che gegen den Her­stel­ler

 

Anders als das deut­sche Recht kennt das bel­gi­sche Recht Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che des Käu­fers einer Sache nicht nur gegen den Ver­käu­fer, son­dern auch gegen­über dem Her­stel­ler der Sache und even­tu­el­len Vor­lie­fe­ran­ten. Im deut­schen Recht ist der Käu­fer auf Ansprü­che gegen­über sei­nem direk­ten Ver­trags­part­ner beschränkt. Ein Durch­griff gegen den Her­stel­ler oder einen Vor­lie­fe­ran­ten schei­det außer in Pro­dukt­haf­tungs­fäl­len aus.

Im Ein­zel­fall, ins­be­son­de­re im Insol­venz­fall, führt dies zu einer Beschrän­kung der Rech­te des End­ab­neh­mers, ins­be­son­de­re, wenn die Durch­set­zung der Ansprü­che gegen­über dem Ver­käu­fer aus­schei­det oder wirt­schaft­lich sinn­los wäre.

Anders das bel­gi­sche Recht: Arti­kel 1615 Code Civil erlaubt, Gewähr­leis­tungs­an­sprü­che aus Ver­trag direkt gegen­über dem Vor­lie­fe­ran­ten bzw. Her­stel­ler gel­tend zu machen. Dog­ma­tisch wird dies dadurch begrün­det, dass Ansprü­che auf und aus Gewähr­leis­tung der Sache qua­si inne­woh­nen und damit die­se Ansprü­che jeweils mit­tels Kauf­ver­trag auf den jewei­li­gen Käu­fer über­tra­gen wer­den. Der Anspruch des Ver­trags­händ­lers auf Gewähr­leis­tung gegen­über dem Lie­fe­ran­ten wird damit im Wege des Kau­fes auf den End­ab­neh­mer über­tra­gen, der infol­ge die­ser Über­tra­gung (Abtre­tung) nicht mehr nur sei­nen direk­ten Ver­trags­part­ner, son­dern auch den Her­stel­ler und Vor­lie­fe­ran­ten in Anspruch neh­men kann.

Arti­kel 1615 Code Civil ist eine Regel aus dem Kauf­recht. Lan­ge Zeit umstrit­ten war, ob sich die­ser Rechts­ge­dan­ke auch im Werk­ver­trags­recht anwen­den lässt. Hat z.B. der Bestel­ler eines Win­ter­gar­tens direk­te Ansprü­che gegen den Her­stel­ler der Alu­mi­ni­um­pro­fi­le und Schei­ben, wenn z.B. infol­ge der Insol­venz des Unter­neh­mers, der den Win­ter­gar­ten instal­liert hat, die Gel­tend­ma­chung von Gewähr­leis­tungs­an­sprü­chen gegen die­sen aus­schei­det?

In Bestä­ti­gung eines Urteils des Beru­fungs­ge­richts­ho­fes Ant­wer­pen hat der bel­gi­sche Kas­sa­ti­ons­hof (Cour de Cas­sa­ti­on) mit Ent­schei­dung vom 18.05.2006 geur­teilt, dass der aus dem Kauf­ver­trag bekann­te Durch­griffs­an­spruch auch im Werk­ver­trags­recht gilt, soweit eine im Rah­men des Werk­ver­trags gelie­fer­te bzw. mon­tier­te Sache man­gel­haft ist. Der Käu­fer kann in die­sem Fall gegen den Vor­lie­fe­ran­ten sei­nes Ver­trags­part­ners aus Gewähr­leis­tungs­an­sprü­chen vor­ge­hen, weil die­se eben, wie bereits in der kauf­recht­li­chen Fall­ge­stal­tung ange­nom­men, der gelie­fer­ten Sache gleich­sam anhaf­ten.

Im Abstand von exakt 20 Jah­ren hat damit der bel­gi­sche Kas­sa­ti­ons­ge­richts­hof an die ent­spre­chen­de Recht­spre­chung des fran­zö­si­schen Kas­sa­ti­ons­ge­richts­hofs aus 1986 (Cass. fr. Assem­blée plé­nièrs, 2. arrêts, 07.02.1986, D. 1986, S. 293) ange­knüpft.


gez. Gui­do Imfeld
Rechts­an­walt (Aachen (D) / Eupen (B))
Fach­an­walt für Han­dels- und Gesell­schafts­recht
Fach­an­walt für gewerb­li­chen Rechts­schutz
Wirt­schafts­me­dia­tor

Der Steu­er­be­ra­ter bei Insol­venz sei­ner Man­dant­schaft: Die­se The­ma­tik ist Gegen­stand fol­gen­der zwei Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ge­richts­ho­fes.

1. Dritt­schutz für Gesell­schaf­ter und Geschäfts­füh­rer aus Steu­er­be­ra­ter­ver­trag mit einer GmbH

Gem. Urteil des BGH vom 14.06.2012 kön­nen der Gesell­schaf­ter und der Geschäfts­füh­rer in den Schutz­be­reich eines zwi­schen einer GmbH und einem Steu­er­be­ra­ter geschlos­se­nen Ver­tra­ges ein­be­zo­gen sein, wel­cher die Prü­fung einer mög­li­chen Insol­venz­rei­fe der GmbH zum Gegen­stand hat.

Die Über­prü­fung der Insol­venz­rei­fe des Unter­neh­mens bedarf eines geson­der­ten Auf­tra­ges und ist nicht Bestand­teil des Steu­er­be­ra­tungs­ver­tra­ges. An die­ser Stel­le auf­ge­passt: Die­ser Prüf­ver­trag kann auch still­schwei­gend zustan­de kom­men. Es reicht aus, wenn der Man­dant die Fra­ge stellt, ob er einen Insol­venz­an­trag stel­len muss und sich der Steu­er­be­ra­ter hier­zu äußert. Auf die­sen Ver­trag fin­det Werk­ver­trags­recht Anwen­dung. Damit schul­det der Steu­er­be­ra­ter den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Erfolg, näm­lich eine rich­ti­ge Aus­kunft über die Ver­pflich­tung zur Insol­venz­an­trag­stel­lung.

2. Insol­venz­an­fech­tung von Hono­rar­zah­lun­gen an Steu­er­be­ra­ter

Die­se The­ma­tik war Gegen­stand eines Urtei­les des BGH vom 15.11.2012. Einer der Schwer­punk­te lag in der Bewer­tung, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein Steu­er­be­ra­ter als nahe­ste­hen­de Per­son im Sin­ne von § 138 II Nr. 2 InsO zu bewer­ten ist – mit der ent­spre­chen­den Rechts­fol­ge der Anwen­dung von Ver­mu­tungs­re­ge­lun­gen über die Kennt­nis der Zah­lungs­un­fä­hig­keit auf Steu­er­be­ra­ter­sei­te.

Hier­zu führt der BGH aus, dass das Buch­hal­tungs­man­dat eines Steu­er­be­ra­ters mit einem Unter­neh­men nur dann die Hür­de zur Qua­li­fi­zie­rung des Steu­er­be­ra­ters als nahe­ste­hen­de Per­son „über­steigt“, wenn der Steu­er­be­ra­ter hier­aus einen typi­schen Wis­sens­vor­sprung über die wirt­schaft­li­che Lage erhält, den sonst nur damit befass­te lei­ten­de Ange­stell­te des Unter­neh­mens haben.

Wenn die­se Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind, kann sich ein Steu­er­be­ra­ter gegen die damit ver­bun­de­ne Ver­mu­tung dadurch zur Wehr set­zen, dass er dar­legt und beweist, der Infor­ma­ti­ons­fluss sei tat­säch­lich ver­siegt oder auf län­ge­re Zeit unter­bro­chen wor­den.

Im Ergeb­nis fest­zu­hal­ten bleibt, dass das Ver­hält­nis von Steu­er­be­ra­ter zur insol­ven­ten Man­dant­schaft auch wei­ter­hin ein regel­mä­ßi­ges The­ma der BGH Recht­spre­chung im Insol­venz­recht ist. Für Steu­er­be­ra­ter ist auf der Grund­la­ge des erst­ge­nann­ten Urteils bei jeder Fra­ge über die Ver­pflich­tung zur Insol­venz­an­trag­stel­lung durch den Man­dan­ten Vor­sicht gebo­ten.

Cars­ten Lan­ge
Media­tor

Der Steu­er­be­ra­ter bei Insol­venz sei­ner Man­dant­schaft: Die­se The­ma­tik ist Gegen­stand fol­gen­der zwei Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ge­richts­ho­fes.

1. Dritt­schutz für Gesell­schaf­ter und Geschäfts­füh­rer aus Steu­er­be­ra­ter­ver­trag mit einer GmbH

Gem. Urteil des BGH vom 14.06.2012 kön­nen der Gesell­schaf­ter und der Geschäfts­füh­rer in den Schutz­be­reich eines zwi­schen einer GmbH und einem Steu­er­be­ra­ter geschlos­se­nen Ver­tra­ges ein­be­zo­gen sein, wel­cher die Prü­fung einer mög­li­chen Insol­venz­rei­fe der GmbH zum Gegen­stand hat.

Die Über­prü­fung der Insol­venz­rei­fe des Unter­neh­mens bedarf eines geson­der­ten Auf­tra­ges und ist nicht Bestand­teil des Steu­er­be­ra­tungs­ver­tra­ges. An die­ser Stel­le auf­ge­passt: Die­ser Prüf­ver­trag kann auch still­schwei­gend zustan­de kom­men. Es reicht aus, wenn der Man­dant die Fra­ge stellt, ob er einen Insol­venz­an­trag stel­len muss und sich der Steu­er­be­ra­ter hier­zu äußert. Auf die­sen Ver­trag fin­det Werk­ver­trags­recht Anwen­dung. Damit schul­det der Steu­er­be­ra­ter den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Erfolg, näm­lich eine rich­ti­ge Aus­kunft über die Ver­pflich­tung zur Insol­venz­an­trag­stel­lung.

2. Insol­venz­an­fech­tung von Hono­rar­zah­lun­gen an Steu­er­be­ra­ter

Die­se The­ma­tik war Gegen­stand eines Urtei­les des BGH vom 15.11.2012. Einer der Schwer­punk­te lag in der Bewer­tung, unter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein Steu­er­be­ra­ter als nahe­ste­hen­de Per­son im Sin­ne von § 138 II Nr. 2 InsO zu bewer­ten ist – mit der ent­spre­chen­den Rechts­fol­ge der Anwen­dung von Ver­mu­tungs­re­ge­lun­gen über die Kennt­nis der Zah­lungs­un­fä­hig­keit auf Steu­er­be­ra­ter­sei­te.

Hier­zu führt der BGH aus, dass das Buch­hal­tungs­man­dat eines Steu­er­be­ra­ters mit einem Unter­neh­men nur dann die Hür­de zur Qua­li­fi­zie­rung des Steu­er­be­ra­ters als nahe­ste­hen­de Per­son „über­steigt“, wenn der Steu­er­be­ra­ter hier­aus einen typi­schen Wis­sens­vor­sprung über die wirt­schaft­li­che Lage erhält, den sonst nur damit befass­te lei­ten­de Ange­stell­te des Unter­neh­mens haben.

Wenn die­se Vor­aus­set­zun­gen erfüllt sind, kann sich ein Steu­er­be­ra­ter gegen die damit ver­bun­de­ne Ver­mu­tung dadurch zur Wehr set­zen, dass er dar­legt und beweist, der Infor­ma­ti­ons­fluss sei tat­säch­lich ver­siegt oder auf län­ge­re Zeit unter­bro­chen wor­den.

Im Ergeb­nis fest­zu­hal­ten bleibt, dass das Ver­hält­nis von Steu­er­be­ra­ter zur insol­ven­ten Man­dant­schaft auch wei­ter­hin ein regel­mä­ßi­ges The­ma der BGH Recht­spre­chung im Insol­venz­recht ist. Für Steu­er­be­ra­ter ist auf der Grund­la­ge des erst­ge­nann­ten Urteils bei jeder Fra­ge über die Ver­pflich­tung zur Insol­venz­an­trag­stel­lung durch den Man­dan­ten Vor­sicht gebo­ten.

Cars­ten Lan­ge
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