Entscheidung des Landgerichts Köln vom 23. April 2020 zum Aktenzeichen 39 T 57/20

In einem Rechtsfall, den das Landgericht Köln am 23. April 2020 entschied, machte ein Steuerberater aus einem Vollstreckungstitel über Honorarforderungen aus Steuerberatertätigkeit in den Jahren 2014 und 2015 Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung in das Konto des Schuldners geltend. Dazu ließ er sich den Anspruch des Schuldners auf Auszahlung seines Kontoguthabens gegenüber seiner Bank pfänden und zur Einziehung überweisen. Das Konto wurde als Pfändungsschutzkonto geführt.

Der Schuldner hatte über das Programm zur Gewährung von Corona-Soforthilfen 9.000 € als einmalige Pauschale erhalten mit der Maßgabe, dass diese Soforthilfe in vollem Umfang und ausschließlich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe zu nutzen sei. Aufgrund der Einmalzahlung waren die gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen überschritten, sodass grundsätzlich die Möglichkeit des Zugriffs des Gläubigers auf den überschießenden Betrag bestand.

Der Schuldner beantragte jedoch bei dem Amtsgericht die Aufhebung der Pfändung auf seinem Konto und die Freigabe des Betrages i.H.v. 9.000 € für sich und für den laufenden Lebensunterhalt seiner Familie. Er argumentierte mit der Zweckbindung der Corona-Soforthilfe. Das Amtsgericht gab dem Antrag statt und gab den auf die Corona-Soforthilfe entfallenden Guthabenbetrag auf dem Konto in voller Höhe an den Schuldner frei.

Hiergegen erhob der Gläubiger sofortige Beschwerde und machte geltend, der Schuldner sei nicht schutzwürdig. Er fahre einen Pkw der gehobenen Mittelklasse und hätte seine Schulden, die in keinem Zusammenhang mit der Corona-Krise stehen, längst begleichen müssen.

Das Landgericht Köln wies die sofortige Beschwerde des Gläubigers zurück. Das Amtsgericht Köln habe den Betrag der Corona-Soforthilfe zurecht an den Schuldner freigegeben.

Da das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht einen Antrag auf Freigabe der Corona-Soforthilfe von einem sogenannten Pfändungsschutzkonto nicht kennt, musste das Landgericht den Antrag zunächst auslegen. Es verstand ihn als Vollstreckungsschutzantrag nach § 765a ZPO. Der Anspruch des Schuldners auf die Corona-Soforthilfe sei unpfändbar und schließe daher den Gläubigerzugriff aus, soweit dieser mit dem der Zahlung zugrunde liegenden Zweck unvereinbar wäre. So verhalte es sich hier. Die Zweckbindung ergebe sich aus dem Leistungszweck der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Begünstigten und der Überbrückung von Liquiditätsengpässen infolge der Corona-Pandemie. Zweck der Zuwendung jedenfalls sei nicht, zur Befriedigung von Altschulden zu dienen. Es dürfe daher keinen Unterschied machen, dass die Corona-Soforthilfe im vorliegenden Fall auf ein besonderes Pfändungsschutzkonto überwiesen worden sei.

Aus letzterem erschließt sich, dass die Entscheidung des Landgerichts Köln auch über die besondere Konstellation der Überweisung auf ein gesondertes Pfändungsschutzkonto hinausweist. Einkünfte aus der Corona-Soforthilfe dürften daher nach Maßgabe dieser Entscheidung auch dann nicht dem Vollstreckungszugriff der Gläubiger unterliegen, wenn aufgrund der Einmalzahlung Pfändungsfreibeträge überschritten werden.

Die Entscheidung ist zur Veröffentlichung unter www.nrwe.de vorgesehen. Sie ist noch nicht rechtskräftig.

Guido J. Imfeld

Rechtsanwalt (DE)
Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
Wirtschaftsmediator

Über den Autor

  • Guido Imfeld

    Guido Imfeld ist zugelassener Anwalt seit 1996 und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, für Handels- und Gesellschaftsrecht. Seit dem Jahre 2000 ist er auch in Belgien als Anwalt zugelassen. Zum Anwaltsprofil