Nachdem mit dem Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken ab dem 09.10.2013 die Grundlage für eine deutliche Begrenzung der exorbitant hohen Abmahnkosten eingeführt wurde, hat der Bundesgerichtshof in einer neuen Entscheidung nunmehr auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Haftung des Anschlussinhabers zu dessen Gunsten deutlich verschärft (BGH Urt. V. 8.1.2014, I ZR 169/12).

In dem zugrundeliegenden Fall war der Beklagte von Tonträgerherstellern abgemahnt worden. Ihm wurde vorgeworfen, über seinen Internetanschluss insgesamt 3749 Musikaufnahmen, an denen die Tonträgerhersteller die ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte hatten, in einer Internettauschbörse zum Herunterladen verfügbar gemacht zu haben. Der Beklagte, der ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine strafbewerte Unterlassungserklärung abgegeben hatte, weigerte sich, die Abmahnkosten zu bezahlen. Im Laufe des Verfahrens räumte der Stiefsohn des Beklagten ein, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare“ Musik auf seinen Computer heruntgeladen.

Der BGH entschied hierzu wie folgt:

  • 1. Der Inhaber eines Internetanschlusses haftet grundsätzlich nicht als Störer auf Unterlassung, wenn volljährige Familienmitglieder den ihnen zur Nutzung überlassenen Anschluss für Rechtsverletzungen missbrauchen. Erst wenn der Anschlussinhaber konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch hat, muss er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen ergreifen
  • 2. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, ist eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers nicht begründet, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung (auch) andere Personen diesen Anschluss benutzten konnten. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Internetanschluss zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde.
  • 3. Wird über einen Internetanschluss eine Rechtsverletzung begangen, trägt der Anschlussinhaber eine sekundäre Darlegungslast. Diese entspricht er dadurch, dass der vorträgt, ob andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Insoweit ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen verpflichtet.

Die Entscheidung dürfte weiteren „Abmahnwellen“ einen Riegel vorschieben. Der Aufwand der Kollegen, die sich auf das massenhafte Abmahnen von Urheberrechtsverletzungen spezialisiert haben, dürfte nämlich erheblich größer werden, wenn die behauptete Verletzung dem wirklichen Störer nachgewiesen werden muss und nicht – wie bisher – der Anschlussinhaber als sog. „Zustandsstörer“ in Anspruch genommen werden kann. Zudem lässt die Entscheidung reichlich Raum, die tatsächlichen Umstände, die zu der möglichen Rechtsverletzung geführt haben, mit dem Mandanten zu erörtern und so einen plausiblen Sachvortrag aufzubauen, mit dem der vom BGH vorgegebenen sekundären Beweislast entsprochen werden kann.


Dr. Eric Heitzer ist Partner bei DH&K-Rechtsanwälte in Aachen.

Er hat Unternehmen insbesondere aus der IT- Medien und TK-Branche bei der Schaffung effizienter Kontrollstrukturen begleitet und übernimmt teils auch spezifische Funktionen im Rahmen von Compliance, etwa die eines externen Compliance-Offices. Zwischen 1998 und 2010 war Dr. Heitzer in der Geschäftsleitung namhafter Kabel- und Telekommunikationsunternehmen tätig.

Über den Autor

  • Dr. Eric Heitzer

    Dr. Eric Heitzer ist zugelassener Rechtsanwalt seit 1997 (u.a. mit dem Fachgebiet IT und Datenschutz) und Bankkaufmann. Er hat für verschiedene Unternehmen die Aufgaben eines externen Datenschutzbeauftragten wie auch die des ausgelagerten Compliance-Offices übernommen.